AsKI-Gemeinschaftsprojekt Storytelling: Wir erzählen Geschichten - www.wege-nach-rom.de

Sceenshot aus dem mit Pageflow erstellten Beitrag des Freien Deutschen Hochstifts ‘Das Album der Maxe von Arnim. Souvenirs aus Rom‘, Frankfurter Goethe-Haus – Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt am Main‘

Wir erzählen Geschichten: über das Reisen, die Italiensehnsucht, Romaufenthalte von Künstlern und anderen Menschen, ihren Begegnungen und Erlebnissen – anhand von Objekten und erstmals mit Hilfe von Storytelling.

Die kulturelle Vielfalt des AsKI und der damit verbundene Mehrwert zeigen sich ganz besonders in Projekten, die von einer Vielzahl seiner Institute gemeinschaftlich organisiert werden. Neben Ausstellungen, Publikationen und Fachtagungen tritt nun erstmals ein digitales Vorhaben: Storytelling mit Pageflow – eine Möglichkeit, mit multimedialen Mitteln auch komplexe Inhalte auf unterhaltsame und ästhetisch ansprechende Weise zu vermitteln. Pageflow ist eine Open Source Software, die mit dem WDR für den digitalen Journalismus entwickelt wurde.

Aus der Kognitionswissenschaft wissen wir längst, dass sich Inhalte nachdrücklicher einprägen, wenn sie in Geschichten eingebunden werden. Diese Tatsache macht sich das Storytelling zunutze. Auf unterschiedlichen Ebenen der Wahrnehmung wird der Besucher dieser Seite angesprochen: Texte, Fotos, Audio- und Videodateien, Vorher-Nachher Bilder, Haupt- und Nebenerzählstränge, der Nutzer entscheidet, wie viele Informationen er benötigt, um den Inhalt der Geschichte zu verstehen.

Das erste digitale Ausstellungsprojekt des AsKI befasst sich mit dem Thema „Alle Wege führen nach Rom", an dem sich 17 Mitgliedsinstitute beteiligen werden. Das Spektrum der Themen reicht von der Geschichte des Hauses Via del Corso 18, dem Sitz der Casa di Goethe, über das Souvenir-Album der Maximiliane von Arnim, den Postwegen nach Rom bis zum ungeliebten Aufenthalt von Gerhard Marcks in der Villa Massimo oder dem Sehnsuchtsort Ingeborg Bachmanns. Mit einer eigens erstellten „Landingpage" sollen in Kürze die ersten Geschichten an den Start gehen.

Am Beispiel des Reisetagebuchs Maximiliane von Arnims und des dazugehörigen Albums aus dem Sommerhoff-Nachlass lassen sich die Vorteile des Storytellings besonders gut demonstrieren. Ausgangspunkt ist das Album, das Maximiliane von Arnim während ihrer Italienreise 1851/52 zusammengestellt hat. Es umfasst 35 Seiten mit gepressten Blumen, die den verschiedenen Stationen der Reise zugeordnet sind, außerdem Zeichnungen, eingeklebte Briefe, Einladungen und Siegel als „Souvenir". Zu den einzelnen Stationen der Reise werden Reiseberichte aus Maximilianes handschriftlichem Reisetagebuch zu hören sein. Das Freie Deutsche Hochstift nutzt somit die „virtuelle Ausstellung" dazu, ein bisher unerforschtes, überaus sensibles Dokument aus seinen umfangreichen Beständen aus dem Nachlass der Familien Arnim und Brentano zu präsentieren. Während in einer Vitrine nur eine aufgeschlagene Doppelseite zu sehen ist, ermöglicht das Digitalisat ein Blättern und Stöbern des Nutzers, wobei er gleichzeitig liest oder hört, was es mit diesen Funden auf sich hat. So vermitteln ihre Reiseaufzeichnungen das lebendige Bild einer Romreisenden Mitte des 19. Jahrhunderts.

Dass es auch Künstler gab, die sich für Rom so gar nicht erwärmen konnten, zeigt der Beitrag des Gerhard-Marcks-Hauses. Marcks, einst Stipendiat der Villa Massimo, gefiel die Stadt nur mäßig, in seinen Briefen äußerte er sich mit beißender Verachtung über die antiken Bauten. Auch der zeitgenössischen faschistischen Monumentalplastik konnte er nichts abgewinnen. So konzentrierte er sich weitgehend auf das Studium der antiken Bildwerke in den Museen. Präsentiert werden neben Gerhard Marcks' Briefen, die seine Zeit in Rom dokumentieren, vor allem ein kleines Konvolut an Zeichnungen und Plastiken aus dem Besitz der Gerhard-Marcks-Stiftung, die im Kontext des Stipendiums entstanden sind – anschaulich dargestellt durch Überblendungen antiker Vorbilder mit seinen Zeichnungen.

Die Casa di Goethe nutzt das Medium für einen besonderen Blickwinkel. Aus der Perspektive des Hauses Via del Corso 18, Goethes Wohnsitz in Rom, wird die wechselvolle Geschichte seiner Bewohner erzählt: berühmte Gäste und bewegende Geschichten. Zu seinen Bewohnern zählten neben Goethe und Tischbein der erste deutsche Nobelpreisträger für Literatur Paul Heyse. Familie Bracci, die von dem berühmten Bildhauer Pietro Bracci abstammte und mehr als 130 Jahre Eigentümerin der Immobilie am Corso war, sowie der russische Schriftsteller und Philosoph Alexander Herzen. Geschichten über ein unglückliches Liebespaar, das gemeinschaftlich Selbstmord beging, und einen verfolgte Juden im besetzten Rom, der von einer mutigen Portiersfrau versteckt und gerettet wurde, dokumentieren die Vergangenheit einer besonderen Adresse.

Ob nun alle Wege nach Rom führen oder nicht – die Stadt ist seit mehr als zweitausend Jahren Ziel und Ausgangspunkt großer Menschen-, Waren- und Nachrichtenströme. Bei Post- und Kurierdiensten liefen stets viele davon zusammen. Mit der Pageflow des Museums für Kommunikation kann sich der Besucher auf eine etappenweise Reise nach Rom begeben und Station für Station anhand besonderer Objekte erfahren, auf welchen Wegen die Post im Lauf der Jahrhunderte beide Seiten der Alpen miteinander verband.

Wer schon jetzt ein besonders gelungenes Beispiel kennenlernen will, sei auf die Geschichte über Regers verschwundene Sinfonie hingewiesen, die auf dem Max-Reger-Portal zu finden ist (http://maxreger.info). Und damit haben wir den Bogen zum nächsten Thema geschlagen: den Rätseln der Kulturgeschichte. Zahlreiche Objekte schlummern in den Depots, von denen man nicht weiß, was sie darstellen oder wozu sie zu gebrauchen waren. Ein anderes Beispiel: Gerade hat das Deutsche Literaturarchiv Marbach Briefe Celans an „Hannele" gekauft, von dem bislang niemand weiß, wer sich dahinter verbirgt. Diese „Rätsel" sollen in einem weiteren Projekt aufgegriffen und mit dem besonderen partizipativen Ansatz, der das Storytelling bietet, zum Mitforschen einladen.

www.wege-nach-rom.de

Dr. Ulrike Horstenkamp
Geschaftsführerin des AsKI

 

AsKI KULTUR lebendig 1/2019

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