Stiftung Schloss Friedenstein Gotha: Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation

Lucas Cranach d. Ä., Judith an der Tafel des Holofernes, 1531, © Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

„Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“, so der Titel der Ausstellung, die die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha vom 29. März bis zum 19. Juli 2015 zeigt.

Hierbei bietet das im Rahmen der Lutherdekade für 2015 ausgerufene Themenjahr „Bild und Bibel“ die Gelegenheit, das propagandistische Wirken Cranachs in Diensten des Kursächsischen Hofes und der Reformation in den Mittelpunkt einer Ausstellung zu stellen. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar, der Wartburg Stiftung Eisenach und der Museumslandschaft Hessen Kassel.

Gezeigt werden über 130 Arbeiten, deren Entstehungszeitraum sich vom 1505 erfolgten Eintritt Cranachs in die Dienste Friedrichs des Weisen bis zum Tod Johann Friedrichs des Großmütigen im Jahr 1552 erstreckt. Die Objekte umfassen somit ein halbes Jahrhundert, in welchem der Künstler die Außenwahrnehmung des Hofes und den Siegeszug der Reformation maßgeblich beförderte. Zweifelsohne war die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts durch den Beginn der Konfessionalisierung und den Konflikt zwischen dem Machtanspruch des Kaisers und den Hegemonialbestrebungen der Fürsten bestimmt. In beeindruckender Weise spiegeln dabei die Werke Cranachs jene unruhige Zeit des Um- und Aufbruchs wider. Die gezeigten Kunstwerke helfen somit, Vergangenes medial zu greifen. Zugleich aber wird deutlich, dass der bewusste Gebrauch von Bildern im religiösen und politischen Disput nicht als singuläre Erscheinung des 20. Jahrhunderts zu werten ist.

Die Tradition der Gothaer Sammlungen

Mit der Herkunft aus kursächsischem Besitz kommt den Kunstsammlungen in Gotha eine hohe historische Authentizität zu. Bemerkenswert ist dabei, dass der sehr umfangreiche Gothaer Cranach-Bestand, von dem nur ein Teil in die Ausstellung miteinbezogen wird, besonders gut dokumentiert ist und sich über Weimar und Altenburg auf die alte sächsische Sammlung der Kurfürsten in Wittenberg zurückführen lässt. Mit annähernd 150 Blättern bietet darüber hinaus das Kupferstichkabinett einen breiten Querschnitt durch das grafische Werk der Künstlerfamilie. Die gleichfalls in der Sammlung befindliche umfangreiche Flugblattsammlung erlaubt zudem, die reformatorische Publizistik der Cranachwerkstatt in ihrem medialen Umfeld darzustellen.

Besonderes Augenmerk ist auch auf die Medaillenkunst zu richten, zu der Cranach mehrere Entwürfe beisteuerte. Die reiche numismatische Sammlung auf Schloss Friedenstein gestattet es, diese Kunstgattung ihrer eminenten Bedeutung entsprechend vorzustellen. Diese Werke werden durch Frühdrucke aus den Beständen der Universitäts- und Forschungsbibliothek Gotha ergänzt. Auf dieser Grundlage bildet Gotha den geeigneten Ort für eine Ausstellung, die Cranach und dessen Werkstatt in ihren Mittelpunkt stellt. Unter Bezugnahme verschiedenster Medien werden dabei die Kunstwerke in einen breiten historischen Kontext gestellt. Unterstützt wird die Ausstellung durch zahlreiche Museen des In- und Auslandes, stellvertretend sind hier die Nationalgalerie in Prag, das Museum of Art in Toledo (U.S.A.) und das Statens Museum for Kunst in Kopenhagen zu nennen.

