Editorial: Bürgerschaftliches Engagement für AsKI-Institute - Der Sammler Samuel Spoelmann

Titelbild AsKI Kulturberichte 1/03: Rembrandt, Porträt von Andries de Graeff, 1639, Leinwand, Foto: Staatliche Museen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister

Es liest sich so einfach, wenn in einer Kurzbeschreibung des AsKI die Formulierung steht: "Seine Mitglieder sind in unabhängiger, gemeinnütziger Trägerschaft verankert und stützen sich seit ihrer Gründung auf einen bedeutenden Anteil privater Förderung."

Als Vergangenheit und Gegenwart leuchtet damit ein Stück Gemeinsinn auf, an dessen Beginn die Leidenschaft eines Sammlers steht. Das Ergebnis ist bestimmt durch den Rang seiner Sammlerobjekte und die Ernsthaftigkeit, mit der er ein solches Gebiet erschlossen hat.  Das Bild eines solchen Sammlungsergebnisses malt uns Thomas Mann in seinem ersten Deutschland-Roman "Königliche Hoheit" von 1909:

"Ja, das war offenbar die lückenloseste Sammlung beider Welten, und das Glas, das Klaus Heinrich erworben, war freilich nur ein bescheidenes Beispielchen daraus. Sie begann in einem Winkel des Saales mit den frühesten Luxuserzeugnissen des Gewerbezweiges, mit heidnisch bemalten Funden aus den Kulturen der Urzeit, setzte sich fort über die Kunstprodukte des Morgen- und Abendlandes und aller Zeitabschnitte, wies umkränzte, verschnörkelte und reichgestaltige Vasen und Kelche aus den Bläsereien Venedigs und kostbare Stücke aus böhmischen Hütten auf, deutsche Humpen, bilderreiche Zunft- und Kurfürstengläser, untermischt mit fratzenhaften Tiergestaltungen und Scherzgebilden, große Kristallpokale, die an das Glück von Edenhall im Liede erinnerten und in deren Schliffen das Licht sich prunkend brach, Rubingläser, die glühten gleich dem heiligen Gral, und edelste Beispiele endlich für den neuesten Aufschwung der Kunst, überzarte Glasblüten auf unendlich gebrechlichen Stielen und Ziergläser im modischen Formengeschmack, die mittelst des Dampfes verflüchtigter Edelmetalle mit schillerndem Farbenschmelz überzogen waren. Zu dritt und gefolgt von Perceval, der ebenfalls zuschaute, ging man langsam auf Teppichen um den Saal, und Herr Spoelmann erklärte mit knarrender Stimme die Herkunft einzelner Stücke, indem er sie mit seiner mageren, von der ungestärkten Manschet te halbbedeckten Hand behutsam von den Sammetborden nahm und gegen das Glühlicht hielt."

Johann Georg Hamann, Socratische Denkwürdigkeiten ... und andere Schriften S. 24 aus Versuch über eine akademische Frage ... mit eigenhändigen Anmerkungen, Goethe-Museum Düsseldorf, © Foto: Goethe-Museum Düsseldorf

In ihren inneren, systematischen Qualitätskriterien ist eine so geartete Sammlung stets darauf angelegt, den privaten Impuls, der so hübsch in der Vorliebe zur erzählten Provenienz zum Ausdruck kommt, in eine öffentlich zugängliche Präsentation umzuwandeln, denn es besteht eine Homologie zwischen dem tragenden Sammlungsinteresse nach wissenschaftlich-dauerhaften Prinzipien und der Struktur von Öffentlichkeit selbst. Der Roman bietet in der Verehelichung zwischen Klaus Heinrich als einer repräsentativen großherzoglichen Gestalt und der reichen Unternehmerstochter Imma eine der vielleicht nicht überall zu realisierenden Lösungsmöglichkeiten an.

Oft wird der Sammler in einer Stiftung selbst zum Mäzen. Das Motiv des Stifters kann aus ganz unterschiedlichen Quellen kommen, kann z.B. Angst sein. In Goethes Spätroman "Wilhelm Meisters Wanderjahre" lesen wir: "Gewöhnlich zerstreut der Sohn, was der Vater gesammelt hat, sammelt etwas anderes oder auf andere Weise" (I,12). Oder, um ein modernes Beispiel für eine dauerhafte Problematik zu wählen - Max Frisch schreibt am 15. September 1980 an den befreundeten Uwe Johnson: "Sie sehen: als er siebzig war, drängte es den Alten doch nach Ordnung und Vorsicht gegenüber Verleger und Erben, daher die Stiftung".

Die Transformation des gemeinnützigen Sammlungsergebnisses in eine unmittelbar gemeinnützige Institution setzt wiederum Persönlichkeiten voraus, die eine Lücke wahrnehmen, die sich zusammensetzen, um eine Konzeption auszuformulieren, um ihr eine Zukunftschance zu geben. Dieser Prozess von Sammlungsexistenz und Öffentlichkeitsinteresse ist in den verschiedenen AsKI-Instituten in unterschiedlicher Form abgelaufen, doch als Impuls gemeinnütziger Individualität prägt er alle Häuser. In den nächsten drei Ausgaben der "Kulturberichte" soll diese Prägung anhand des Themenschwerpunktes "Bürgerschaftliches Engagement für AsKI-Institute" veranschaulicht werden, beginnend mit dem Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg (gegründet 1977), der Eiselen-Stiftung (gegründet 1978) sowie der Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van der Loo (gegründet 1983) - alle ins Leben gerufen auf Initiative Einzelner. In den beiden folgenden Heften wird dieser Schwerpunkt im Detail beleuchtet am Beispiel von Umbaumaßnahmen sowie dem Erwerb von Einzelexponaten / Sammlungen, realisiert durch das wesentliche Engagement von Privatpersonen. Somit wird ein Bogen geschlagen von den Anfängen einiger der im AsKI zusammengeschlossenen Kultur-Einrichtungen bis in die Gegenwart - eine Gegenwart, die mehr denn je ohne Mäzene und Freunde nicht mehr auskommt. 

Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Volkmar Hansen,
Vorstand und Direktor des Goethe-Museums/
Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Düsseldorf,
 Vorsitzender des AsKI e.V.

AsKI KULTURBERICHTE 1/2003

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