Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg: Otto Mueller. Verlorenes Paradies - Werke aus der Sammlung Karsch

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Otto Mueller, Zwei Badende im Bach, um 1922, © Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg zeigt vom 17.12.06 bis 18.3.07 als erstes Museum in Deutschland eine Retrospektive des druckgrafischen Werks Otto Muellers.

Weiblicher Akt und Landschaft sind die beiden Pole, zwischen denen sich das Lebenswerk Otto Muellers (1874-1930) bewegt. Während das malerische Werk des "stillen Expressionisten" zuletzt 2003 in München gewürdigt worden war, widmet jetzt das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg dem komplexen druckgrafischen Werk des Brücke-Künstlers eine Retrospektive. Als erstes Museum in Deutschland präsentiert es das einzigartige Konvolut aus der Sammlung Karsch, bestehend aus knapp 200 Lithografien in verschiedenen Farb- und Druckzuständen, einzelnen Holzschnitten und zwei Mappenwerken, darunter die berühmte "Zigeunermappe" (1925/1927). Ergänzt wird die Ausstellung um fünf Gemälde. Ein Jahr nach der erfolgreichen Retrospektive "Otto Dix. Welt & Sinnlichkeit" rückt das Spezialmuseum für deutsche Kunst in und aus Mittelosteuropa damit einen weiteren bedeutenden Künstler der Klassischen Moderne in seiner Sammlung ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Otto Mueller, in Liebau im Riesengebirge geboren, suchte im Laufe seines Lebens immer wieder jene Abgeschiedenheit und Stille, die auch seine Akte umgibt.  Von früh an auf der Flucht vor akademischer Zucht, wechselte er über Dresden, München und die immer wieder aufgesuchte Einsamkeit des Riesengebirges 1908 nach Berlin, wo er sich dem Literaten- und Künstlerzirkel um den Fischer-Verlag mit Rainer Maria Rilke und Emil Orlik anschloss. In der Plastik des Freundes Wilhelm Lehmbruck fand er Bestärkung in seiner Suche nach existentiellem Ausdruck und Geschlossenheit der Form. 1910 nahm ihn die Brücke als vorletztes und ältestes Mitglied auf. Wirkte der Bohemien auf die jüngeren Malerfreunde wie eine ideale Verkörperung der proklamierten Einheit von Kunst und Leben, wurde im Gegenzug für Mueller das neuartige Erlebnis dieser Geistesgemeinschaft zur Initialzündung für die volle Entfaltung seiner künstlerischen Individualität: "Unter dem Einfluss der Freunde entfaltete sich Muellers Formempfinden vollends. Doch mit seiner asketischen Beschränkung im Thematischen, der noblen Distanz zu Formverzerrung und Ausdrucksintensivierung blieb Mueller ein Außenseiter innerhalb der Brücke. Seinen weiblichen Akten, Liebespaaren und Badenden fehlt das Aggressive und Sensationelle. Landschaft allein ist der stilvolle Stimmungsrahmen für ihren Auftritt; Großstadt tritt nie ins Blickfeld. Statt Ekstase und Deformation - Streben nach sanftem Gesetz und ruhiger Harmonie, statt eines Aufschreis über den Zustand der Welt - seufzende Sehnsucht nach weltfremdem Paradies.

Erst in seinen späten Zigeunerbildern, die von einer gleich gesinnten Einfühlung in die Existenz der Ausgestoßenen und Ruhelosen zeugen, rumort untergründig ein Unbehagen an der modernen Gesellschaft mit ihren sozialen Konflikten. Die Werke aus den letzten Lebensjahren machen noch einmal deutlich, dass sich die Kunst Muellers nicht im Reiz des Malerischen und Erotischen erschöpft, sondern mit eigensinniger Seelenstärke auf die existentiellen Fragen des Menschen orientiert bleibt". (Dr. Ulrike Lorenz)

Otto Muellers Druckgrafik entstand zwischen 1910 und 1927. Sie weist 170 Einzelmotive auf, von denen die Hälfte in Muellers Gemälde-Werk zu finden ist. Bis heute besitzt kein einziges Museum in der Welt ein geschlossenes Konvolut der Druckgrafik Otto Mueller.


Katalog zur Ausstellung: "Otto Mueller. Verlorenes Paradies. Werke aus der Sammlung Karsch", bearb. v. Gerhard Leistner, hrsg. vom Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg 2006, mit Essays von Florian Karsch, Gerhard Leistner, Ulrike Lorenz und Dieter W. Posselt, 128 S., 86 Farb-Abb., Preis: 19,- Euro, zu bestellen über das Kunstforum Ostdeutsche Galerie.

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