Lucas Cranach d. Ä., Judith an der Tafel des Holofernes, 1531, © Stiftung Schloss Friedenstein GothaAusstellungskonzeption

Die Gliederung der Ausstellung löst sich dabei von einer rein chronologischen Erzählweise und setzt stattdessen bewusst inhaltliche Schwerpunkte. So folgt nach einer Einführung und dem Kapitel der Vorreformation der zentrale Komplex „Die Propaganda der fliegenden Blätter“, welcher protestantische, katholische und fürstliche Beispiele im Medium der Druckgrafik zusammenstellt. Anschließend wird Cranachs Tätigkeit für die Reformation und den Hof anhand herausragender Werke wie den „Gesetz und Gnade“-Tafeln aus Prag und Gotha betrachtet. Diese gelten als Hauptwerke der reformatorischen Ikonographie, die erstmals seit 30 Jahren in einer Ausstellung wieder gegenübergestellt werden.

Mit den abschließenden Bereichen zum Schmalkaldischen Bund und der katastrophalen Niederlage der Protestanten bei Mühlberg wird Cranachs Fähigkeit, aktuelle politische Botschaften zu vermitteln, noch einmal besonders deutlich. Vor allem in den 1540er und 1550er Jahren erreichte die politische Propaganda einen neuen Höhepunkt und wurde geschickt in den Dienst des Wittenberger Hofs gestellt. Cranach war dabei auch direkt in das militärische Vorgehen des Schmalkaldischen Bundes involviert. So wurde er vor dem Feldzug gegen Wolfenbüttel mit der Fertigung mehrerer tausend hessischer und kursächsischer Wappen betraut, die wohl dazu dienten, das von beiden Heeren mitgeführte Kriegsmaterial zu kennzeichnen.

Hofkünstler und Freund Luthers

Als sächsischer Hofmaler war es außerdem die Aufgabe Cranachs, repräsentative Werke zu schaffen, die der Ausstattung der kurfürstlichen Residenzen dienten und als Geschenke an befreundete Fürsten zum Einsatz kamen. Zahllose Porträts, mythologische und biblische Historien sowie Jagd- und Turnierdarstellungen zeugen in der Ausstellung von jenem Aufgabenfeld. Historienbilder, wie das in der Ausstellung gezeigte Parisurteil oder die Kopenhagener Venus, hatten dabei nicht zuletzt auch eine belehrende Funktion, die dem Herrscher zu einem guten Regiment anleitete.

Doch nicht allein der Einsatz der Kurfürsten für Luther, sondern ebenso die enge Freundschaft zwischen dem Maler und dem Reformator bedingte es, dass Cranach seine Fertigkeiten mit Beginn der Reformation in den Dienst der neuen Lehre stellte. So griff er seit Mitte der zwanziger Jahre des 16. Jh. Motive auf, die in der katholischen Kunst nur selten zur Darstellung kamen, um zentrale reformatorische Ideen zur Anschauung zu bringen. Diese protestantischen Lehrbilder, deren prominenteste Vertreter die Darstellung der Kindersegnung und das Bild der Ehebrecherin sind, zeigen, Luthers Lehre entsprechend, dass der Mensch nur durch Gottes Gnade Erlösung findet.

 

Lucas Cranach d. Ä., Die Hölle, um 1510, © Kunstsammlungen der Veste CoburgAnhand der für Hof und Reformation geschaffenen Werke soll die Ausstellung veranschaulichen, in welchem Umfang Cranach als Propagandist zu verstehen ist. Kunstwerke fungierten dabei als Medium einer der Beeinflussung dienenden Botschaft, die vom Auftraggeber definiert und vom Künstler formuliert wurde. Dabei wird vorgeführt, unter welchen Bedingungen und in welchen Formen im 16. Jahrhundert mit bildlichen Mitteln Botschaften verbreitet wurden. Die Ausstellung „Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“ erlaubt damit ein neues Verständnis für die Kunst der Reformationszeit.

Timo Trümper


Herzogliches Museum, Gotha
Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation
29. März bis 19. Juli 2015
Im Anschluss wird die Ausstellung in leicht veränderter Form in Kassel gezeigt.

AsKI KULTUR lebendig 1/2015

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