Das Lern- und Dokumentationszentrum Mittelbau-Dora

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Das KZ Mittelbau-Dora repräsentiert wie kein anderes nationalsozialistisches Konzentrationslager die Zwangsarbeit von Häftlingen in der deutschen Kriegswirtschaft.

 

Als Außenlager des KZ Buchenwald und später selbständiges Konzentrationslager diente Mittelbau-Dora von 1943 bis 1945 der gnadenlosen Ausbeutung von Menschen aus fast allen von Deutschland besetzten Ländern. Nach dem Ausbau der unterirdischen Stollen im Kohnstein bei Nordhausen arbeiteten KZ-Häftlinge, Ingenieure und Zivilarbeiter beim Bau der von den Nationalsozialisten propagierten "Wunderwaffen" für den "Endsieg".

 

Das Lern- und Dokumentationszentrum Mittelbau-Dora, Eingangsbereich, © Foto: Jürgen M. Pietsch, Spröda

Im trivialen öffentlichen Bewusstsein ist das Lager mitunter immer noch mit der irrigen Vorstellung von technischem Fortschritt, als "Wiege der Raumfahrt", verbunden. Nur wenige wissen, dass der Lagerkomplex Mittelbau-Dora aus 40 Einzellagern im ganzen Südharz bestand, wo bis zum Frühjahr 1945 bei gigantischen, aberwitzigen Bauvorhaben 20.000 Menschen zu Tode geschunden wurden. Nur ein sehr geringer Teil der Häftlinge (ca. 20%) war in der Produktion beschäftigt. Auch dort waren in der Endphase Übergriffe auf Häftlinge, Exekutionen tatsächlicher oder vermeintlicher Saboteure und die Ermordung besonders missliebiger, insbesondere politischer Häftlinge an der Tagesordnung.

 

Mittelbau-Dora, Kammer 46, Schlafstollen seit Juni 1944 Fertigungshalle für die V1, © Foto: Jürgen M. Pietsch, Spröda

Vom Häftlingslager und den Produktionsstätten blieb nach Sprengungen, Abriss und jahrzehntelanger Vernachlässigung nur wenig übrig. In den sechziger Jahren wurde eine Mahn- und Gedenkstätte eingerichtet und das wenige Erhaltene zum Teil umgestaltet. In den neunziger Jahre begann die Arbeit an der Neukonzeption der Gedenkstätte, verbunden mit intensiver Forschung und Einrichtung einer historischen Ausstellung in einer ehemaligen Baracke. Schon aufgrund der räumlichen Gegebenheiten kann sie nicht umfassend informieren.


Die Geschichte Mittelbau-Doras in all ihren Facetten wird in einer neuen Ausstellung dokumentiert, die 2006 in dem momentan entstehenden Lern- und Dokumentationszentrum eröffnet wird. (Vgl. Jens-Christian Wagner: Lern- und Dokumentationszentrum Mittelbau-Dora. Die Neukonzeption der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Weimar-Buchenwald 2003, 48 S., 28 Abb., 4,- EUR. ISBN 3-935598-09-2)

 

Mittelbau-Dora, Wandbemalung, bei der Restaurierung freigestellt, © Foto: Jürgen M. Pietsch, Spröda

Das zweigeschossige (mit Unterkellerung dreigeschossige) Gebäude ist in Bodenhöhe mit einem rundlaufenden Lichtband versehen und hebt sich damit bewusst vom historischen Ort ab. Der Baukörper ist als leichte, technische Hülle konzipiert, die als Behälter für Erinnerungen und Informationen der Bewahrung von Relikten und Quellen dient und sich dem Besucher als Versammlungs- und Lernort öffnet. Südlich des ehemaligen SS-Lagers auf historisch nicht konnotiertem Gelände gelegen, soll das Gebäude eine Klammerfunktion zwischen dem Häftlingslager und dem Industriebereich vor den Stolleneingängen bilden und damit auf die zentrale Bedeutung der Zwangsarbeit in der Geschichte des KZ Mittelbau-Dora verweisen. Zudem wird es wechselseitige Blickbeziehungen zur nahen Stadt Nordhausen herstellen und auf diese Weise auf die nicht nur räumlich enge Verbindung zwischen dem Lager und seinem gesellschaftlichen Umfeld hinweisen. An dieser Stelle werden auch künftig die Führungen durch das ehemalige Häftlingslager und die Stollenanlage beginnen.

Für den Bau des Lern- und Dokumentationszentrums und die denkmalpflegerische Neugestaltung des Lagergeländes hatte die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora im Jahr 2000 einen einstufigen, zweiphasigen internationalen Ideen- und Realisierungswettbewerb ausgelobt, der architektonische mit landschaftsplanerischen Komponenten verband. Er wurde im Mai 2001 abgeschlossen, eingereicht wurden 131 Entwürfe. Der 1. Preis und der Auftrag zur Realisierung gingen an das Architekturbüro Kleineberg & Pohl aus Braunschweig und den Hamburger Landschaftsarchitekten Hinnerk Wehberg.

 

Nach aufwendigen Erschließungsarbeiten fand am 11. April 2003 in Anwesenheit zahlreicher ehemaliger Häftlinge die Grundsteinlegung statt, und Ende Oktober 2003 war der Rohbau für das neue Lern- und Dokumentationszentrum nach nur halbjähriger Bauzeit fertiggestellt.

Rohbau Lern- und Dokumentationszentrum Mittelbau-Dora, © Foto: Jürgen M. Pietsch, Spröda

Noch Ende 2004 können die Mitarbeiter der Gedenkstätte mit Archiv und Bibliothek ihre Arbeitsräume im neuen Gebäude beziehen. Im Foyer gibt es dann ein großzügig angelegtes Besucherzentrum mit Informationsstand und Buchverkauf. Seminarräume und eine kleine Cafeteria befinden sich in der oberen Etage.

Dass die finanziellen und formalen Voraussetzungen geschaffen wurden, nun nach Jahrzehnten der Vernachlässigung die Neukonzeption zu Ende zu führen, ist der im März 2003 vom Thüringer Landtag ratifizierten Verselbständigung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora zu einer Stiftung öffentlichen Rechts und der Aufnahme der KZ-Gedenkstätte Mittelobau-Dora in die Bundesförderung zu verdanken.

Ursula Härtl

Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit

 

 

AsKI KULTURBERICHTE 1/2004

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