Die Söhne des Junggesellen - Richard Oelze zum 100. Geburtstag

Richard Oelze, ‘Ichmirnoff‘ 1967-69, Öl auf Leinwand, Kunsthalle Bremen, Erworben aus Mitteln der Waldemar Koch-Stiftung, Bremen

Ausstellung in der Kunsthalle Bremen

Am 29. Juni 2000 wäre Richard Oelze hundert Jahre alt geworden. Oelze ist der wichtigste Künstler des deutschen Surrealismus und hat von den 30er-Jahren bis zu seinem Tod 1980 ein umfangreiches Werk von seltener Konsequenz und Eigenwilligkeit geschaffen. 

Er war ebenso international orientiert, wie er auch mit Norddeutschland und insbesondere mit der Künstlergemeinschaft Worpswede verhaftet war. Die Kunsthalle Bremen möchte den 100. Geburtstag Oelzes zum Anlass nehmen, mit einer umfassenden Ausstellung an diesen großen Künstler zu erinnern, dessen Werk einen Schwerpunkt der Sammlung darstellt. Zu früheren Erwerbungen kam 1996 eine gewichtige Schenkung aus dem Nachlass Oelzes hinzu. Sie umfasst Gemälde, Zeichnungen sowie das Archiv des Künstlers und wird durch zahlreiche Leihgaben ergänzt. Kürzlich gelang es darüber hinaus, ein weiteres Hauptwerk anzukaufen: das idealisierte Selbstporträt "Ichmirnoff", ein großformatiges Bild aus Oelzes später Schaffensperiode.

Die Ausstellung soll keine Wiederholung der großen Retrospektive sein, die 1987/88 an mehreren Stationen in Deutschland gezeigt wurde und das Gesamtwerk in seiner ganzen Breite erschloss. Vielmehr sollen um einen Kern von ca. 20 Meisterwerken einzelne Aspekte seines Werkes in essayistischer Form behandelt werden. So wird es in einem Kapitel der Ausstellung um die Selbstdarstellung des Künstlers in Bildern und Zeichnungen, aber auch in Fotografien und persönlichen Erinnerungsstücken gehen.

Richard Oelze, Erwartung, 1936, Museum of Modern Art, New York, Foto: Kunsthalle Bremen In einem anderen Kapitel steht Oelzes wohl berühmtestes Bild "Erwartung" im Mittelpunkt einer Gruppe von Werken, die das zentrale Thema der Suche nach dem Unbekannten umkreisen. Darüber hinaus soll Oelze in der Ausstellung einmal nicht nur als großer Einzelner gezeigt werden, sondern als ein Künstler, der im engen Austausch mit den Zeitströmungen arbeitete, auch wenn diese Einflüsse überraschen und an seinen Bildern nur schwer ablesbar sind. So bezog Oelze wesentliche Eindrücke am Weimarer Bauhaus, wo er bei Klee und Kandinsky studierte, vor allem aber am Vorkurs von Johannes Itten teilnahm. Am Bauhaus war es auch, wo Oelze sein leidenschaftliches Interesse für die Fotografie entdeckte. Im Anschluss daran lernte er in Dresden die Malerei der Neuen Sachlichkeit kennen und besuchte von 1926-29 Kurse bei Otto Dix und dem umstrittenen Virtuosen Richard Müller. Diese Dresdener Jahre bezeichnete er im Nachhinein als die wichtigsten seines Lebens. Ebenso prägend ist der Eindruck, den die Pariser Surrealisten in den 30er-Jahren auf Oelze machten.

Die Kunsthalle Bremen plant, Oelzes Werk in Bezug zu diesen großen Eindrücken seines Lebens zu setzen. Seine eigenen Bilder sollen deshalb im Dialog mit Vorkursarbeiten aus dem Unterricht von Johannes Itten, mit Werken von Dix und Müller sowie solchen von Dalí, Tanguy, Max Ernst und anderen Surrealisten gezeigt werden. Dabei wird zu entdecken sein, wie diese Anregungen in seinem Werk wiederkehren, vor allem aber, wie selbständig er sie weiterverarbeitete und in seine ganz persönliche Bildsprache umformte.

Die Ausstellung umfasst ca. 120 Gemälde, Zeichnungen und Fotografien. Hinzu kommen bisher unbekannte Dokumente und Archivalien, mit denen die Kunsthalle Bremen das Richard-Oelze-Archiv erstmals der Öffentlichkeit vorstellen möchte.

Dr. Christine Hopfengart
 Kustodin an der Kunsthalle Bremen

  • Kunsthalle Bremen
    19.11.2000-21.1.2001
  • Museum der Bildenden Künste
    Leipzig 8.2.-22.4.2001

 

 AsKI KULTURBERICHTE 2/2000

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