Goethe Jahr 1999 : Casa di Goethe

Eröffnungsausstellung der Casa di Goethe, hinten rechts: Die Skulptur ‘Goethe am Fenster seines Hauses in Rom‘ von Andreu Alfaro (1984), Foto: Janos Grapow

„Ich habe hier durchaus verschwiegen, daß heute mein Geburtstag sei, und dachte beim Aufstehen: sollte mir denn von Hause nichts zur Feier kommen?"
(Rom, 28.8.1787)

Auch wenn er seinen Festtag damals verschwieg: Der wohl berühmteste Rom-Besucher hätte sicher nichts dagegen einzuwenden, daß sein Jubiläumsjahr auch in der geliebten „Hauptstadt der Welt" gebührend gefeiert wird. Der 250. Geburtstag des Dichters steht 1999 im Mittelpunkt der Vorhaben der Casa di Goethe, die mit dem Goethe-Institut Rom und dem Kulturreferat der Comune di Roma ein gemeinsames Programm entworfen hat; weitere deutsche und italienische Partner werden an der Realisierung des römischen Goethe-Jahrs beteiligt sein. Als Mitveranstalter und Garant für Resonanz und Akzeptanz ist die Stadt Rom dabei ein besonders wichtiger Partner. Entscheidend soll die Sicht der italienischen Wissenschaftler und Künstler sein: Die Schwerpunkte liegen deshalb vor allem auf italienischsprachigen Veranstaltungen, Publikationen und Events - der runde Geburtstag soll in Italien dazu genutzt werden, diejenigen mit dem Dichterfürsten vertraut zu machen, die mit dem Namen Johann Wolfgang Goethe noch nichts oder nur wenig anfangen können. Außerdem bietet das Jahr 1999 - als Einstimmung auf das Jubeljahr 2000 - eine ganz besondere Chance für das noch junge Haus, mit zahlreichen anderen Institutionen zusammenzuarbeiten und seinen festen Platz in der römischen Kulturszene zu finden.

In Rom fand zum Auftakt des Goethe-Jahrs am 12. und 13. November 1998 ein internationales Symposium „Goethe und die Antike" in Zusammenarbeit mit der römischen Universität „La Sapienza" und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf statt. Die wissenschaftlichen Koordinatoren Mauro Ponzi und Bernd Witte legten den Kongreß interdisziplinär an: Die zahlreichen Referate aus unterschiedlichen Fachbereichen trugen dazu bei, neue Erkenntnisse über Goethes Verhältnis zur Antike zu gewinnen und einem breiteren Publikum in Rom vorzustellen.

CD ‘Gesang der Geister‘, Foto: Der HörVerlag, München

Eine ganz andere Einstimmung auf das Jubiläumsjahr stellte die vom Deutschen Rundfunkarchiv Frankfurt a.M. - Berlin, der Casa di Goethe und dem Hörverlag München Ende 1998 herausgegebene Goethe-CD „Gesang der Geister" dar, eine „akustische Anthologie", die einen Beitrag liefern soll zu einer neuen Erschließung Goethes in historischen Tondokumenten aus den Beständen der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv. Zu hören sind u.a. Oskar Werner, Gustav Gründgens, Albert Schweitzer und Thomas Mann.

Die Spannung zwischen Gegenwart und Vergangenheit steht auch 1999 im Mittelpunkt des Ausstellungsprogramms des römischen Goethe-Museums. Die nach „Barlach und Goethe" zweite Wechselausstellung der Casa di Goethe „Frank Horvat: Goethe in Sizilien. Fotografien" wurde im Dezember 1998 unter Anwesenheit des Künstlers eröffnet. Horvat, Jahrgang 1928, reiste 1981 und 1982 auf den Spuren Goethes durch Sizilien und versuchte, in seinen Schwarzweißfotografien das festzuhalten, was Goethe auf seiner Reise 1787 sah. Horvats Bilder machen das Wesentliche der Sizilienreise Goethes deutlich: die durch die sinnliche Qualität der Landschaft auf ihn ausgeübte Faszination, sein Interesse für Geologie und Mineralogie und seine Überlegungen zur Urpflanze. Die Ausstellung der Frankfurter Kuratoren Konrad Heumann und Lorenzo Horvat, die zuerst im Freien Deutschen Hochstift zu sehen war, wurde für Rom durch eine Leihgabe des Goethe-Museums Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung ergänzt: Ausgestellt ist ein 1804 auf einer Reise nach Sizilien entstandenes Skizzenbuch, das man bisher für ein Werk von Christoph Heinrich Kniep, Goethes Auftragszeichner und Begleiter während der gemeinsamen Sizilienreise 1787, gehalten hat, das nach neuesten Forschungen von Georg Striehl (s. S.23) jedoch wohl Carl Gotthard Graß zugeschrieben werden muß. Die Schwarzweißreproduktionen einiger Zeichnungen ermöglichen dem Besucher der Ausstellung einen Vergleich zwischen der damaligen und heutigen Rezeption dieser Reise.

