Museum für Kommunikation Frankfurt: Das Museumsdepot der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Heusenstamm

Telefonapparate im Depot Heusenstamm des Museums für Kommunikation Frankfurt, © Bert Bostelmann MSPT / Museum für Kommunikation Frankfurt

Als das Museum für Kommunikation Frankfurt im Jahre 1999 sein jetziges zentrales Depot in Heusenstamm (Kreis Offenbach) bezog, geht für viele Mitarbeiter ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung. Zuvor war die Sammlung auf sieben Standorte in Frankfurt und im Umland verteilt, nun bietet die insgesamt 15.000 m2 große Liegenschaft die großzügigsten Räumlichkeiten: Im Erdgeschoss – mit großen Toren und einer Hebebühne leicht zugänglich – stehen gut 3.500 m2 für die größten Objekte zur Verfügung. 3.000 m2 werden vom Archiv, dem Restaurierungsatelier, Werkstätten, Funktionsräumen und Büros für die zwölf Sammlungsmitarbeiter eingenommen.

 Im Untergeschoss befinden sich die Depots für die übrigen Objekte. Ein vollklimatisiertes Magazin mit rund 1.200  m2 beherbergt die Gemälde, die Grafische Sammlung, die Filmsammlung, die Telegrafen und die älteren hölzernen Telefone. Allerdings verfügen die übrigen großen Depots oftmals über ein besseres Klima. Das Gebäude war in den 1960er-Jahren als Fernmeldezeugamt für die Bundespost errichtet worden und beim Umbau zum Depot entstanden mit offenporigem Mauerwerk abgeteilte, innenliegende Räume mit einem stabilen Raumklima. Aus heutiger Sicht würden wir daher auf eine Klimatisierung verzichten und auf eine noch bessere Dämmung setzen.

Das nach unseren Vorgaben umgebaute Gebäude gehört sicher zu den im Vergleich besseren Depotgebäuden, insbesondere wenn man den oft niedrigeren Standard technikhistorischer Museen im Vergleich zu anderen Museumsgattungen berücksichtigt. Dennoch weist das ursprünglich nicht als Museumsdepot gedachte Haus einige Schwachpunkte auf, die man bei einem Neubau vermieden hätte. Hierzu zählen etwa die nach Innen erfolgende Dachentwässerung, der Verlauf von Rohrleitungs- und Stromtrassen durch Magazinräume, die Oberlichter in den Fahrzeughallen sowie eine zu schwache Dämmung im Erdgeschoss.

Kleintransporter und LKW – Postfahrzeuge im Depot des Museums für Kommunikation Frankfurt, © Bert Bostelmann MSPT / Museum für Kommunikation Frankfurt

Der Umzug in das neue Depot stellte keine riesige logistische Herausforderung dar, da wir die Verlagerung über viele Monate hinweg strecken konnten. Es standen auch ausreichend Mittel für eine Ergänzung bzw. Neubeschaffung der Depoteinrichtung zur Verfügung – etwa einer 400 m2 großen Gemäldedepotanlage. So konnte mit dem Umzug eine vorbildliche Ordnung in den Depots mit in vielen Bereichen optimalen Lagerungsbedingungen erreicht werden.

Die großzügigen Platzverhältnisse sollten allerdings nicht lange Bestand haben. Bei ihrer Gründung 1995 im Rahmen der Postreform bestimmte das „Gesetz zur Errichtung einer Museumsstiftung Post und Telekommunikation" die Museumsstiftung zur Eigentümerin aller Sammlungen und historischen Objekte der Bundespost. Diese weite Definition bezog sich nicht nur auf die existierenden sieben Museen, von denen das Postmuseum Stuttgart und das Mittelrheinische Postmuseum Koblenz bereits 1995 geschlossen wurden.

Man hatte die Zahl der bei Oberpostdirektionen oder größeren Ämtern vorhandenen Sammlungen unterschätzt. Diese waren ab den 1970er-Jahren im Rahmen der Traditionspflege, aus privatem Interesse der Mitarbeiter oder einem Interesse an alter Technik entstanden. Ihr Umfang reichte von einigen Vitrinen auf dem Gang bis hin zu den 3.000 m2 Depotfläche, die allein die Fernmeldehistorische Sammlung der Oberpostdirektion Düsseldorf belegte.

Für die Sammlung in Heusenstamm begann damit unmittelbar nach dem Einzug eine Phase, in der laufend größere Sammlungen aufzulösen und in das eigene Depot zu überführen waren. Dies waren nicht nur Sammlungen der früheren Bundespost wie das Telekom-Museum Konstanz, auch innerhalb der Museumsstiftung setzte ein Konzentrationsprozess ein. Hatten bis dahin die Deutsche Post AG und die Deutsche Telekom AG die Museumsstiftung durchaus großzügig alimentiert, so führte interner Kostendruck ab 2004 zu drastischen Einschnitten. Der Haushalt der Museumsstiftung wurde erheblich gekürzt und der Personalbestand musste um ein Drittel schrumpfen.

