Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt a. M. / Potsdam-Babelsberg: Das Projekt ‘Systematische Rechteerschließung‘ im DRA

Nachrichtensprecher Klaus Feldman, Aktuelle Kamera 1971, Foto: DRA/Nickel

  • Zugang erleichtern durch transparente Nutzungskonditionen

  • Die systematische Rechte­erschließung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem modernen, offenen Archiv

 Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) möchte als gemeinnützige Stiftung der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und Deutschlandradio den Zugang zu seinen historischen Archivinhalten erleichtern und im Sinne eines offenen demokratischen Ortes die Zugänglichmachung zu seinen Rundfunkbeständen nachhaltig gestalten. Dazu gehört nicht nur, die Auffindbarkeit der Inhalte durch Erschließung und den Zugriff auf die Medien durch Digitalisierung zu ermöglichen, sondern auch die urheberrechtlichen Nutzungsbedingungen transparent zu machen.

Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Wissenschaft, der gemeinnützigen Öffentlichkeit sowie Programmschaffende der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen angesichts der historischen Bestände im Deutschen Rundfunkarchiv immer wieder vor der Frage, ob und unter welchen rechtlichen Bedingungen sie die Archivinhalte für ihre Vorhaben verwenden können.

Vor diesem Hintergrund hat das DRA dieses Jahr im Rahmen seiner Digitalisierungs- und Erschließungsstrategie ein neues Projekt gestartet, in dem ausgewählte Sendereihen des besonders stark nachgefragten historischen DDR-Fernsehbestandes systematisch rechte-erschlossen werden. Mit dem Projekt wird es möglich, die Nutzerinnen und Nutzer proaktiv mit Rechteinformationen zu versorgen, die sie benötigen, um ihre Nutzungsvorhaben zu planen und durchzuführen.

Das Projekt ist darauf angelegt, die ansonsten übliche nutzungsbezogene Rechteklärung angefragter Archivinhalte zu ergänzen, in dem systematisch die Senderechte, On Demand-Rechte und weitere so genannte Nebenrechte (Vorführungsrechte, Audiovisuelle Rechte und Phonografische Rechte) zu den Teilbeständen im Rechtemanagementsystem des DRA erschlossen werden, inklusive der Dokumentation beteiligter Urheber und Mitwirkenden. Dadurch können Rechteauskünfte zu den erfassten Teilbeständen gegenüber allen Nutzergruppen schnell und verbindlich erfolgen.

Über eine technische Schnittstelle zur Fernsehdatenbank FESAD werden ausgewählte Rechteinformationen zu den Fernsehinhalten zusätzlich direkt am Medieninhalt über grüne bzw. graue Balken unter den Vorschaubildern Timecode-genau zur Verfügung gestellt, sodass bereits bei der Recherche und Auswahl der Archivinhalte in der Bestandsdatenbank die rechtlichen Informationen vorliegen und für die Konzeption von Nutzungsvorhaben berücksichtigt werden können.

Möglich wurde das Projekt in diesem Jahr, weil mit dem Abschluss des vorangegangenen, über neun Jahre laufenden Digitalisierungs- und Erschließungsprojektes „DRA 2020" alle notwendigen Metadaten und technischen Voraussetzungen vorlagen, die für die Rechteerschließung der Teilbestände erforderlich sind: Sichtungs-Files, Produktionsdaten und Inhaltserschließungen der Sendungen und Beiträge des DDR-Fernsehens.

Für den Projektstart wurden Sendereihen und Jahrgänge ausgewählt, die besonders häufig angefragt werden und bei denen das DRA davon ausgehen kann, mit einem kalkulierbaren Aufwand zu einem hohen Prozentsatz auch Nutzungsrechte einräumen zu können. Zu diesen Sendereihen zählen u.a. die Hauptnachrichtensendung des DDR-Fernsehens „Aktuelle Kamera", das innenpolitische Magazin „Prisma", Konzerte von Einzelkünstlern, die zwischen 1978 und 1990 im DDR-Fernsehen aufgetreten sind, sowie die Unterhaltungssendung „Außenseiter Spitzenreiter".

Screenshot Fernseh­datenbank DRA: Vorschaubild zur Pressekonferenz mit Günter Schabowski aus 'Die Aktuelle Kamera'; Foto: DRA

Die Sendereihe „Prisma" lief von 1963 bis zum Ende des DDR-Fernsehens/Deutschen Fernsehfunks 1991 und bietet aufgrund ihrer vergleichsweise kritischen Berichterstattung zu Alltag und Leben im Sozialismus eine wertvolle medienhistorische Quelle, ist daher häufig angefragt und wird vollständig rechte­erschlossen. Innerhalb der „Aktuellen Kamera" wurde zunächst der Fokus auf die aktuelle Berichterstattung im zeitlichen Umfeld des Mauerbaus (1960–1962), sowie dem zeitgeschichtlich ereignisreichen Jahr 1989 gelegt.

Screenshot Fernseh­datenbank DRA: Vorschaubild zur Pressekonferenz mit Günter Schabowski aus ‘Die Aktuelle Kamera‘; Foto: DRA

Das Projekt ist auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt und wird von zwei urheberrechtlich geschulten Erschließerinnen bestritten. Um in der weiteren Planung auch die Nutzungsrechte von Sendereihen mit komplexeren Rechtesituationen in einem überschaubaren zeitlichen Horizont systematisch erschließen zu können, plant das DRA, den Einsatz geeigneter Audio- und Video-Mining-Verfahren, sowie Tools der automatischen Musikerkennung zu prüfen. Die historischen Entstehungszusammenhänge der DDR-Fernsehproduktionen erschweren mitunter die rechtliche Erschließung. Daher werden technische Verfahren gesucht, die die Identifizierung der Herkunft von Bild- und Tonmaterial unterstützen.

Das Zugänglichmachen von Archivinhalten erfordert aber noch mehr als das. Um den Herausforderungen der Zugänglichmachung von historischen Medienbeständen zukunftssicher begegnen zu können, hat sich das DRA noch weitere Aufgaben gestellt und Themenfelder in den Blick genommen. Das DRA investiert in die Weiterentwicklung bestehender Metadatensysteme, um angesichts der Medienentwicklungen anschlussfähig an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer zu bleiben. Zugang erleichtern und Zugänglichmachung ermöglichen bedeutet aber auch, zielgruppenspezifische Angebote bereitzuhalten und dabei sowohl die technische Distribution als auch die inhaltliche Ausrichtung und Aufbereitung zu berücksichtigen. Das wiederum ruft seinerseits urheberrechtliche Grundsatzfragen auf den Plan. Das DRA konnte in diesem Jahr eine noch offene Frage zur Online-Nutzung der DDR-Bestände vor 1966 im Rahmen eines Gutachtens klären und überführt das Ergebnis derzeit in einen Leitfaden.

Alles in allem zeigt allein das Thema Zugänglichmachung, wie wichtig es für ein Archiv wie dem DRA ist, sich auch organisatorisch und methodisch so aufzustellen, dass es möglich ist, schnell auf neue Entwicklungen im Medienumfeld reagieren zu können und immer wieder neue Lösungen für sich wandelnde Nutzerinteressen bereit zu halten. Das DRA befindet sich aktuell in einem Prozess der Organisationsentwicklung und erarbeitet teamorientierte, agile Arbeitsstrukturen, um auch künftig die Herausforderungen an ein modernes Medienarchiv meistern zu können.

 Julia Weber | Stabsbereich Rechte und Lizenzen,
Deutsches Rundfunkarchiv

 

AsKI kultur leben 2/2021

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