100 jahre bauhaus - Ein kritischer Diskurs in der Akademie der Künste, Berlin

Programmflyer ‘Kritischer Diskurs‘ 100 jahre bauhaus

Auf Initiative der Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar haben sich am 27. September 2018 in der Akademie der Künste am Pariser Platz Architekten, Kunst-, Kultur- und Architekturwissenschaftler, Kuratoren sowie die drei Direktoren der sammlungsführenden Bauhaus-Institutionen versammelt, um in drei Podiumsdiskussionen das Bauhaus im Spannungsfeld zwischen Ressource und historischem Gegenstand in den Blick zu nehmen, die Chancen und Ansprüche des Jubiläums zu hinterfragen und seine Zielsetzung als Schrittmacher einer nachhaltigen Entwicklung näher zu beleuchten.

Kann die Kraft der Utopie, die der Treibstoff des Bauhauses war, heute noch Inspiration sein? Sind es gerade die radikalen Renegaten unter den Bauhäuslern, mit deren Wiederentdeckung die Schule heute ein weiteres Mal eine neue Bedeutung erhält? Mit der Kritik an einem von Walter Gropius' Konzept „Kunst und Technik – eine neue Einheit" (1923) geprägten Bauhausbild verband sich die Forderung, Gestaltung angesichts der Ökonomisierung von Kunst und Design neu zu definieren, um den kritischen Impuls des Bauhauses zu reaktivieren.

Das Bauhaus ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sondern – wie es insbesondere in Weimar greifbar und begreifbar wird – ebenso ein Zeugnis des Scheiterns. Die retrospektive Konstruktion seiner Leistungen als wegweisend für die Moderne-Entwicklung bedarf stets einer kritischen Reflexion. Nichtsdestoweniger ist das Bauhaus eine globale Kulturmarke, die mit „Bildung und Bauen" anstelle eines vermeintlich typischen Stils, den es so nie gab, einen neuen Markenkern entwickeln könnte. Strittig war, ob Markenbildung per se historischer Forschung und offenen Zukunftshorizonten zuwiderläuft, oder ob die Marke Bauhaus vielleicht sogar im Sinne sozialer Relevanz und Fähigkeit zum Experiment weiterentwickelt werden könnte.

Es wird weiterer Diskussion bedürfen, um zu erörtern, wie den Forderungen entsprochen werden kann, das Bauhaus zu „provinzialisieren", es also weder zum stillschweigenden Maßstab der Architektur- und Designgeschichte, -theorie oder -praxis zu machen, noch als Modell und Ressource für die Zukunft zu begreifen, sondern als experimentelles pädagogisches Projekt neu zu denken und zu dezentralisieren. Dasselbe betrifft die Frage, wie neueste Forschungen Eingang in die neuen Museen finden können – und zwar sowohl wissenschaftliche und künstlerische Forschungsergebnisse zur Geschichte und Rezeption des Bauhauses, zum Beispiel zum Bauhaus als Teil einer multiplen Moderne, als auch Ergebnisse einer Aktionsforschung, die das Bauhaus weiterdenken will, etwa im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung einer radikalen architektonischen Praxis.

Alle drei Panels konnten sich darauf verständigen, das Jubiläum nicht als einen Endpunkt oder Endzweck zu begreifen, sondern vielmehr als Experimentierfeld, Labor und Lernraum. Vieles spricht dafür, dass die neuen Bauhaus-Museen in Auseinandersetzung mit dem Bauhaus als Schule und im Selbstverständnis einer lernenden Institution sowie in einer stärkeren Kontextualisierung der Objekte und Bauten neue Perspektiven auf ihre Sammlungen und neue Zugänge zum Bauhaus gewinnen bzw. schaffen können.

Dr. Andrea Bärnreuther
Wissenschaftliche Mitarbeiterin bauhaus100


Weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich auf der Homepage des Bauhaus-Archis unter http://bauhaus.de/de/jubilaeum/.

 


AsKI KULTUR lebendig 2/2018

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