Stiftung Schloss Friedenstein Gotha / Staatliches Museum für bildende Künste A. S. Puschkin, Moskau : Cranachs Familie zwischen Renaissance und Manierismus

Das Staatliche Museum für bildende Künste A. S. Puschkin in Moskau zeigt rund 50 hochkarätige Gemälde und zahlreiche Grafiken in Kooperation mit der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha, die sich mit insgesamt 26 Werken an der Ausstellung beteiligt. Die umfangreiche Schau erlaubt es, anhand von zentralen Werken einen repräsentativen Überblick über die Kunst Cranachs zu verschaffen.

Lucas Cranach d. Ä., Venus und Amor, 1509, Staatliche Eremitage, St. Petersburg, Plakat der Ausstellung in MoskauLucas Cranach der Ältere, der zu den wichtigsten deutschen Renaissancekünstlern gezählt werden darf, wurde im Jahr 1505 zum kursächsischen Hofmaler ernannt und nach Wittenberg berufen. Das Aufgabenspektrum eines Hofkünstlers im 16. Jahrhundert war äußerst breit gefächert und reichte von der Porträtmalerei über die Ausstattung von Schlössern und Kirchen bis hin zu ephemeren Festdekorationen, die ebenfalls durch Cranach gestaltet wurden. Am Beginn der Tätigkeit von Lucas Cranach d. Ä. für die Ernestiner entstanden vor allem zahlreiche graphische Arbeiten sowie Altäre, die von Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen gestiftet wurden. Ab 1519 sind verstärkt reformatorische Arbeiten im Œuvre zu finden, darunter die berühmte Gothaer "Gesetz und Gnade"-Tafel von 1529, eines der ersten protestantischen Lehrbilder, welches die Rechtfertigungslehre Luthers anschaulich macht. Neben der enormen Innovationskraft auf verschiedenen Gebieten ist es die äußerst produktive Werkstatt, die zum Erfolg des Künstlers und der enormen Verbreitung seiner Bildideen beitrug.

Tradition der Gothaer Sammlungen

Nicht nur das Gemälde "Gesetz und Gnade" steht beispielhaft für den Reichtum der Gothaer Bestände, gerade auch auf dem Gebiet der altdeutschen Malerei. Die Bedeutung der Cra-nach-Sammlung resultiert, neben der herausragenden Qualität einzelner Arbeiten, auch aus deren gemeinsamer Provenienz aus dem Besitz der ernestinischen Herzöge. Die Herkunft der Gemälde lässt sich somit über Jahrhunderte zurückverfolgen. Darüber hinaus kann für eine Vielzahl der Gothaer Cranach-Werke festgehalten werden, dass diese direkt für die Dienstherren des Hofmalers, die Kurfürsten von Sachsen, geschaffen wurden.

Lucas Cranach d. Ä., Gesetz und Gnade, 1529, Foto: Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

Durch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs endete zunächst die lange Tradition der Gothaer Sammlungen. Auf Anordnung der sowjetischen Militäradministration wurde ab 1946 ein Großteil der Bestände, darunter fast alle Cranach-Werke, kriegsbedingt in die Sowjetunion abtransportiert. Die meisten Gemälde gelangten in das Puschkin Museum. Bereits 1957/58 kehrten glücklicherweise zahlreiche Werke nach Gotha zurück, so dass an die Museumstradition angeknüpft werden konnte. Es befinden sich aber nach wie vor Gemälde aus Gotha in Moskau, darunter verschiedene Cranach-Werke.

Lucas Cranach d. Ä., Das silberne Zeitalter, 1530, Staatliches Museum für bildende Künste, Foto: A. S. Puschkin, MoskauKooperation zwischen Moskau und Gotha

Mit Gründung der Initiative "Deutsch-Russischer Museumsdialog" durch die Kulturstiftung der Länder im Jahr 2005 verstärkte sich der Austausch zwischen deutschen und russischen Museumsmitarbeitern. Der damals gegründeten Initiative ist es zu verdanken, dass die ab 1945 erstellten sowjetischen Transportlisten ausgewertet werden konnten und sich damit der Verbleib zahlreicher verschollener Objekte klären ließ. Darüber hinaus intensivierten sich die Bemühungen, einen direkten Kontakt zwischen dem Puschkin Museum und der Stiftung Schloss Friedenstein herzustellen. Ein erster Höhepunkt dieses Austausches war der Besuch von Irina Alexandrowna Antonowa, der langjährigen Generaldirektorin des Moskauer Puschkin Museums, anlässlich der Neueröffnung des Herzoglichen Museums im Oktober 2013. Der Besuch, mehr noch aber die Grußworte der Direktorin brachten die Verbundenheit beider Museen zum Ausdruck.

Schon zwei Jahre später folgte dieser Geste eine erste Kooperation. So erklärte sich das Moskauer Puschkin Museum 2015 bereit, die Gothaer Ausstellung "Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation" mit einer bedeutenden Leihgabe zu unterstützen. Hieran knüpfte der Plan an, als ein gemeinsames Projekt herausragende Sammlungsbestände aus Moskau und Gotha auszutauschen. Neben der Cranach-Ausstellung in Moskau ist für 2017 in Gotha eine Ausstellung zur französischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts aus den Beständen des Puschkin Museums geplant.

Cranach in Moskau

Eine besondere Bedeutung der Moskauer Ausstellung liegt auch auf der Zusammenführung des ursprünglichen Gothaer Cranach-Bestandes, der das erste Mal seit den 1940er Jahren wieder in seinem Zusammenhang erlebbar ist. So hängen etwa die beiden „Judith"-Tafeln wieder in unmittelbarer Nähe der „Adam und Eva"-Tafel, ganz so wie es schon vor 1945 im Herzoglichen Museum in Gotha der Fall war. Ergänzt durch bedeutende Werke aus renommierten Museen in Berlin, Madrid, Prag, Budapest, St. Petersburg und natürlich Moskau selbst, wird die Kunst Cranachs zu einem wichtigen Botschafter der internationalen Zusammenarbeit verschiedener Museen. Es bleibt zu wünschen, dass diesem erfolgreichen Kooperationsprojekt weitere folgen werden.

Dr. Timo Trümper

Stellv. Direktor Abt. Wissenschaft und Sammlungen
Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

 

Cranachs Familie zwischen Renaissance und Manierismus

Staatliches Museum für bildende Künste A. S. Puschkin, Moskau

Sonderausstellung 4. März – 15. Mai 2016

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog.

AsKI KULTUR lebendig 1/2016

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