"Zwischen Reliquienkult und Reizüberflutung"

Tagung der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten

Vom 19. bis 21. November 2001 fand im Literarischen Colloquium Berlin die von der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten (ALG) ausgerichtete Tagung "Zwischen Reliquienkult und Reizüberflutung" statt. In verschiedenen Vorträgen erörtert wurden die Fragen, wie und ob sich Literatur überhaupt ausstellen lässt, worauf die Ausstellung abzielen soll, wie man "Publikumserfolg" erzielt und welche Konzepte so tragfähig sind, dass sowohl Ausstellungsmacher als auch Besucher mit dem Ergebnis zufrieden sind. Ein Anliegen der ALG war es dabei, Anregungen zur Neugestaltung von Dauerausstellungen zu geben.

Zunächst wurden die allgemeinen Bedingungen von Literaturausstellungen erörtert. Prof. Dr. Bernhard Graf (Institut für Museumskunde, Berlin) referierte überblicksartig den aktuellen Stand der Museumsentwicklung in Deutschland. Prof. Dr. Hans Wilderotter (FH für Technik und Wirtschaft Berlin, Museumskunde) verdeutlichte allgemeine Probleme und besondere Bedingungen bei der Planung von Literaturausstellungen. Für die Erstellung eines "Drehbuches" plädierte Dr. Hans Wißkirchen (Buddenbrookhaus, Lübeck), der befand, dass man nur mit einer wissenschaftlichen Grundlage eine Ausstellung erfolgreich konzipieren könne.

Unterschiedlich gestaltete Ausstellungen wurden am zweiten Tagungstag vorgestellt. Dr. Walter Gödden und Robert Ward (wissenschaftlicher Leiter bzw. Designer/Gestalter, Westfälisches Literaturmuseum, Haus Nottbeck) berichteten von ihren Erfahrungen beim Umbau eines alten Rittergutes in ein Museum für westfälische Literatur. Wie eine Ausstellung unter besonderen räumlichen und sicherheitstechnischen Bedingungen entsteht, erzählten Irene Stratenwerth und Dr. Chana Schütz - beide entwickelten im Centrum Judaicum Berlin die Ausstellung zu Jakob van Hoddis.

Cornelia Nenz (Fritz-Reuter-Literaturmuseum, Stavenhagen) führte vor, wie eine zu DDR-Zeiten konzipierte ständige Ausstellung den veränderten Besucherinteressen und neuen Ausstellungskonzepten angepasst werden kann. Oliver Heilwagen (Journalist) polemisierte das Ausstellen von Literatur aus der Warte des Besuchers: über die Unmöglichkeit, Literatur angemessen auszustellen. Der Besuch der neuen Dauerausstellung im Kleist-Museum in Frankfurt/Oder bot den Tagungsteilnehmern die Gelegenheit zur praktischen Auseinandersetzung. Im Gegensatz zu den lobenden Rezensionen der Presse beurteilten die Fachleute die Umsetzung des Ausstellungskonzeptes anders und diskutierten kontrovers mit Museumsfachmann Wolfgang Barthel.

Am letzten Tag der Tagung stellte Claudia Lemhoefer (Public Relations / Medienarbeit) unter dem Titel "Gewusst wie - Auch Literaturmuseen gewinnen durch Beziehungsmarketing" einige Aspekte des Kultursponsorings, der Öffentlichkeitsarbeit und der Mitteleinwerbung vor. Während der Podiumsdiskussion mit Heidemarie Vahl (Heinrich-Heine-Institut), Dr. Heike Gfrereis (Schiller-Nationalmuseum), Oskar Geidner (Wolfram-von-Eschenbach-Museum) und Prof. Dr. Christoph Perels (Frankfurter Goethe-Museum) wurde vor allem nochmals die Frage aufgegriffen, wie mehr Besucher für Literaturausstellungen zu begeistern sind und was zu tun ist, um sie zum Verweilen zu animieren.

Die Tagung bot ein ideales Forum für große Häuser und kleine Institute, ihre Profile zu schärfen und sich zu vernetzen.

Michael Rölcke,
 Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten (ALG)
Dr. Sabine Jung,
Geschäftsführerin des AsKI e.V.

AsKI KULTURBERICHTE 1/2002

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