Reiche Schätze angelandet - Das Brüder-Busch-Archiv im Max-Reger-Institut/Elsa Reger-Stiftung, Karlsruhe

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Die Bestände des Max-Reger-Instituts sind reichhaltig allemal - seit 1999 befindet sich hier auch das Brüder-Busch-Archiv.

Zunächst als Dauerleihgabe der Brüder-Busch-Gesellschaft e.V. Hilchenbach (Geschäftsführung Wolfgang Burbach) im Max-Reger-Institut zugänglich, wurden in Folge der am 18. Oktober 2003 vollzogenen Auflösung derselben die Bestände satzungsgemäß dem Max-Reger-Institut zugestiftet.

 

Regerfest Bad Pyrmont 1911, In der Mitte stehend Max Reger, rechts daneben Elsa Reger, vor ihnen sitzend Fritz und Grete Busch, © Foto: E. Hermanns Kunstanstalt Es handelt sich dabei um eine umfangreiche Sammlung, die Leben und Wirken des Dirigenten Fritz Busch (1890-1951), des Geigers und Komponisten Adolf Busch (1891-1952), des Schauspielers Willi Busch (1893-1951), des Cellisten Hermann Busch (1897 -1975) und des Pianisten und Komponisten Heinrich Busch (1900-1929) dokumentiert und die sowohl die Reger-Pflege nach 1916 als auch wichtige Aspekte der kulturhistorischen Entwicklung insbesondere der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.

Die enge persönliche wie künstlerische Beziehung zwischen Max Reger und insbesondere den 1933 emigrierten Brüdern Fritz und Adolf Busch - mit weit über Regers Tod im Jahre 1916 hinaus bis heute reichenden Folgen für Rezeption und Interpretation seiner Werke - ließ für die wissenschaftliche Auswertung der gesammelten Materialien eine Verbindung mit dem Max Reger Institut geeignet erscheinen.Als Folge ihrer Emigration und ihres frühen Todes gerieten insbesondere Fritz und Adolf Busch lange Zeit weitgehend in Vergessenheit.


Heinrich Busch, Die Nachtigallen (Totenopfer, Joseph von Eichendorff) Liedmanuskript, 21.9.1921, © Foto: Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe Als 1964 die Brüder-Busch-Gesellschaft gegründet wurde, gehörte es zu ihren Aufgaben, das Werk der Musiker nicht nur durch Präsenz im Rundfunk und auf Tonträgern in Erinnerung zu rufen, sondern auch ihr Schicksal zu dokumentieren, nicht zuletzt durch den Aufbau eines Archivs.Fritz, Adolf und Hermann Busch, aus einfachen Verhältnissen stammend - der Vater hatte sich vom Schreiner zum Geigenbauer emporgearbeitet, die Mutter führte ein Geschäft mit Stickereiwaren -, kehrten angesichts von Rassenwahn und der "Aktion christlicher Landsleute gegen deutsche Juden" (Adolf Busch) schon frühzeitig Deutschland den Rücken.

 

Brief Thomas Manns an Fritz Buschs Frau Grete, 14.12.1928: ... Ihre Novelle hat mir starken Eindruck gemacht, schon durch den Einblick in ein Frauenherz, den sie gewährt, und den ich konstitutionell brauchen kann, da er im Grunde eine weitgehende Unkenntnis des anderen Geschlechtes ist, die mich als deutschen Dichter legitimiert. ... © Foto: Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe Erst 1951, nach Stationen in Argentinien, England (legendär seine Mozart-Aufführungen aus Glyndebourne) und den USA, konzertierte Fritz Busch wieder in Deutschland.Am 8. September 1951 endete mit Don Giovanni die Laufbahn des großen Mozart-Dirigenten - sechs Tage später starb Fritz Busch in London. Von den musikalischen Interessen her war er ganz Kind seiner Zeit: Sein Einsatz für Komponisten wie Paul Hindemith, Richard Strauss, Hans Pfitzner und Kurt Weill hat ihn zu einer festen Größe der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts werden lassen.Weitaus schwieriger war es für Adolf Busch, der als Interpret mehr noch den Möglichkeiten der Klangkonservierung verbunden war.
Der fonografische Nachlass des lange Zeit als legitimer Erbe Joseph Joachims gehandelten Eldering-Schülers ist überschaubar; erst in jüngster Gegenwart wird auch dem Komponisten Adolf Busch wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Eine glanzvolle geigerische Karriere begann mit der Konzertmeister-Stelle im Wiener Konzertvereins-Orchester (den heutigen Wiener Symphonikern) im Alter von 21 Jahren und führte über eine Professur an der Berliner Musikhochschule, die ihm im Alter von 27 Jahren übertragen wurde, und eine umfangreiche Konzerttätigkeit - allein im Jahr 1927 spielt er Beethovens Violinkonzert mehr als hundertmal, seit 1913 ist er fast ohne Unterbrechung Streichquartett-Primarius - und enges Zusammenarbeiten mit den renommiertesten Musikern der Zeit (Rudolf Serkin wird sein Schwiegersohn, zusammen mit Arturo Toscanini gründet er die Musikfestwochen in Luzern) bis hin zur Gründung der für lange Jahrzehnte hin zentralen Studienstätte der USA, der School of Music in Marlboro.

