Neue Mitglieder im AsKI: Die Villa Romana in Deutschlands auswärtiger Kulturpolitik

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Villa Romana, Florenz, © Foto: Karlheinz Krippenberg, Köln

Die Villa Romana in Florenz wird in der Anlage zu Artikel 3 des deutsch-italienischen Kulturabkommens vom 8. Februar 1956 aufgeführt, in der die Republik Italien diese von Zöllen und allen anderen Abgaben für Ausstattungsgegenstände, Lehr- und Studienmaterial sowie Material für wissenschaftliche Forschungen befreit.

Neben der Villa Romana werden u.a. folgende deutsche Kulturinstitute in Italien aufgeführt: Deutsches Archäologisches Institut, Rom; Deutsches Historisches Institut, Rom; Biblioteca Hertziana, Rom; Deutsches Kunsthistorisches Institut, Florenz; Villa Massimo, Rom.

Der Gesichtspunkt der Steuerfreiheit erscheint nach der Mitgliedschaft von Deutschland und Italien in der Europäischen Union nachrangig. Viel wichtiger ist, dass die Villa Romana zu jenen Kulturinstituten zählt, die „der gemeinsamen Sache der europäischen Kultur" dienen und durch die die kulturellen Tätigkeiten von Künstlern gefördert werden. Von nachhaltiger Bedeutung ist die damalige Einschätzung der Bonner Bundesregierung, die Villa Romana als identitätsstiftenden Bestandteil der auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands zu betrachten. An dieser Grundhaltung hat sich bis heute nichts geändert. Deshalb beteiligt sich die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien mit einem maßgeblichen Anteil am Unterhalt der Villa Romana. In dieses Erscheinungsbild fügt sich die Mitgliedschaft der Villa Romana im AsKI. Wie bei anderen AsKI-Mitgliedern existiert die Villa Romana aufgrund einer privaten Stiftung, die durch den Leipziger Künstler Max Klinger 1905 ermöglicht wurde. Durch die gegenwärtige staatliche Unterstützung für den laufenden Künstler- und Ausstellungsbetrieb wird jedoch kein Einfluss auf Charakter und Identität dieser privaten Stiftung genommen. Schon vor den Tagen von Prof. Dr. Hermann Herold, dem Vorsitzenden des Villa-Romana-Vereins 1944/45 und von 1949-1965, wurde der überwiegende Teil der Finanzierung der Villa Romana durch die Deutsche Bank AG gewährleistet - diese Förderung wird bis heute fortgesetzt.

Villa Romana-Direktor Joachim Burmeister, seit 1973 sowohl mit der Verwaltungs- als auch der künstlerischen Leitung betraut, sagte anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz 2002: „Klinger, Purrmann sind die Schutzheiligen unseres Künstlerhauses, sind Vorbild. Beide mussten Enteignungen und das Zerbrechen der Villa miterleben. Nichts liegt näher, als dass man sich um eine Kontinuität in zukünftigen Krisenzeiten kümmert, zu kümmern hat. Kontinuität heißt Wahrung aller Qualitäten der Villa: privates Künstlerhaus, mit einem sehr offenen Betrieb, kosmopolitisch offen auch hin zu Italien und anderen Ländern."

Vier Motive für Klingers Künstler-Stiftung

Max Klinger ließ sich beim Kauf der Villa Romana von vier Motiven leiten, die bis heute prägend sind für dieses deutsche Künstlerhaus in Florenz: eine Rückbesinnung auf antike Traditionen, auf eine christlich-religiöse Sinn- und Identitätssuche, auf Italiensehnsucht und Liebe zur Natur. Die Bedeutung der Antike für Klinger lässt sich an seinem Oeuvre festmachen: „Amor und Psyche", „Entführung des Prometheus" oder „Venus in der Muschel". Immer wieder sind es die antiken Körperdarstellungen, die Klinger faszinieren. Auch Hans Purrmann, künstlerischer Direktor der Villa Romana von 1935-1943, war von der Antike begeistert. Mit dieser Schwärmerei für die Antike ging bei Klinger eine Italiensehnsucht einher, die seit Goethe für viele Deutsche des 19. und frühen 20. Jahrhunderts typisch war. Diese Italiensehnsucht gründete zum einen in der Suche nach geschichtlichen Wurzeln wie dem Imperium Romanum; zum anderen verbanden sich dadurch Vorstellungen der italienischen Renaissance mit denen des deutschen Klassizismus und Historismus. Hans Purrmann, Selbstbildnis 1964, (Künstlerischer Direktor der Villa Romana 1935-43), handsignierte, nummerierte Farblithographie, © Foto: Andreas M. Rauch, Bonn/BerlinDaneben war Klingers geistige Haltung und sein künstlerisches Schaffen in einer christlich-religiösen Sinn- und Identitätssuche beheimatet. So sind in Klingers Werk seine lichtvoll-versöhnlichen Schöpfungen wie „Christus im Olymp" , Radierungen „Zum Thema Christus" oder seine Blätter „Rückkehr von der Bergpredigt" und „Abschied von Bethlehem" zu nennen. Klingers Oeuvre beinhaltet Versuche der Annäherung an die für den Menschen letztendliche Unbegreiflichkeit der Größe Jesu Christi in Leben, Tod und Auferstehung. Die christliche Dimension ist prägend für Italiens Renaissance, zu deren Zentren Florenz gehört. Ein viertes Motiv für den Kauf der Villa Romana bildete Klingers Liebe zur Natur, zu Landschaften im Allgemeinen und zur Toskana im Besonderen. Die Villa Romana liegt auf einem 15.000 qm großen Grundstück, in dem sich zahlreiche Bäume, ein kleiner Park mit toskanischer Gartengestaltung und ein Olivenhain befinden. Die großzügige Garten- und Parkanlage bildet für Künstler eine Inspirationsquelle für ihr Wirken

