Deutsches Hygiene-Museum, Dresden: Bottom-up- und Top-down - Nachhaltigkeitsprozesse

Deutsches Hygiene-Museum Dresden, © Oliver Killig

Engagement für Kultur

Seit 2022 wird Nachhaltigkeit im Deutschen Hygiene-Museum als ein Chancen-Prozess verstanden. In einem ersten Schritt wurde die Dresdner Charta für Nachhaltig-
keit im Kultursektor der Landeshauptstadt Dresden unterschrieben und damit eine Selbstverpflichtung zu Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz eingegangen. Das Hygiene-Museum bekennt sich darin dazu, den CO2--Ausstoß des eigenen Betriebs zu reduzieren und Perspektiven für eine klimagerechte Zukunft zu entwickeln.

Intern wurde ein zweigleisiger Bottom-Up- und Top-Down-Prozess aufgesetzt. Dieser nach Beratung durch das Institut für Zukunftsstrategie entwickelte Fahrplan für die nächsten Jahre sah zu Beginn einen für alle Kolleginnen und Kollegen verpflichtenden Kick-off-Termin vor. In fünf AGs zu den Themen Grüne Mobilität, Greening up Haus und Hof, Essen und Trinken, ressourcenschonendes Arbeiten sowie Recycling und Wiederverwendung wurde zusammengetragen, was in den letzten Jahren bereits erreicht wurde und welche weiteren Wünsche und Ideen die Kolleginnen und Kollegen in Bezug auf Nachhaltigkeit haben. Die Ergebnisse wurden mittels einer Wesentlichkeitsanalyse in einen priorisierten Maßnahmenkatalog überführt, dessen Umsetzung eine AG Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren koordinieren wird. Vieles konnte bereits umgesetzt werden – das reicht von größeren Maßnahmen wie der fast durchgängigen Produktion klimaneutraler Drucksachen bis hin zu der Tatsache, dass in der Teeküche Fair-Trade Kaffee einer lokalen Rösterei und Bio-Milch verwendet werden.

Auf Hochbeeten vor dem Deutschen Hygiene-Museum wachsen heimische Wildpflanzen, die von Mitarbeitenden des Umweltzentrums Dresden betreut werden. © Oliver Killig

Aber der interne Prozess legte auch einen Zielkonflikt offen: Wie kann zum Beispiel die Qualität und Popularität der szenografisch sehr aufwendig gestalteten Ausstellungen, für die das DHMD bekannt ist, erhalten und gleichzeitig nachhaltiger werden? Eine Antwort liegt in den Möglichkeiten einer Kreislaufwirtschaft im Ausstellungsbau: Architekturelemente, Vitrinen und Wandmodule sollen verstärkt nachgenutzt werden; das gleiche gilt für die Wiederverwendung von Hardware. Dazu wurde ein Bestand an modularen, wiederzuverwendenden Bauteilen, standardisierten Vitrinenmaßen und Wandmodulen aufgebaut, für den neue Lagerflächen außerhalb des Museums gefunden wurden. Neu eingeführt wurde eine Datenbank, die alle verfügbaren Module bündelt und von zukünftigen Ausstellungsarchitektinnen und -architekten genutzt werden kann. Nachhaltigkeit wird jetzt auch als Kriterium bei Ausschreibungen für Gestalterinnen und Gestalter gefordert.

Im Museumsgarten schauen Kinder im Rahmen des Ferienprogramms einem Imker über die Schulter. © Oliver Killig

Eine besondere Herausforderung stellt der Museumsbetrieb und das denkmalgeschützte Gebäude von 1930 mit seinen über 3.000 qm Ausstellungsfläche dar. 2022 wurde die bereits teilweise erfolgte Umstellung auf LED-Beleuchtung fortgesetzt, Bewegungsmelder zur Beleuchtungsabschaltung eingebaut und in einem Modellprojekt eine Klimavitrine für sensible Objekte entwickelt, die eine Klimatisierung ganzer Säle überflüssig macht. Um der drohenden Gasmangellage zu begegnen, die infolge des Ukrainekriegs entstanden war, hat das Museum seine relevanten Klimaparameter 2022/23 entsprechend den aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Museumsbundes stellenweise angepasst und konnte seinen Energieverbrauch damit um rund 20 % reduzieren.

Der nächste große Schritt wird die Durchführung einer CO 2 -Bilanzierung für das Jahr 2022 sein, die für das gesamte Museum Scope 1, 2 und 3 erfasst. Mit Unterstützung durch das Amt für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden werden die Umweltwirkungen des Museums erfasst werden, um auf dieser Grundlage noch gezielter Maßnahmen umsetzen zu können.

Auf Hochbeeten vor dem Deutschen Hygiene-Museum wachsen heimische Wildpflanzen, die von Mitarbeitenden des Umweltzentrums Dresden betreut werden. © Oliver Killig

Einen Schwerpunkt im Nachhaltigkeitsprozess bilden ökologische Aspekte rund um das architektonisch eindrucksvolle Gebäude: Im bestehenden Museumsgarten mit seinen über 200 Staudenpflanzen, setzt sich eine engagierte Hobby-Imkerin für eine ökologisch nachhaltige Wildbienenzucht ein. Ein ökologisches Großprojekt ist die Begrünung des circa 3.000 qm großen Innenhofs. Die versiegelten und mit Schotter ausgelegten Flächen des Innenhofs heizen sich im Sommer sehr stark auf, der Untergrund ist trocken, strukturlos und nahezu unbelebt. Durch die Entsiegelung und Begrünung dieser Flächen möchte das DHMD einen Beitrag zur Stadtökologie leisten und die Aufenthaltsqualität des Museumsbesuchs deutlich verbessern. Für die Umsetzung konnten Mittel der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eingeworben werden. Nach einer fachlich ökologischen Beratung durch die TU Dresden und eine naturnahe Landschaftsgärtnerin, liegen nun erste Ideen für eine Gartengestaltung vor, die in den nächsten zwei Jahren den kargen Innenhof in eine grüne Wildnis verwandeln wird. Auch in seinen programmatischen Bereichen versteht sich das DHMD als ein diskursiver Nachhaltigkeitsakteur, der sich mit regionalen und überregionalen Kooperationspartnerinstitutionen vernetzt. Im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung werden Projekte und partizipative Angebote zu Klima- und Umweltschutz für Schulklassen angeboten, bei denen auch die Möglichkeiten des Museumsgartens genutzt werden. Im Veranstaltungsprogramm spielen Nachhaltigkeitsthemen ebenfalls eine Rolle, etwa wenn mit der Stadtgesellschaft über Fragen wie „Ist Nachhaltigkeit nur etwas für Reiche?" diskutiert wird. Und auch bei der Verschlagwortung von Sammlungsobjekt werden inzwischen Begriffe wie Recycling oder Veganismus eingeführt, um das Thema Nachhaltigkeit auffindbar zu machen.

 

Anja Sommer
Stabsstelle Kooperationen, Deutsches Hygiene-Museum

AsKI kultur leben 2/2023

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