20 Jahre Deutscher Kulturrat

Zur Feier des 20-jährigen Bestehens des Deutschen Kulturrats begrüßte Ende September 2001 der Vorsitzende Prof. Dr. Max Fuchs die Gäste in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und erläuterte den aufgrund der Terroranschläge vom 11. September, die man auf das Schärfste verurteilte, geänderten Ablauf des Abends.

Im Mittelpunkt stand die hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zum Thema "Kulturpolitik im Zeichen der Gewalt". Mit in der Runde: Staatsminister Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin (Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien), Staatsminister Dr. Christian Zöpel (Auswärtiges Amt), Minister Dr. Michael Vesper (Ministerium für Städtebau, Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen), Prof. Dr. Rita Süssmuth (Bundestagspräsidentin a.D.), Dr. Antje Vollmer (Bundestagsvizepräsidentin) unter der Moderation von Theo Geißler, dem Herausgeber der "neuen musikzeitung".

In seiner Einführung forderte Prof. Fuchs, Kunst und kulturelle Bildung müssten stärker als bisher dazu beitragen, Austausch und friedliches Zusammenleben zu fördern. Auswärtige Kulturpolitik bekomme damit eine ganz neue Dimension und Bedeutung. Den Berichten, ob in Wort oder Bild, komme eine besondere Verantwortung zu, als wahrhaftige Quellen frei von Fehlinformation oder vordergründiger Emotionalisierung. Die Künste seien kein Allheilmittel, sie könnten aber sensibilisieren und einen langfristigen Entwicklungsbeitrag zur friedlichen Koexistenz liefern.

Staatsminister Nida-Rümelin hob in seiner Ansprache die besonnene Haltung der US-Politik seit den perfiden Anschlägen nicht nur auf eine Stadt, sondern auf ein Symbol der gesamten zivilisierten Welt hervor. In seiner in drei Gedankenkomplexe gegliederten Ansprache fragte er zunächst danach, um welche Art von Erschütterung es sich handele. Katastrophen, bei denen Tausende von Menschen ihr Leben verlieren, seien wir "gewohnt". Diese Tat zeige, wie schutzlos unsere vermeintlich so gesicherte westliche Zivilisation sei. Dieses Sicherheitsgefühl werde sich wohl erst wieder in Jahrzehnten einstellen können. Im zweiten Gedankenkomplex beschäftigte Nida-Rümelin sich mit Aspekten der politischen Philosophie und den durch diese Tat neu geprägten Handlungsfeldern der Politik, die spätestens seit dem 11.September über Ländergrenzen hinweg zu sehen sein müssen. Schließlich skizzierte er die Zivilgesellschaft, die sich letztlich dadurch auszeichne, für Konfliktbewältigung geregelte Abläufe festzulegen, um Kompromissfähigkeit zu ringen, minimale Konsense, also Normen, letztlich Menschenrechte zu erlangen und zu sichern, die sowohl in der islamischen Kultur als auch in der religiösen Kultur der westlichen Welt verankert sind.

Mit diesen Überlegungen ging man in die Podiumsdiskussion. Nach Ansicht von Antje Vollmer sollte letztlich auch in der islamischen Welt eine Trennung von Kirche und Staat angestrebt werden, etwas, was auch schon die Europäer als zivilisatorischen Schritt für Europa angesehen hatten. Rita Süßmuth hielt genau den gegenwärtigen Zeitpunkt für den richtigen, um über Zuwanderung zu sprechen. Dies gelte auch für Künstler aller Sparten, wie Prof. Fuchs ergänzte, denn allein die Praxis der höheren Besteuerung stelle eine unnötige Barriere dar. Man war sich einig: Es gelte zwar die Möglichkeiten der Kultur und Kulturpolitik nicht zu überschätzen, aber neue Horizonte ins Auge fassen, das könne die Quintessenz aus den schrecklichen Ereignissen der jüngsten Zeit sein.

Prof. Fuchs dankte abschließend den Protagonisten: Prof. Siegfried Palm, Prof. Andreas Wiesand, Dorothea Fohrbeck und Eva Krings, wie allen Gründungsvätern/-müttern sowie den derzeitigen Aktiven: den zwei Stellvertretern Heinrich Bleicher-Nagelsmann und Dr. Georg Rappelt, sowie dem seit 1997 tätigen Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Er kündigte u. a. eine sich in Vorbereitung befindende engere Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission für das kommende Jahr an. Er verwies auf die Festschrift als informativen inhaltlichen Überblick über das Erreichte, über die Ziele und über diejenigen, die mithelfen, all das umzusetzen.

Der jährlich verliehene "Kulturgroschen des Deutschen Kulturrats" wurde auch in diesem Jahr ausgelobt. Die Namen der Empfänger reichen von Dr. Sieghardt von Köckritz (1992), der von 1994 bis 1996 Vorsitzender des AsKI war, bis zum diesjährigen Preisträger, Prof. Dr. Kurt Ganser. Sein Einsatz galt u.a. dem Erhalt des Emscher Parks im nördlichen Ruhrgebiet als Vereinigung von Baukultur, Stadterweiterung, Ökologie, Wissenschaft und sozialem Wandel. Im Falle Vockerode nahe Dessau in Sachsen-Anhalt hatte er sich ebenfalls große Verdienste erworben. Trotz aller Proteste und seines starken Engagements für dieses Industriekraftwerk und dessen Umnutzung erfolgte der Abriss. Prof. Ganser lehnte daraufhin eine Auszeichnung ab, was der Deutsche Kulturrat außerordentlich bedauerte, wofür man jedoch durchaus Verständnis habe.

Gerahmt wurde der Festakt vom 11-stimmigen Ensemble "Weltblech/World Brass" mit Musikern aus ganz Europa und Kanada, deren Repertoire von Henry Purcell über Charles Edward Ives bis John Maxwell Geddes reicht und für einen launigen Ausklang sorgte.

Sabine Jung

Dr. Sabine Jung ist Geschäftsführerin des AsKI

AsKI KULTURBERICHTE 3/2001

.

xxnoxx_zaehler