Bis dahin waren die Sammlungen von Doppelstrukturen geprägt: In Berlin wie auch in Frankfurt gab es jeweils eigene Kustoden für jedes der Sammelgebiete. Die Sanierung des Berliner Depotgebäudes und Auslagerung der gesamten Sammlung bot die Gelegenheit, Sammlungsschwerpunkte zu bilden. Die Berliner Kustoden betreuten fortan die Themen Postgeschichte und Logistik, während die Frankfurter Sammlung für Telekommunikation und Massenmedien zuständig wurde. Die entsprechenden, noch verpackten Berliner Objekte wurden nach Heusenstamm gebracht, während umgekehrt Objekte der Heusenstammer Sammlung nach Berlin umzogen.

Die große und traditionsreiche Sammlung des Museums für Kommunikation Nürnberg wurde auf die Standorte Frankfurt und Berlin verteilt. Kurz darauf erfolgte auch die Schließung des Museums für Kommunikation Hamburg, da das Museum nur Mieter in dem Gebäude war und eine veränderte Nutzung der Liegenschaft eine Schließung erzwang. Auch diese Objekte wurden auf Berlin und Frankfurt verteilt.

Kleintransporter und LKW – Postfahrzeuge im Depot des Museums für Kommunikation Frankfurt, © Bert Bostelmann MSPT / Museum für Kommunikation Frankfurt

Für das Depot in Heusenstamm bedeutete dies erhebliche Umstrukturierungen. Ständig musste nachverdichtet werden und die einst breiten Gänge zwischen den Depotschränken schrumpften auf das mit Transportwagen gerade noch befahrbare Maß. Ein Problem war der schlechte Dokumentationsgrad der übernommenen Sammlungen, sodass der Inventarisierungsgrad von rund 80% im Jahre 2000 zunächst deutlich absank und mühevoll wiederaufgeholt werden musste.

Hauptproblem war jedoch der Umstand, dass es sich nicht wirklich um Museumssammlungen handelte, denn selbst an den „richtigen" Postmuseen waren keine Kustoden, sondern technische Mitarbeiter der Post tätig. Diese sammelten an jedem Standort parallel genau dasselbe standardisierte Inventar. Dabei wurde stets nur mit der Binnenperspektive auf die Post gesammelt, die Nutzung und die Nutzer spielten keine Rolle. In der Regel gab es nur wenig Dokumentation und nur in Einzelfällen Hinweise auf Herkunft oder gar Nutzung. Ziel waren lückenlose Entwicklungsreihen, bei denen das einzelne Objekt nur austauschbarer Vertreter einer technischen Entwicklung war. Daher ist in zentralen Sammlungsbereichen nicht das Unikat, sondern das mehrfach, ja dutzendfach vorhandene Objekt die Regel.

Bei der Auflösung der Sammlungen haben wir versucht, dem durch Deakzession – also den Abbau von Beständen – entgegenzuwirken. Objekte, die bereits mehrfach vorhanden waren, wurden nicht übernommen, behalten wurden aber alle potentiell besseren Zustände und alle Objekte mit Nutzungsspuren oder dokumentierter Herkunft sowie sicherheitshalber auch alle Objekte, die sich nicht identifizieren ließen. Letztlich wurden alle Objekte älter als 1920 oder mit einem Wert über 200 € überführt. Vor Ort wurden etwa 25 % deakzessioniert, nahezu ausschließlich Objekte nach 1945. Folge dieser durch Zeitdruck bedingten pragmatischen Vorgehensweise war eine Übernahme der überwiegenden Menge an Objekten, aus der, trotz der Deakzessionierungen, ein deutliches Übermaß an Objekten resultierte. Rund 40 % der Objekte sind heute nicht durch das Sammlungskonzept zu rechtfertigen – dieses Problem wird uns die kommenden zehn Jahre noch begleiten.

Frank Gnegel
Abteilungsleiter Sammlungen
Museum für Kommunikation Frankfurt


Museum für Kommunikation Frankfurt

Führungen durch das Museumsdepot in Heusenstamm
  • Termin: Jeden 1. Freitag im Monat um 14 Uhr
  • Ort: Philipp-Reis-Straße 4–8, 63150 Heusenstamm
  • Dauer: 90 Minuten
  • Preis: ab 18 Jahre 7 € und ab 6 Jahren 3,50 €
  • Gruppen: Anmeldung unter mkf.sammlung*mspt.de erforderlich.
Derzeit geschlossen
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