Von "Schillers Helden" bis zum Ideenwettbewerb

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Christian Xeller (nach Anton Graff), Portrait Friedrich Schiller, 1. Hälfte 19. Jahrhundert, © Foto: Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen

Im Jubiläumsjahr wird die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen den Dichter als Dramatiker zeigen

Ausstellungen

"Schillers Helden heute" stehen im Zentrum einer Jubiläumsschau, mit der die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen ab 9. Mai 2005 an den 200. Todestag Friedrich Schillers erinnern wird. Die Ausstellung im Weimarer Schiller-Museum thematisiert die Auseinandersetzung mit den großen Dramen des Dichters im Theater und in der Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts.

Am Beispiel von sieben Bühnenwerken - "Die Räuber", "Fiesko", "Don Karlos", "Wallenstein", "Maria Stuart", "Die Jungfrau von Orleans" und "Wilhelm Tell" - soll sowohl Schillers Reaktion auf die Zeitenwende um 1800 als auch die Deutung seiner Helden in einer nach neuen Orientierungen suchenden Gegenwart anschaulich werden.

Mit rund 650 Exponaten - Handschriften Schillers, zeitgenössischen Dokumenten und Bildern, Bühnendekorationen, Fotos, Videos und Filmausschnitten - wird die Ausstellung der Frage nachgehen, was die Dramenstoffe des Dichters, seine Helden und ihre Gegenspieler für jede Generation aufs Neue aktuell macht. Jeweils ausgehend von der Entstehungsgeschichte der einzelnen Werke, Schillers Quellen und den Zeitereignissen werden Inszenierungen aufgegriffen, die das Stück konsequent im Kontext gegenwärtigen Geschehens zeigen: Hansgünther Heymes Kölner "Wallenstein"-Inszenierung von 1968/69 beispielsweise, die vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges entstand, oder Claus Peymanns "Tell". Zum 200. Jahrestag der Französischen Revolution auf den Spielplan gesetzt, wurde die Zwingburg Uri unter dem Eindruck der politischen Entwicklungen des Jahres 1989 von der Bastille zur Mauer in Berlin. Andrea Breth sah 2004 in ihrem "Don Karlos" am Wiener Burgtheater in Philipp II. einen einsamen Bürokraten, der, eingeschlossen in ein Labyrinth von trennenden Glaswänden, kalt und beziehungslos an der Spitze einer im kafkaesken Sinne perfekt arbeitenden Behörde steht.

Die Ausstellung "Die Wahrheit hält Gericht - Schillers Helden heute" wird mit 250.000 Euro durch die Kulturstiftung des Bundes sowie mit 50.000 Euro vom Land Thüringen gefördert. Sie ist bis 10. Oktober 2005 in Weimar zu sehen und geht anschließend ins Schiller-Nationalmuseum nach Marbach (10. November 2005 bis 17. April 2006).

Einblicke in ein einzigartiges Zeugnis der Literaturgeschichte bietet eine Ausstellung zum Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, die unter dem Titel "Glückliches Ereignis" vom 12.-21. Mai 2005 im Goethe- und Schiller-Archiv zu sehen ist. Aus dem Fundus von 1015 überlieferten Briefen aus den Jahren 1794 bis 1805 bietet das Weimarer Archiv eine Auswahl von ca. 50 Autographen, die die Vielfalt des Austausches zwischen den beiden Dichtern vom literarischen Schaffen bis hin zum familiären Ereignis dokumentiert. Aufschlussreich ist vor allem die gegenseitige Anteilnahme am Werk des anderen. Fragen des eigenen künstlerischen Schaffens werden diskutiert, Manuskripte ausgetauscht und entstehende Dichtungen, darunter der "Wallenstein", "Wilhelm Tell", "Wilhelm Meisters Lehrjahre" und der "Faust" kritisch durchgesehen. Dem mehrfachen Drängen Schillers ist es beispielsweise zu verdanken, dass sich Goethe um 1797 zur Wiederaufnahme seiner Arbeit am "Faust" entschloss. Neben den originalen Briefen präsentiert die Ausstellung "Glückliches Ereignis" auch Werkmanuskripte und persönliche Dokumente.

