Grußwort - Prof. Dr. Hermann Schäfer, Ministerialdirektor beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Sehr geehrter Herr Professor Leibinger,
sehr geehrter Herr Professor Hansen,
lieber Herr Professor Späth,
liebe Mitglieder des AsKI,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

Prof. Dr. Hermann Schäfer, Foto: Ekko von Schwichow, Berlin zum zehnten Mal wird heute die Maecenas-Ehrung des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute verliehen. Ich begrüße darum allen voran den heutigen Preisträger, Herrn Professor Leibinger.

 

Sie mögen es mir nachsehen, verehrter Herr Leibinger, dass ich zu Ihrer Person und Ihrem Wirken an dieser Stelle nichts sage. Einem so glänzenden Redner wie dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg - der mit Ihnen auch noch ein "Landeskind" ehren darf - möchte ich nicht vorgreifen.

 

Nur so viel erlauben Sie mir bitte zu Herrn Leibinger zu sagen: Ich war selbst einmal über Jahre Mitglied in einer anderen Jury, die ebenfalls Professor Leibinger - wie ich hinzufügen darf: selbstverständlich - als Preisträger ausgewählt hat. Es ging damals unter dem Motto "Gegen Mutlosigkeit und Mittelmaß" darum, Persönlichkeiten aus dem Wirtschaftsleben auszuzeichnen, die sich um unser Gemeinwesen auf besondere Weise verdient gemacht haben. Es freut mich, dass Sie in diesem Sinne weiterhin aktiv sind!

 

Und ich begrüße einen weiteren "Ehrengast". Zum ersten Mal ist der Namensgeber dieser mittlerweile hoch angesehenen Auszeichnung selbst anwesend: Wir sehen hier ein Abbild des Maecenas, so wie seinerzeit die römischen Imperatoren in Gestalt ihrer Selbst-Bildnisse allgegenwärtig waren.

 

Der AsKI hat gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eine Marmorkopie des Bildniskopfes des Maecenas in Italien anfertigen lassen. Der Plan, diesen Abguss zu fertigen, konnte in der - für italienische, aber selbst für deutsche Verhältnisse - sensationellen Zeit von weniger als sechs Monaten realisiert werden. Und das verdanken wir zu einem großen Teil dem ehemaligen Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. Sie, lieber Herr Professor Andreae, haben im Jahr 2006 in Arezzo einen lange bekannten Bildniskopf als ein Abbild des Augustus-Freundes Gaius Cilnius Maecenas identifiziert. Dies muss ein ganz besonderer Augenblick für Sie gewesen sein! Und auch um das Maecenas-Projekt des AsKI haben Sie sich in außerordentlich engagierter Weise persönlich gekümmert. Ich darf Ihnen auch im Namen von Herrn Staatsminister Neumann sehr herzlich für Ihre selbstlose Unterstützung des Vorhabens danken. Ohne Ihren guten Namen wären wir in Italien möglicherweise nicht weit gekommen. Und so sehen wir nun den Abguss der Büste - zu Ehren des Maecenas und unserer Mäzene. Das Original war im vergangenen Jahr übrigens in der Villa Massimo in Rom und anschließend hier ganz in der Nähe zu sehen: Im Frühjahr präsentierte sich die Akademie mit den Arbeiten der Stipendiaten 2006 im Martin-Gropius-Bau.

 

Da die Maecenas-Ehrung bislang alle zwei Jahre verliehen wird, der Kopf aber viel zu schade dafür ist, in einem Depot zu verstauben, fand sich für die Zeit zwischen den Verleihungen eine noble Adresse. Der Herr Bundespräsident wird Maecenas im Schloss Bellevue für die Zeit zwischen den Verleihungen in seinem Amtszimmer Unterschlupf gewähren - eine schöne und symbolträchtige Geste.

