Beethoven-Haus Bonn: Mein Lieblingsobjekt

Ludwig van Beethoven, Elfenbeinminiatur von Christian Hornemann, Wien, 1802 © Beethoven-Haus Bonn

Beethoven-Porträt von Christian Hornemann

Ein junger Mann blickt den Betrachter mit wachen Augen, höflich-interessiertem Blick und offenem Gesicht an. Ein leichter Bartschatten liegt über seinen glatt-rasierten Wangen. Die Haare trägt er als Tituskopf, dem antikisierenden Haarschnitt, der um 1800 besonders im revolutionären Frankreich en vogue war. Seine Kleidung ist modisch und akkurat, ein eleganter dunkelblauer Rock mit Messingknöpfen, darunter ein weißes Hemd und ein sorgfältig gebundenes Halstuch. Der selbstbewusste, elegante junge Mann auf einer Miniatur, die der dänische Porträtist Christian Hornemann (1765 – 1844) 1802 anfertigte, ist Ludwig van Beethoven. Zeitgenossen berichten, Beethovens Mienenspiel sei sehr lebendig und seine Augen klein, aber sehr lebhaft gewesen. Hornemann gelang es mit subtilen künstlerischen Mitteln, diesen lebendigen und wachen Blick einzufangen. Wie in der Zeit üblich, ist die Miniatur auf einer hauchdünnen Elfenbeinscheibe aufgemalt, da das Material die Gestaltung eines möglichst realistischen Hauttons unterstützte.

Mir gefällt diese Darstellung nicht nur wegen ihrer künstlerischen Qualität besonders gut, sondern vor allem, weil sie uns ein Beethoven-Bild liefert, das nicht dem vorherrschenden Klischee des misanthropischen Titanen mit dem gestressten Zug um die Mundwinkel entspricht, sondern genau das Gegenteil zeigt. Der junge Mann, den Hornemann malt, ist weder wüst noch verwahrlost, sondern gepflegt und nach der neuesten Mode hergerichtet. Er ist angepasst genug, um ein sicheres Auskommen zu haben, aber auch selbstbewusst ob seines Erfolgs. „meine Komposizionen tragen mir viel ein, und ich kann sagen, daß ich mehr Bestellungen habe, als es fast möglich ist, daß ich machen kann. auch habe ich auf jede Sache 6, 7 Verleger und noch mehr, wenn ich mir's angelegen sein lassen will, man accordirt nicht mehr mit mir, ich fodere und man zahlt, du siehst, daß es eine hübsche Lage ist", hatte er im Juni 1801 stolz seinem Freund Franz Gerhard Wegeler in Bonn berichtet. 1802 ist Beethoven ein gemachter Mann, er hat es geschafft, in Wien, einer der Musikmetropolen Europas, sein Glück zu machen. Er ist weder weltabgewandt noch aufbegehrend, sondern neugierig und smart. Das Bildnis genoss offensichtlich auch Beethovens Zustimmung, denn er schickte es Anfang November 1804 seinem Freund Stephan von Breuning als Zeichen der Versöhnung nach einem großen Streit:

„Hinter diesem Gemählde mein guter lieber St. sey auf ewig verborgen, was eine Zeitlang zwischen unß vorgegangen [...] mein Portrait war dir schon lange bestimmt, du weißt es ja, daß ich es immer jemand bestimmt hatte, wem könnte ich es wohl mit dem wärmsten Herzen geben als dir treuer, guter, edler Steffen [...]".

Stephan von Breuning war nicht der einzige Freund, der mit einem eigenen Bildnis bedacht wurde. Beethoven verschenkte oft Bildnisse von sich als Zeichen der Freundschaft und Zuneigung, bisweilen auch mit handschriftlichen Widmungen versehen. Normalerweise handelte es sich aber um Stiche – als berühmter Komponist wurde Beethoven mehrfach porträtiert, weil sein Konterfei sich offenbar im Musikalienhandel gut verkaufte. Die Miniatur blieb im Besitz der Familie Breuning. Ins Beethoven-Haus kam sie 1956 mit dem Nachlass des Schweizer Beethoven-Sammlers Hans Conrad Bodmer, der sie zu einem unbekannten Zeitpunkt (wohl in den 1920er- oder 1930er-Jahren) erworben hat. Sie wird im Erdgeschoss des Beethoven-Hauses mit den zahlreichen übrigen authentischen Darstellungen des Komponisten ausgestellt, die das Beethoven-Haus sein Eigen nennt.

Dr. Julia Ronge
Kustos der Sammlungen im Beethoven-Haus Bonn

AsKI kultur leben 2/2023

.

xxnoxx_zaehler