Kulturstiftung Hansestadt Lübeck: Buddenbrookhaus 2018 – Umbau, Erweiterung, Neukonzeption

Logo Buddenbrook

Buddenbrookhaus (rechts), Mengstraße 4 und  Erweiterung, Mengstraße 6, vordere Fassadenansicht, Foto: Thorsten Wulff

Thomas Mann schreibt 1905: „[...] ich habe die Augen von hunderttausend Menschen auf das alte Giebelhaus in der Mengstraße gelenkt". Er bezieht sich damit auf das prächtige Haus in der Lübecker Mengstraße 4, dessen weiße Barockfassade zum ikonischen Abbild des Roman Buddenbrooks geworden ist.

Auf unzähligen Ausgaben der Buddenbrooks gedruckt und in zahlreichen Filmen zitiert, avancierte das Buddenbrookhaus zur Gedenkstätte, an dem Fakt und Fiktion ein unaufhörliches Verwirrspiel eingehen: Das 1758 erbaute Haus ist Stammsitz der Familie Mann – bis zum Tod seiner Großmutter 1890 war Thomas Mann hier häufiger Gast – und zugleich Schauplatz der Buddenbrooks, desjenigen Textes, der zahlreiche Anleihen bei der realen Familiengeschichte der Manns macht. Folgerichtig widmet sich das Literaturmuseum Buddenbrookhaus an Ort und Stelle sowohl den Biografien und den Lebensläufen der Familie Mann als auch dem weltberühmten Familienroman, für den Thomas Mann 1929 den Nobelpreis erhalten hat. Bei den Besuchern ist vor allem die sog. Bel Ètage beliebt: Im Obergeschoss inszeniert das Museum zwei Zimmer getreu der literarischen Vorlage und schafft somit einen begehbaren Roman, an dem Literatur außerhalb der Imagination zur realen Sinneserfahrung wird.

Doch längst reicht der Platz im Museum nicht mehr aus, um der vielen Besuchergruppen Herr zu werden und die stetig wachsende Sammlung unterzubringen. Es fehlt an museumspädagogischen Räumen, die Ausstellung hat mit der Forschung ebenso wenig Schritt gehalten wie mit der Rezeption und auch die eingesetzte Technik hat sich überlebt.

Durch die Entscheidung des Bundes, die Mittel für den Kauf des Nachbarhauses in der Mengstraße 6 bereitzustellen, wird das Buddenbrookhaus seine Fläche bis 2018 verdoppeln. Das Museum erhält somit die einmalige Chance, seine Dauerausstellung zu aktualisieren sowie gestalterisch und museumspädagogisch zu erneuern. Dabei besteht die architektonische Herausforderung darin, die beiden Häuser zu einem barrierefreien Museumsraum zu verbinden und zugleich den Vorgaben der Denkmalpflege Rechnung zu tragen, verfügen doch beide Häuser über denkmalgeschützte Fassaden und Gewölbekeller. Zugleich ist es erklärtes Ziel, die Nachhaltigkeit des späteren Museumsbetriebes sicherzustellen, z.B. durch die Verwendung umweltverträglicher Materialien und eine energetische Sanierung, die museumsspezifische Lösungen findet, um den Energiebedarf dauerhaft zu minimieren.

Wie das gelingen kann, lotet derzeit ein Architekturbüro mittels einer Machbarkeitsstudie aus, die derartige und weitere Grundsatzfragen in verschiedenen Varianten und in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege, der Stadtplanung, dem Hochbauamt und den beteiligten Literaturwissenschaftlern diskutiert. Nicht zuletzt geht es darum, einen zuverlässigen Kostenrahmen für den bevorstehenden Umbau zum ‚Buddenbrookhaus 2018' zu ermitteln, ist doch schon jetzt klar, dass die Bausumme nicht allein durch die öffentliche Hand, sondern zusätzlich durch Spenden und Sponsoren aufgebracht werden muss.

Der Umbau des Buddenbrookhauses soll für die Besucher so transparent wie nur möglich sein. „Es ist das Ziel", so Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der LÜBECKER MUSEEN, „die Museumsbesucher und ihre Anliegen ernst zu nehmen und beim Umbau zu berücksichtigen." Entsprechend wurde, ermöglicht durch Mittel der Volkswagen Stiftung, eine Website zur Erweiterung des Museums programmiert, die nicht nur als Informationsportal, sondern darüber hinaus als öffentliches Diskussionsforum fungiert. Interessierte können sich unter www.buddenbrookhaus.de/buddenbrookhaus2018 zu allen den Umbau betreffenden Aspekten äußern, zu architektonischen ebenso wie zu inhaltlichen und/oder gestalterischen Fragen. Berichte, Protokolle und transkribierte Diskussionen vergangener Symposien und Tagungen sind auf der Website hinterlegt, um die Debatte anzuregen. Ein gesonderter Bereich ist auf der Homepage der Wissenschaft vorbehalten, d.h. passwortgeschützt denjenigen Experten zur Nutzung bereitgestellt, die direkt an dem Projekt beteiligt sind, um so den wissenschaftlichen Austausch zu vereinfachen und kontinuierlich fortzusetzen. Des Weiteren sind für die Dauer eines Jahres zwei Evaluationsgeräte im Museum geschaltet, welche die Besucher um ein Feedback zur Ausstellung bitten und nach ihren Wünschen fragen. Die Auswertung erfolgt in Echtzeit und nimmt somit direkt Einfluss auf die internen Debatten zur Neukonzeption des Hauses. – Wie Thomas Mann Literatur für die Vielen wie für die Wenigen schreiben wollte, will auch das ‚Buddenbrookhaus 2018' ein Ort für die vielen Leser und die wenigen Literaturwissenschaftler gleichermaßen sein.

Caren Heuer

AsKI KULTUR lebendig 1/2014

.

xxnoxx_zaehler