Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf: This is me. Queer und religiös? Eröffnung der Fotoausstellung

Rachel, Berlin, Stadtführerin und Tänzerin, © Ceren Saner

Wer bin ich? Wen und wie liebe ich? Was bedeutet mir Religion? Wie kann ich die Gesellschaft zu einem besseren Ort machen? Das sind Fragen, die in der Fotoausstellung „This is me – queer und religiös?" aufgeworfen werden. Mit einem bunten Sommerfest wurde sie am 15. August im Innenhof des Jüdischen Museums Rendsburg eröffnet.

Das Kuratorenteam Jonas Kuhn und Mirjam Gläser beantworten zu diesem Anlass folgende Fragen:

| Wieso eine Ausstellung zu Queerness und Religiosität?

Wenn Menschen sich als queer und religiös bezeichnen, so ist dies oft das Ergebnis einer jahrelang geführten Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich. Einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf deutlich wird, dass Queerness und Religiosität zwei ganz selbstverständliche Teile der eigenen Identität sind und zusammengehören. In der Gesellschaft herrscht jedoch oft die Vorstellung, dass queere Menschen nicht religiös bzw. religiöse Menschen nicht queer sein können. Das führt dazu, dass es für queer-religiöse Menschen nur wenige Räume gibt, in denen sie beide Teile ihrer Identität leben können.

Die hier vorgestellten Porträts von Menschen zeigen, wie Queerness und Religiosität zusammengehen, sich gegenseitig beeinflussen, verstärken oder in Frage stellen. Queer-religiöse Menschen machen sehr unterschiedliche Erfahrungen – gemeinsam ist ihnen allerdings das Unverständnis, das ihnen von anderen entgegenschlägt. Daher zielt die Ausstellung letztlich auch darauf, sich solidarisch zu zeigen und gegen Vorurteile und Anfeindungen zu positionieren.

| Warum eine Fotoausstellung?

In einem Museum Menschen auszustellen, ist immer schwierig. Gerade, wenn es um Angehörige von Minderheiten geht, die es gewohnt sind, von der Mehrheitsgesellschaft in bestimmte Kategorien eingeordnet zu werden. Wir haben uns daher für eine Fotoausstellung entschieden, um eine möglichst unverstellte Begegnung mit Menschen zu ermöglichen. Die Fotografin Ceren Saner war dafür die perfekte Wahl, da sie nicht nur Künstlerin ist, sondern auch selbst Bezüge in queere communities in Istanbul und Berlin hat. In unserem begleitenden Ausstellungsmagazin finden Sie Interviews mit den Porträtierten und weiterführende Texte zum Thema Queerness und Religion.

| Wieso findet die Ausstellung im Jüdischen Museum in Rendsburg statt?

Ein Ziel unserer Arbeit im Jüdischen Museum ist es, marginalisierten Gruppen einen Raum zu bieten, um ihren Vorstellungen entsprechend sichtbar zu sein. Wir greifen gesellschaftlich relevante Themen auf, über die wir selbst mehr wissen und erfahren möchten, Themen, die sonst vielleicht nicht sofort ins Auge fallen. Für uns als Museum ist dabei eine selbstkritische und partizipative Herangehensweise besonders wichtig.

| Womit wollen wir brechen? Was wollen wir in Frage stellen?

Die Begegnungen mit den hier vorgestellten Menschen und ihren Geschichten liefern viele neue Erkenntnisse und werfen Fragen auf über die Art, wie wir die Welt sehen. Uns ist es wichtig, drei Aspekte hervorzuheben:

Wir möchten zeigen, dass es nicht die eine Form von Religiosität im Judentum, Islam und Christentum gibt. Im Gegenteil: Es existieren viele verschiedene Arten, religiös zu sein – von tiefgläubig bis fast säkular. Das Leben und Erleben der eigenen Religion ist immer etwas sehr Individuelles.

Gleichzeitig möchten wir dafür sensibilisieren, dass es in unserer Gesellschaft eine weiße, christlich geprägte Norm gibt, die meist nicht hinterfragt wird. Wir laden dazu ein, rassismuskritisch und zugleich religionssensibel den eigenen Blick auf die „Religion der Anderen" zu hinterfragen.

Es ist keine freie Entscheidung, schwul, lesbisch, trans*, inter* oder queer zu sein. Es ist auch keine temporäre Phase oder modischer Trend. Viele queere Menschen müssen Nachteile hinnehmen, um so leben zu können, wie sie sind. Viele von ihnen sind nicht nur von Queerfeindlichkeit betroffen, sondern müssen auch gegen Antisemitismus und Rassismus kämpfen. Dass sie trotz aller Widerstände bereit sind, ihre Geschichten mit uns zu teilen, ist sehr bemerkenswert und kann für uns alle inspirierend sein.

 Jonas Kuhn, Mirjam Gläser | Jüdisches Museum,
Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Schleswig-
Holsteinischen Landesmuseen Schloss Gottorf


 

Jüdisches Museum in Rendsburg
This is me. Queer und religiös?
Die Fotoausstellung
17. August 2021 bis 17. April 2022

www.jmrd.de

Zur Ausstellung erscheint eine begleitende Publikation.

 

AsKI kultur leben 2/2021

.

xxnoxx_zaehler