Im März 1999 wurde die Ausstellung des 1929 in Valencia geborenen Künstlers Andreu Alfaro „Dialog mit Goethe" eröffnet. Der spanische Bildhauer hat sich wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler mit dem Werk Goethes auseinandergesetzt und dazu bisher mehr als 100 Arbeiten geschaffen. Die Casa di Goethe, die inzwischen einige Alfaro-Arbeiten ankaufen konnte und bereits mehrere Leihgaben des Künstlers ausgestellt hat, zeigt den eigens für das Goethe-Jahr konzipierten Zyklus mit Lithographien zu den „Römischen Elegien" und abstrakt-figurative Skulpturen. Zu sehen sind u. a. Portraits des Dichters („Goethe am Fenster seines Hauses in Rom", „Goethe in der Campagna"), und seiner Freunde und Zeitgenossen, wie z.B. Christiane von Goethe, Cornelia Goethe, Herder, Bettina Brentano oder Lili Schönemann. Neben den bestehenden deutsch-italienischen Kulturbeziehungen ermöglichen dieses Ausstellungsprojekt und die Planung der Begleitveranstaltungen eine konkrete Zusammenarbeit mit dem spanischen Kulturinstitut in Rom. Die Ausstellung wird im kommenden Jahr auch von zwei AsKI-Instituten übernommen: Sie wird im Frankfurter Goethe-Museum sowie in Weimar zu sehen sein.

Rembrandt, Christus vertreibt die Verkäufer und Wechsler aus dem Tempel, 1635 Radierung, Goethes Kunstsammlungen Stiftung Weimarer Klassik

Das Ausstellungsprogramm der Casa die Goethe endet 1999 mit der vom Goethe Nationalmuseum in Weimar erarbeiteten Ausstellung „Meisterzeichnungen aus Goethes Besitz", die im Jubiläumsjahr eine besondere Verbindung zur Kulturhauptstadt '99 herstellt. Ab Oktober ist die Casa di Goethe nach Weimar die zweite Station für diese Ausstellung, die einen repräsentativen Querschnitt durch Goethes nahezu 10.000 Blätter umfassende graphische Sammlung vermitteln soll. U. a. werden zahlreiche Blätter aus dem späten 18. Jahrhundert zu sehen sein, die unmittelbar in Goethes römischem Künstlerkreis entstanden sind.

Neben diesen Wechselausstellungen zeigt die Casa di Goethe auch 1999 eine Dauerausstellung zum Thema „Goethe in Rom", die den Italienaufenthalt des Dichters und die Auswirkungen auf sein Werk anhand von Gemälden, Zeichnungen, Handschriften, Graphiken, Skulpturen und Büchern dokumentiert.

In der ständigen Ausstellung ist u.a. eine Kopie des in den Räumen der Casa di Goethe 1786/1787 entstandenen Gemäldes „Goethe in der Cam-pagna di Roma" von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein zu sehen. Das zu einer Ikone gewordene bekannte Bildnis steht im Mittelpunkt eines Schüler-Malwettbewerbs, den die Casa di Goethe und das Goethe-Institut Rom gemeinsam ausgeschrieben haben: Kinder und Jugendliche aus italienischen Schulen setzen sich dabei nach einem Museumsbesuch mit dem Campagna-Motiv auseinander und schaffen eigene künstlerische Arbeiten, von denen die besten prämiert und im April 1999 ausgestellt werden sollen.

Eine Publikation als Beilage zu der wichtigen italienischen Tageszeitung „La Repubblica" wird die breite Öffentlichkeit auf den runden Geburtstag des deutschen Dichters aufmerksam machen. In der Veröffentlichung, die schwerpunktmäßig Goethes Romaufenthalt thematisiert, sollen auch italienische Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle zu Wort kommen, die ihre persönliche Meinung zu Goethe und seinem Werk formulieren. Natürlich werden auch in Rom zum Goethe-Jahr eine Fülle von Vorträgen, Filmvorführungen, Lesungen, kleinen Theateraufführungen, Konzerten, Buchpräsentationen, Tagungen usw. ausgerichtet, die hier im einzelnen nicht alle aufgeführt werden können. Am 28. August wird für den Jubilar eine große Geburtstagsparty ausgerichtet. Die Casa di Goethe ist bis Mitternacht geöffnet, und es gibt dort und an vielen anderen Orten der Stadt Musik, Rezitationen und Events. So feiert auch Rom einen Deutschen, der das Italienbild der nachfolgenden Generationen ganz entscheidend geprägt und dem die Stadt viel zu verdanken hat.

Der zweisprachige Katalog zur Alfaro-Ausstellung (176 S., zahlr. Abb.) ist  über die AsKI-Geschäftsstelle zu beziehen.

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Dorothee Hock
 Mitarbeiterin der Casa di Goethe, Rom

AsKI KULTURBERICHTE 1/1999

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