Im Schiller-Museum in Bauerbach, wo der Dichter unter dem Pseudonym eines Dr. Ritter vom Dezember 1782 bis zum Juli 1783 im Gutshaus der Henriette von Wolzogen Asyl fand, wird die Stiftung ab Mai 2005 eine Sonderausstellung zu "Schillers Flucht von Stuttgart nach Bauerbach" zeigen. Der Dreiundzwanzigjährige hatte Württemberg verlassen, nachdem ihm Herzog Carl Eugen bei Strafe von Festungshaft das Schreiben verboten hatte. In Bauerbach entstanden u.a. "Kabale und Liebe" und erste Entwürfe zum "Don Karlos".

Wissenschaftliche Tagungen

Mit Schillers Bedeutung als Dichter und Autor philosophischer, ästhetischer und historischer Schriften setzt sich die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen in wissenschaftlichen Tagungen auseinander. Um Buch, kulturelles Erbe und nationale Identität geht es vom 9.-11. März 2005 in einer Tagung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Unter Berufung auf Schiller - "Das ist nicht des Deutschen Größe / Obzusiegen mit dem Schwert" - soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle das deutsche Buch für die nationale Identität und die Bewahrung des kulturellen Erbes heute spielt.

Der unterschätzte Theoretiker Schiller steht vom 23.-25. Juni 2005 im Zentrum eines Symposiums, das in Zusammenarbeit mit der Universität Gesamthochschule Siegen vorbereitet wird. Vor dem Hintergrund aktueller kulturwissenschaftlicher Diskurse sollen die innovativen Beiträge Schillers zur Herausbildung einer modernen Kunstphilosophie und Ästhetik kritisch betrachtet werden.

Veranstaltungen, Gesprächsrunden und Lesungen

Die Jubiläumsschau "Die Wahrheit hält Gericht - Schillers Helden heute" wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm mit Podiumsdiskussionen zum Thema "Schiller im Theater der Gegenwart", Vorträgen und Lesungen begleitet. Im Juni 2005 werden unter der Leitung des Theaterwissenschaftlers Henning Rischbieter die Regisseure Hansgünther Heyme, Alexander Lang und Christoph Schroth über ihre Schiller-Inszenierungen debattieren. Gäste in einer Lese- und Vortragsreihe, die sich mit Schillers Auffassung vom Theater als moralischer Anstalt sowie dem Verhältnis von Ideal und Wirklichkeit auseinander setzt, sind u.a. Alexander Lang, Hansgünther Heyme, der Dramaturg Hermann Beil und der Schriftsteller Rolf Hochhuth. Vorgesehen sind außerdem Lesungen von Philosophen und Autoren, Filmvor führungen sowie eine "Schiller-Nacht" mit Aufführungen und Lesungen.

Zur Spurensuche in den Werken Friedrich Schillers sind im Jubiläumsjahr Schüler aufgerufen. In einem Wettbewerb werden Erklärungen und Bilder zu Sprichwörtern gesucht, die auf den Dichter zurückgehen. Außerdem sind Ideen gefragt zu einem Post- und Reisespiel, das sich Schillers Sohn Ernst ausgedacht hat. Da die Spielregeln nicht überliefert sind, werden Vorschläge gesucht, wie man dieses Spiel heute spielen könnte. Die besten Einsendungen (Einsendeschluss: 20. April 2005) werden vom 22. Juni bis 31. August 2005 im Schiller-Museum ausgestellt.


Zu den beiden Ausstellungen in Weimar und Marbach und ihrem Begleitprogramm gibt es eine Homepage mit der Adresse www.schiller-weimar-marbach.de
Eine bundesweite Website, die mit Bundesmitteln von Kulturstaatsministerin Christina Weiss gefördert wird, informiert über Aufführungen, Veranstaltungen und Ausstellungen zu Schiller in Deutschland unter www.schillerjahr2005.de

 

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