Klingers persönlicher Hintergrund

Diese vier Motive Klingers zum Kauf der Villa Romana ergänzen sich mit zwei Momenten persönlicher Art; Klinger war ein erfolgreicher Künstler, aber auch Sohn eines Seifenfabrikanten. Nach dem Tod seines Vaters war ein gewisses Engagement Klingers für die ererbte Fabrik und ihre Belegschaft notwendig, sodass er in Leipzig und nicht in Italien leben und arbeiten musste. Die Villa Romana, in der er selbst nur wenige Tage zu Gast war - unwillkürlich drängt sich mir hier Bayerns König Ludwig II. und Schloss Herrenchiemsee auf -, spiegelt seine seelische Not und seine phantastischen Sehnsüchte wider. Allerdings war Klinger im Unterschied zu Ludwig II. Ökonom und Realist. Hermann Herold porträtiert von H. Tiemann, © Foto: Andreas M. Rauch, Bonn/BerlinEin weiteres Moment für Klingers Erwerb der Villa Romana bestand darin, dass sie ein Fenster für sein Werk sein sollte. Zu diesem Zweck existierte vor dem II. Weltkrieg eine umfangreiche Sammlung von Klingers druckgraphischem Werk. Hierzu zählte auch eine Bibliothek mit wertvollen bibliographischen Büchern des 19. und 20. Jahrhunderts aus der deutschen Kunst- und Literaturgeschichte. Doch in den Wirren der Kriegsjahre und der Not der Nachkriegszeit gingen Bücher und Graphiken - auch Purrmanns Antiken-Sammlung - größtenteils verloren oder wurden verkauft; nur Einzelstücke blieben im Nachlass von Prof. Herold erhalten. Joachim Burmeister, Künstlerischer Direktor der Villa Romana mit einem Bronzekopf des ehemaligen Villa Romana-Vorsitzenden Prof. Dr. Hermann Herold, © Foto: Andreas M. Rauch, Bonn/BerlinHeute stellt sich die Villa Romana dar als ein Künstlerhaus mit Preisträgern und Gastkünstlern sowie mit einem breit gefächerten künstlerischen und kulturpolitischen Netzwerk in Deutschland und Italien. Die Villa Romana nimmt jedes Jahr ihre „Pflichten" gegenüber ihrem Publikum wahr: 4 Preisträger des ältesten deutschen Kunstpreises - 2004 sind das Jörg Wagner (*1967), Monika Kapfer (*1970), Christian Schwarzwald (*1971) und Ralf Brück (*1966) und als Gastkünstlerin für 3 Monate im Atelier Limoneia Christina Wolter (*1968); hinzu kommen 8-10 Gastkünstler aus aller Welt; 5 Ausstellungen mit je ca. 200 Vernissage-Besuchern; 50-100 übernachtende Gäste aus Kultur und Kunst; Besuchergruppen von Akademien, Schulen, Museen sowie Tagungen, Künstlerbücher und jährliche Katalogveröffentlichungen. Das heißt, die Villa Romana hat das Leben vieler mitgeprägt, schon sichtbar an den in Italien wohnenden Künstlern: Baselitz, Lüpertz, Hermann Albert, Krion, Heider .. Die Villa Romana - ein Aushängeschild der deutschen auswärtigen Kulturpolitik. 

Prof. e.h. Dr. Andreas M. Rauch
ehrenamtlicher Vertreter der Villa Romana

 

AsKI KULTURBERICHTE 3/2003

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