Vor der Staatsoper Dresden, Vorbereitungen zur Uraufführung von Kurt Weills Der Protagonist am 27.3.1926 Von links: Kurt Weill, Fritz Busch, Generalintendant Dr. Alfred Reucker, der Regisseur Josef Gielen, © Foto: Bruno von Niessen Ein weiteres Gründungsmitglied der Marlboro School of Music war Hermann Busch, der nach Solocellisten-Tätigkeit in Bochum und Wien 1927 Dozent an der Essener Folkwang-Schule wurde; 1930 trat er dem Busch-Quartett bei und bildete zusammen mit seinem Bruder Adolf und Rudolf Serkin das Busch/Serkin-Trio; 1954 wurde er Professor an der Universität Miami. Heinrich Busch war der einzige der Brüder, der am Leipziger Konservatorium unter anderem bei Reger studierte. Etwas aus der Art schlug Willi Busch, der Schauspieler wurde und von 1919 bis 1947 am Stadttheater Bochum als Interpret der großen klassischen Rollen und als Direktor der Westfälischen Schauspielschule tätig war. Wichtige Akzessionen des Brüder-Busch-Archivs waren 1970 der Erwerb des Nachlasses von Erich Engel, einem engen Mitarbeiter Fritz Buschs, und des Schriftwechsels zwischen Fritz Busch in seiner Eigenschaft als Präsident der damaligen Max Reger-Gesellschaft und dem Stuttgarter Verleger und langjährigen Schriftführer der Gesellschaft Adolf Spemann, 1973 die Übernahme weiter Teile der Nachlässe von Otto Grüters und Fritz Busch sowie im Folgejahr von Carl A. Liholm. 1979 kamen u. a. Schallplatten aus dem Nachlass Adolf Buschs hinzu, 1982 Aufnahmen Fritz Buschs vom Österreichischen Rundfunk (darunter ein bislang gänzlich unbekannter erster Akt von "Le nozze di Figaro" aus dem Theater an der Wien vom Oktober 1950).

 

Fritz Busch mit Hans Pfitzner, Januar 1922 Aus einem zeitgenössischen Fotoalbum, © Foto: Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe Nachdem die Brüder-Busch-Gesellschaft 1973 die Uraufführungspartitur von Paul Hindemiths Oper "Cardillac" hatte erwerben können, wurden 1987 wertvolle Teile des weiteren Notennachlasses von Fritz Busch erstanden (darunter eine "Idomeneo"-Abschrift vom Anfang des 19. Jahrhunderts, die Busch geschenkt worden war). Bis 2003 setzte sich diese Sammeltätigkeit fort, 1996 z. B. übergab Adolf Buschs Witwe Hedwig dem Archiv eine große Anzahl von Briefen und anderen Unterlagen. Im Jahr 2003 schenkte Hedwig Busch nunmehr dem Max-Reger-Institut ein großformatiges Ölgemälde Adolf Buschs von Alfred Heinrich Pellegrini.

Insgesamt umfasst das Brüder-Busch-Archiv unter anderem rund 20.000 Briefe und andere Poststücke (Originale, Durchschläge, Fotokopien oder Abschriften), darunter Originale von Thomas Mann, Hans Pfitzner und Richard Strauss, ca. 12.000 Originalprogramme und -kritiken, ca. 7.000 Zeitungsartikel und -hefte, ca. 5.000 Fotografien, eine Fachbibliothek, umfangreiche Notenbestände (darunter ein großer Teil der Kompositionen Adolf Buschs) und 1.200 Tonträger, wobei die umfassende Tonbändersammlung, die durch ihre internationale Zusammensetzung in dem "Nischenbereich" der Brüder Busch nationale Rundfunkarchive hinter sich lassen kann, bereits vielfach für kommerzielle Schallplatten- und CD-Produktionen herangezogen wurde. Gerade die vergangenen Jahre haben bewiesen, dass die Zeit der Brüder Busch längst noch nicht vorbei ist - im Gegenteil bietet das Zeitalter der Digitaltechnik neue Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit historischen Klangdokumenten. Zahlreiche Forscher konsultieren das Archiv für wissenschaftliche Publikationen oder Rundfunksendungen.


Max Slevogt, Illustration nach der Dresdner, Don Giovanni-Inszenierung 1926 4. Szene, II. Akt, © Foto: Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe Zu dem Archiv gehören auch die meisten Exponate der Busch-Gedenkstätte im Siegerlandmuseum (Ausstellungsforum Siegen, Oranienstraße 9, 57072 Siegen). Diese vor einigen Jahren konzipierte Dauerausstellung bietet reiche Dokumente zum Leben und Wirken der aus Siegen stammenden Familie und damit eine gute Möglichkeit zum Eintauchen in lokale und gleichzeitig internationale Geschichte.

 

Jürgen Schaarwächter

Dr. Jürgen Schaarwächter ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Max-Reger-Instituts/ Elsa-Reger-Stiftung

 

Das Brüder-Busch-Archiv im Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung Karlsruhe ist für wissenschaftliche Forschungszwecke nach Voranmeldung einzusehen.
Tel.: 0721/854501; Fax: 0721/854502
E-Mail: mri@uni-karlsruhe.de
Internet: www.max-reger-institut.de

 

 

AsKI KULTURBERICHTE 1/2004

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