Rembrandt Rembrandt - Ausstellung im Städel

Rembrandt, Portrait einer Frau mit Fächer 1633, Leinwand, New York, The Metropolitan Museum of Art, © Foto: The Metropolitan Museum of Art, New York

Erstmalig ist das facettenreiche Œuvre Rembrandts von den frühen, ambitionierten Gemälden bis zu den grandiosen Spätwerken in Frankfurt zu sehen.

Etwa 50 Exponate aus den bedeutendsten Museen und Privatsammlungen weltweit illustrieren Rembrandts künstlerisches Schaffen von der Frühzeit bis zu den späten Meisterwerken. Die Ausstellung "Rembrandt Rembrandt", die zuvor im Kyoto National Museum gezeigt wurde und deren einzige europäische Station das Frankfurter Städel ist (bis 11. Mai 2003), folgt der Chronologie der Werke, setzt aber auch thematische Schwerpunkte.

Den Auftakt bildet eine frühe Historie von 1626, "Die Taufe des Kämmerers" (Utrecht, Catharijneconvent). Die leuchtende Farbigkeit verrät das Vorbild des angesehenen Amsterdamer Historienmalers Pieter Lastman, bei dem Rembrandt seine Lehrzeit beschloss. In dem der Bibel entnommenen Thema, das in einer anspruchsvollen, dichten Komposition umgesetzt wurde, in der Betonung der Affekte, aber auch in der Malweise mit den geritzten Linien zur Suggestion eines steinigen Weges beinhaltet dieses Frühwerk bereits wichtige Momente, die Rembrandt zeitlebens beschäftigen werden. Rembrandt, Selbstportrait 1669, Leinwand Den Haag, Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis, © Foto: Koninklijk Kabinet van Schilderijen Den HaagSowohl sein um 1629 entstandenes "Selbstportrait mit Halsberge" (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum) wie auch die Tronies genannten, kleinformatigen Kopfstudien aus den späten 1620er Jahren dokumentieren das Spiel mit unterschiedlichen Rollen und die Vorliebe für exotische Accessoires, die häufig auch in den Portraits Verwendung finden. Um 1630 war Rembrandt bereits ein etablierter Historienmaler in Leiden, der seine Themen vor allem im Alten Testament fand. Sein besonderes Interesse dürfte dabei den zerrissenen Helden gegolten haben, die häufig mit heftigen Affekten reagierten. In dem Gemälde "David spielt die Harfe vor Saul" (Frankfurt, Städel), das für die Ausstellung restauriert wurde, steht folglich die Konfrontation des vor Eifersucht fast berstenden Saul mit seinem jungen Rivalen und Nachfolger David im Mittelpunkt. Mit feinstem Pinsel gab Rembrandt die Details von Sauls orientalischem Gewand wieder. Die Übersiedlung Rembrandts nach Amsterdam 1631 war vermutlich von dem Wunsch bestimmt, in der aufstrebenden Handelsmetropole ein wohlhabendes wie weltoffenes Publikum zu finden. In der Ausstellung dokumentiert eine Folge von Portraits seinen künstlerischen Erfolg, der zugleich Grundlage für den eigenen Wohlstand war. Die Amsterdamer Bürger bevorzugten zumeist das bescheidene Format des Brustbildes, das den Vorteil hatte, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Gesichtszüge zu lenken. Rembrandts präzise Beobachtungsgabe äußert sich in den lebendigen, individuellen Zügen der Dargestellten. Turbane, schwere Goldketten oder Pelze verleihen manchem dieser holländischen Bürger ein fremdländisches Erscheinungsbild.

Ab der Mitte der 1630er Jahre misst sich der inzwischen anerkannte Künstler verstärkt mit prominenten internationalen Vorbildern. Die von Rembrandt verwendeten Formate werden größer, die Darstellungen anspruchsvoller. Die Amsterdamer Patrizier treten nun im Kniestück auf, ein traditionell den Aristokraten zugewiesenes Bildnisformat. So steht das prachtvolle Portrait der "Dame mit dem Fächer" (New York, Metropolitan Museum of Art) von 1633 dem Vorbild von Anthonis van Dyck nahe, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts beeindruckende Formulierungen für diesen Bildnistyp fand. Die 1636 entstandene "Blendung Simsons" (Frankfurt, Städel), die den ersten Teil der Ausstellung beschließt, dokumentiert Rembrandts Orientierung an Peter Paul Rubens, dem größten und europaweit bedeutendsten Historienmaler seiner Zeit. Voller Drastik und dynamischer Bewegung wird die grausame Überwältigung des alttestamentarischen Helden gezeigt, der sich von der schönen Dalilah verführen ließ. Der Rundgang wird fortgesetzt mit dem ganzfigurigen Bildnis des Amsterdamer Kaufmanns "Andries de Graeff" von 1639 (Kassel, Gemäldegalerie, s. Titelbild dieser "Kulturberichte"). Wie ein Fürst präsentiert er sich dem Betrachter, den er, lässig auf ein Postament gestützt, etwas von oben herab anblickt. Dass Rembrandt verschiedene Register ziehen konnte, belegt das bescheidene Format des drei Jahre zuvor entstandenen Historiengemäldes "Susanna mit den beiden Alten" (Den Haag, Mauritshuis). Es unterstreicht den intimen Charakter der Badeszene und verstärkt zugleich die vulgäre Zudringlichkeit der beiden lüsternen Männer.

