Richard Wagner Museum, Bayreuth : Übergabe eines außergewöhnlichen Artefakts

GMD Christian Thielemann, Dr. Hannah Jo Smith,  Dr. Anita Breckbill, Dr. Sven Friedrich, Foto: Michael Weiser

Am 31. Juli 2018 fand im Haus Wahnfried ein besonderes Konzert statt: Mitglieder des Orchesters der Bayreuther Festspiele führten das „Siegfried-Idyll" in der originalen Fassung für Kammerorchester mit 13 Instrumenten auf. Das Besondere: Generalmusikdirektor Christian Thielemann dirigierte mit dem originalen Taktstock, mit dem Richard Wagner am 1. Weihnachtstag des Jahres 1870 in seinem Haus in Tribschen bei Luzern die Uraufführung dirigiert hatte und der seit Ende des 2. Weltkrieges verschwunden war.

Richard Wagner hatte das „Siegfried-Idyll" zur Erinnerung an die Geburt seines einzigen Sohnes Siegfried komponiert und seiner Frau Cosima zu deren 33. Geburtstag zum Geschenk gemacht. Auf dem vierkantigen Taktstock aus Holz wurde nach der Uraufführung der Anlass verewigt – die eine Seite graviert mit den Worten „Tribschener Idyll", die gegenüberliegende Seite mit der Inschrift „Den 25. December 1870". Cosima notierte in ihrem Tagebuch am 2. Februar 1871, also rund zwei Monate nach der Aufführung: „Ankunft des gravierten Taktstocks des Idyll". Als Richard Wagner das „Siegfried-Idyll" fast ein Jahr später in Mannheim zum zweiten Mal aufführte, dirigierte er erneut mit diesem Taktstock. Anschließend machte er ihn Emil Heckel, einem Musikalienhändler und guten Freund des Ehepaares, der die Aufführung organisiert hatte, zum Geschenk. Heckel übersandte das Artefakt vermutlich nach Richard Wagners Tod wieder an Cosima Wagner, damit es „dort wie alles, was sich auf den Meister bezieht, auf's heiligste bewahrt" werde.

Am 5. April 1945 wurde Wahnfried bei einem der Luftangriffe auf Bayreuth zerstört. Amerikanische Soldaten der 3. US-Infanteriedivision trafen am 14. April in der Stadt ein. Einer von ihnen fand den Taktstock, vermutlich im Schutt rund um das Haus. Einige Jahre später verkaufte er das Objekt an einen Freund, der den Taktstock an seine Tochter Dr. Hannah Jo Smith weitergab, die ihn sicher in einem Bankschließfach aufbewahrte. Nun konnte der Taktstock von der Oberfrankenstiftung als Dauerleihgabe für das Richard Wagner Museum erworben werden. Übergeben wurde er Dr. Sven Friedrich, dem Direktor des Hauses, von Frau Smith persönlich und Dr. Anita Breckbill, Leiterin der Musikbibliothek der Universität Nebraska, die den Ankauf vermittelt hatte.

AsKI KULTUR lebendig 2/2018

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