 

Als Historiker darf ich nun noch einige Sätze zu der Auszeichnung als solcher sagen. Werfen Sie mit mir einen kurzen Blick auf die Gestalt des Maecenas, des Mannes, der einem bestimmten Typus sozialen Verhaltens seinen Namen gegeben hat. Was wir von Maecenas wissen, ist wenig genug. Wichtig ist, dass er als enger Vertrauter und Freund des Kaisers Augustus eine Blütezeit römischer Kunst und Kultur mitgestaltet hat. Er war dabei mehr als ein reicher Kunstliebhaber, wie es sie zu allen Zeiten gegeben hat. Wir wissen, wie und mit welchen bildlichen Mitteln Augustus und seine Berater Propaganda und Politik betrieben haben und wie die Bildkünste für die staats-, gesellschafts- und kulturpolitischen Ziele eingespannt wurden. Dies war nicht Maecenas' Art. Er förderte, unabhängig von politischem Kalkül, vor allem Dichter und Denker wie Horaz und Vergil. Maecenas unterstützte junge Autoren mit Potenzial. Er tat dies auf eigene Verantwortung und auf eigene Kosten. Dies ist die Freiheit der Mäzene - auch heute noch.

 

Und diese Art der persönlichen Kulturförderung kann durch kein noch so großzügiges und natürlich hochwillkommenes finanzielles Engagement einer Institution ersetzt werden. Eine Institution kann segensreich fördern, aber nicht eigentlich mäzenatisch, denn Mäzene sind Individuen, die ihre ganz persönliche Entscheidung treffen, auch abseits eines Mainstreams oder des Zeitgeistes.

 

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir im Angesichte des Maecenas aber dennoch die Frage, ob es denn legitim ist, diejenigen, die der AsKI in den vergangenen 20 Jahren durch seine Ehrung ausgezeichnet hat, mit dem vom antiken Urbild abgeleiteten "Gattungsnamen" als Mäzen zu bezeichnen? Ja und nein. Gerade weil der historische Maecenas als Persönlichkeit nur schwer zu greifen ist, gab es seit der Renaissance eine Maecenas-Rezeption. Das Bild des Maecenas als eines idealistischen und selbstlosen Gönners ist wesentlich auch ein Produkt dieser Rezeption der letzten 300, 400 Jahre.

 

Dieses Ideal-Bild mag durchaus eine Fiktion sein. Selbstloses - im Sinne Kants gewissermaßen "interessenloses" - Gönnertum hat es im Rom der beginnenden Kaiserzeit ebenso wenig gegeben wie in der Zeit des Absolutismus oder der Blütezeit des Kapitalismus im 19. Jahrhundert. Mäzenatentum setzt Interesse voraus. Dieses Interesse kann vielerlei Gestalt annehmen und ist auch nur im Kontext der jeweiligen historischen Bedingungen zu verstehen. Nicht wenige Mäzene haben einfach ein ganz persönliches Interesse an der Arbeit eines Künstlers, der Arbeit einer bestimmten Kultureinrichtung oder der Realisierung eines Projektes. Dahinter steht letztlich auch ein Interesse an der Stabilisierung und der positiven Entwicklung unseres Gemeinwesens. Der Bürger wird durch Interesse, Anteilnahme und Engagement - auch finanzielles Engagement - zum Staatsbürger.

 

"Mäzene sind heute nicht vor allem und ausschließlich wohlhabende Bürgerinnen und Bürger, sondern begeisterte und engagierte Bürgerinnen und Bürger", heißt es in einer Festschrift zu Ehren eines der früheren Träger der Maecenas-Ehrung, des Ehepaares Braun. Solche Mäzene braucht die bürgerliche Kultur, oder besser: die Kultur einer Bürgergesellschaft! Wenn dann das eine mit dem anderen zusammentrifft, das heißt,wenn sich die Begeisterung für Kunst und Kultur mit einem gewissen Vermögen verbindet, dann sind nicht nur diejenigen glücklich zu schätzen, die von beidem profitieren, sondern dann ist dies immer wieder ein Glücksfall für unsere Gesellschaft. Wir alle profitieren davon und freuen uns darüber. Mit der Maecenas-Ehrung sagen wir dem Engagement unserer Gönner im Namen aller Bürgerinnen und Bürger aufrichtig Dank.

 

Die diesjährige Entscheidung der Jury halte ich für eine glückliche Entscheidung und gratuliere Ihnen, sehr geehrter Herr Professor Leibinger, sehr herzlich zu der Auszeichnung.

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