Als prominenter Amsterdamer Maler verfügte Rembrandt nun über eine große Werkstatt mit zahlreichen Schülern. Viele der ihm lange Zeit zugeschriebenen Gemälde, die in ihrer Qualität oft sehr unterschiedlich sind, sind offensichtlich Werke von den Schülern. Bei anderen Gemälden fällt das Urteil schwerer: Ist die prachtvolle "Heilige Familie mit dem Vorhang" (Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister) tatsächlich - wie einige Forscher neuerdings vermuten - ein Werk Samuel van Hoogstratens? Dieser trat später mit intimen Genreszenen und trickreichen Trompe-l'Œils hervor und verfasste mit der "Inleyding tot de Hooge Schoole der Schilderkonst" (Rotterdam 1678) eine der wichtigsten kunsttheoretischen Schriften zur holländischen Malerei. Nach einer Schaffenskrise in den 1640er Jahren, die vermutlich auch durch den Tod seiner Frau Saskia ausgelöst wurde, fand Rembrandt in den 1650er Jahren zur ursprünglichen Produktivität zurück. Er erhielt weiterhin prominente Aufträge wie die nur als Fragment überlieferte "Anatomie des Dr. Deijman" von 1656 (Amsterdams Historisch Museum), ursprünglich ein monumentales Gruppenbildnis der Amsterdamer Chirurgen. Doch Rembrandt fand zunehmend zu einer verinnerlichten Malerei, in der die Umsetzung bewegender Gefühle und seine sensible Beobachtungsgabe im Vordergrund standen. Der "Jakobssegen" (Kassel, Gemäldegalerie) aus dem gleichen Jahr, ein Höhepunkt der Ausstellung, zeigt den ergreifenden und zugleich tragischen Moment, in dem Jakob das Erstgeborenenrecht umgeht und den von Gott erwählten jüngeren Bruder Ephraim statt Menasse segnet und damit zu seinem rechtmäßigen Nachfolger macht. Rembrandt, Titus am Schreibpult, 1655, Leinwand, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, © Foto: Museum Boijmans Van Beuningen, RotterdamDie beeindruckende, um 1665 entstandene "Juno" (Los Angeles, The Armand Hammer Collection) bezeugt Rembrandts anhaltendes Interesse an der Antike. Voller Selbstbewusstsein präsentiert sich die Göttin dem Betrachter. Ihr mit virtuoser Pinselführung gestalteter Schmuck wird durch die plastisch aufgetragene Farbschicht in seiner Opulenz gesteigert. In seinen letzten Lebensjahren, die von dem Verlust seiner Lebensgefährtin Hendrickje Stoffels und seines Sohnes Titus überschattet waren, gelangen Rembrandt noch einige eindrucksvolle Portraits. Die vom Alter gezeichneten Züge der "Margaretha de Geer" aus dem Jahr 1661 (London, National Gallery) sind ein ebenso beeindruckendes Zeugnis für die Vergänglichkeit des Lebens wie die Bildnisse seines Sohnes, die Titus in den letzten, schon von Krankheit geprägten Lebensjahren zeigen (Paris, Louvre; London, Dulwich Picture Gallery; Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen). Die Ausstellung beschließt eines der letzten Selbstportraits von Rembrandt (Den Haag, Mauritshuis), das in seinem Todesjahr entstand. Schonungslos präsentiert uns Rembrandt sein vom Alter gezeichnetes Antlitz, in dem sein wechselvolles Leben zwischen künstlerischen Höhepunkten und persönlichen Tiefschlägen tiefe Spuren hinterlassen hat.

Dr. Mirjam Neumeister
wiss. Mitarbeiterin des Städel

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher, farbig illustrierter Katalog (Edition Minerva, ca. 240 Seiten, 28,- €). Jeroen Giltaij, der das Gesamtkonzept der Ausstellung erarbeitete, stellt darin die auf neuesten Archivstudien basierende und von Legenden bereinigte Biographie Rembrandts vor, die zugleich einen Leitfaden durch sein vielseitiges künstlerisches Schaffen bildet. Die Ausstellung "Rembrandt Rembrandt" im Städel (bis 11. Mai 2003, Eingang: Ausstellungshaus Holbeinstr. 1) wird gezeigt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Börse, der Deutschen Postbank, Siebold Foundation und der Stadt Frankfurt am Main. Ebenfalls dort zu sehen ist eine Ausstellung in der Graphischen Sammlung: "Rembrandt. Die Radierungen im Städel" (bis 25. Mai 2003).

 

AsKI KULTURBERICHTE 1/2003

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