Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst, Hannover: Art Déco – Grafikdesign aus Paris

René Vincent, Plakat für Peugeot, 1928, Lithografie, Foto: © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Die als „Art Déco" bezeichnete Stilepoche begann etwa 1910 in Paris und reichte bis in die 1930er-Jahre. Neben einem prägenden Architektur- und Möbelstil brachte sie Innovationen und spektakuläre Bildfindungen im Grafikdesign hervor.

Die vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg konzipierte Ausstellung umfasst Plakate, wertvolle Drucke, Bücher, Modezeichnungen und Zeitschriften. Von den führenden Pariser Grafikern jener Zeit werden erstklassige Arbeiten ausgestellt, die das Pariser Lebensgefühl der 1920er-Jahre spiegeln, mit Vergnügen in Cabarets, Spelunken und Revuen und der dazugehörigen lockeren Moral. Unter den Stars dieser Epoche: die gelenkige, lachende Nachtclubtänzerin und Sängerin Josephine Baker.

Rückblickend nach der 1925 in Paris veranstalteten Weltausstellung der „Arts Décoratifs et Industriels Modernes" benannt, lässt der Begriff „Art déco" an elegant geschwungene Formen denken, an exquisite Möbel, kostbare Stoffe und raffinierte Kleider – eine opulente, luxuriöse Kunst für eine weltoffene, wohlhabende Elite.

Die Ausstellung widmet sich jedoch einem anderen Gebiet, das in dieser Epoche eine Blütezeit erlebt, dem des Grafikdesign. Hier kommt es zu vielen neuen Entwicklungen, sei es in der Schriftgestaltung, im Layout oder in der Illustration. Vor allem die verschiedenen Bereiche der Werbung können sich nach dem Ersten Weltkrieg wirklich entfalten: Plakate der Jahre 1920 bis 1930 gehören zu den charakteristischen Ausdrucksformen des Art Déco und gelten international als Höhepunkt der Plakatgeschichte. Daneben etablieren sich Anzeigen im Großformat als neue, dem Plakat ebenbürtige Form der Werbung. Sie werden von bekannten Künstlern entworfen und spiegeln die großen Themen der Zeit wieder: das Auto, das in den Jahren um 1930 in gestalterischer Hinsicht einen Höhepunkt erlebt, das französische Chanson, das in den zwanziger Jahren groß wird, die Haute Couture, die gleichzeitig in Paris entsteht, und nicht zuletzt das ausschweifende Nachtleben der französischen Hauptstadt. Da jede Zeitschrift eigene Zeichner beschäftigt, kommt es nicht selten vor, dass sich Anzeigen für dasselbe Produkt in den diversen Zeitschriften unterscheiden.

George Barbier, Der Tag und die Nacht, 1924, Tafel aus dem Almanach von ‘Falbalas et Fanfreluches‘, Pochoirdruck, Foto: © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Zu den führenden Plakatmalern – Plakate werden in Gouache oder Öl an der Staffelei entworfen und dann traditionell lithografisch gedruckt – gehören A. M. Cassandre, Charles Loupot, Jean Carlu und Paul Colin. Jeder von ihnen entwickelt einen charakteristischen, unverwechselbaren Stil. Während Cassandre und Loupet vor allem im Bereich der Produktwerbung tätig sind, bedient Jean Carlu die ganze Bandbreite vom politischen Plakat über die Produktwer­bung bis hin zum Theaterplakat. Paul Colin dagegen spezialisiert sich auf die Theater- und Cabaret-Bühnen der Stadt. Er porträtiert viele große Sängerinnen und Schauspieler der Zeit. Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist Colins Mappenwerk über die „Revue Negré", das Tanzensemble von Josephine Baker, die mehrfach in Paris gastiert und für die Colin auch Bühnenbilder und Kostüme entwirft.

Eine Pariser Besonderheit sind Pochoir-Drucke: Der Begriff meint eigentlich eine Drucktechnik, steht aber zugleich für ein ganzes Genre, nämlich die gehobene und elegante Illustration, die sich vor allem mit Mode und – dezenter – Erotik befasst. Wörtlich übersetzt heißt Pochoir Schablonendruck, doch dies sieht in der Praxis viel differenzierter aus: Zumeist handelt es sich um eine anspruchsvolle Mischung verschiedener Techniken mit einem variierenden Anteil Handarbeit, sodass sich die Drucke nicht für hohe Auflagen und günstige Preise eignen. Dennoch wird der Pochoir-Druck die erste Wahl, wenn es um Illustrationen der neuen Pariser Mode geht; eine Reihe hervorragender Zeichner wählt ihn als ihr Medium, allen voran Paul Iribe, George Lepape und André Èdouard Marty. Doch der Glanz dieses aufwendigen Verfahrens währt nur kurz: 1920 erscheint die erste Ausgabe der französischen „Vogue", die auf den teuren Pochoir-Druck verzichtet, bereits 1925 ist der Pochoir-Druck ein Auslaufmodell.

Annette Langhorst
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Museum Wilhelm Busch


Wilhelm Busch – Deutsches Museum
für Karikatur und Zeichenkunst
Art Déco – Grafikdesign aus Paris
21. September bis 17. November 2019
www.karikatur-museum.de

Katalog hg. von Sabine Schulze und Jürgen Döring, Edition Braus - Berlin, 128 Seiten,
ca. 150 Abb., Preis 24,95 €
ISBN 978-3-86228-1831

AsKI KULTUR lebendig 2/2019

 

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