Museum Casa di Goethe, Rom: Quellen der Inspiration. Deutsche Künstlerbibliotheken in Rom 1795–1915

Arnold Böcklin, Petrarca an der Quelle von Vaucluse, 1863/64, Öl auf Leinwand, © Leipzig, Museum der bildenden Künste

Seit 2012 beheimatet die Casa di Goethe sowohl das Archiv als auch die Bibliothek des von 1845 bis 1915 in Rom aktiven Deutschen Künstlervereins. Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten und in Kooperation mit dem Kunstgeschichtlichen Seminar der Georg-August-Universität Göttingen unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Michael Thimann durchgeführten Projekts „Künstlerwissen und Künstlerlektüre im Rom des 19. Jahrhunderts. Die Bibliothek des deutschen Künstlervereins und ihr wissensgeschichtlicher Kontext" konnte diese kulturhistorisch wertvolle Büchersammlung nun erschlossen werden.

Insbesondere für die Kunstforschung ist die Vereinsbibliothek von größter Bedeutung, spiegelt sie doch das Leseverhalten bildender Künstler im gesamten 19. Jahrhundert wider. Denn im Jahr 1900 nahm der Künstlerverein in seine Bestände auch die älteren, eigens für die in Rom tätigen deutschsprachigen Künstler eingerichteten – und bislang nur aus schriftlichen Quellen bekannten – Bibliotheken auf (für eine ausführliche Darstellung der Geschichte der deutschen Künstlerbibliotheken in Rom siehe KULTUR lebendig 1/2018).

Ebenso einzigartig wie die Büchersammlung selbst sind die erhaltenen Bibliotheksdokumente: Neben Bestandskatalogen sind auch Zugangs- sowie Ausleihverzeichnisse überliefert, sodass im Zuge der Erfassung im Online-Katalog nicht nur die Bibliotheken mit ihrem jeweiligen Bestand, sondern auch die Provenienz und Nutzung der einzelnen Bibliotheksexemplare annähernd vollständig rekonstruiert werden konnten. Ihre nachweislich hohe Frequenz belegt die Signifikanz dieser Bibliotheken als Orte der Inspiration sowie des Wissenstransfers für die deutschsprachige Künstlerschaft im Rom des 19. Jahrhunderts.

Friedrich Overbeck, Selbstbildnis mit Bibel, 1808/1809, Öl auf Leinwand, © Lübeck, Museum Behnhaus Drägerhaus

Ziel der Ausstellung ist es daher nicht allein, die inzwischen wiedergewonnenen Bibliotheken mit ihren Protagonisten näherzubringen. Vielmehr wird anhand ausgewählter Kunstwerke beispielhaft der reflektierte Umgang von Künstlern mit der in den Bibliotheken vorgehaltenen Literatur visualisiert werden. Der Geschichte der Bibliotheken entsprechend wird dabei ein Bogen gespannt werden von dem Künstlerkreis um Carl Ludwig Fernow, über die Künstlergemeinschaften von Sant'Isidoro, auf dem Kapitol und der Villa Malta bis hin zu Anselm Feuerbach und Arnold Böcklin als bedeutende Mitglieder des Künstlervereins.

Anselm Feuerbach, Laura im Park von Vaucluse, 1864, Öl auf Leinwand, © Historisches Museum der Pfalz Speyer

Dabei werden einerseits ausgewählte Akteure im Porträt wie auch andererseits in Rom entstandene Bilder der beteiligten Künstler gezeigt werden, auf denen das Lesen selbst eine tragende Rolle spielt. Dies kann sowohl auf ikonographischer Ebene der Fall sein, indem sich der Bildgegenstand mit einer Lektüreerfahrung verbinden lässt, als auch indem das Lesen selbst dargestellt wird. Mit dem Fokus auf der Künstlerlektüre und der erstmaligen öffentlichen Präsentation eines umfassenden Quellenfundus betritt die Ausstellung wissenschaftliches Neuland – nicht nur in Hinsicht auf die Künstlergeschichte der Deutschrömer, sondern auch in Bezug auf die Kunst des 19. Jahrhunderts allgemein: Erstmalig werden einige ihrer Schlüsselwerke in ihrem intellektuellen Entstehungskontext zu sehen sein.

Dr. Ulf Dingerdissen
Kurator der Ausstellung
Museum Casa di Goethe, Rom


Museum Casa di Goethe, Rom

Quellen der Inspiration.
Deutsche Künstlerbibliotheken in Rom 1795–1915
27. Februar – 20. September 2020
Derzeit geschlossen.
Katalog, hg. von Ulf Dingerdissen, Maria Gazzetti und Michael Thimann,
mit zwei Essays von Ulf Dingerdissen und Michael Thimann
227 Seiten , 82 farbigen Abb., 18 €
ISBN: 978-3-930370-53-5

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Plakat Ausstellung ‘Quellen der Inspiration‘, 2020 im Museum Casa di Goethe, Rom



AsKI KULTUR lebendig 1/2020
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