Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora: MenschenDinge - Eine Videoinstallation zum Umgang mit Fundstücken aus dem KZ Buchenwald

Esther Shalev-Gertz, LinealKamm, Fotografie Videoinstallation , © Esther Shalev-Gertz

Wie bewahrt sich historische Vorstellungskraft, wenn die Überlebenden der nationalsozialistischen Lager schwinden? Was spricht statt ihrer weiter im großen Schweigen? Unter anderem die Dinge, die von ihnen bleiben - geblieben sind in der blutgetränkten Erde der Lager.

Der Müll, der kein Müll ist, weil er gezeichnet ist von Spuren derjenigen Menschen, denen die Dinge in den Lagern gehörten.

Aus der Erde Buchenwalds konnten über 20.000 Objekte geborgen werden, dingliche Splitter, Fragmente, Sachzeugnisse des Zivilisationsbruchs, vergegenständlichtes Gedächtnis vernichteter Existenz, aber auch Zeugnisse für versuchte Selbstbewahrung und Resistenz. Auf fünf Monitoren lässt Esther Shalev-Gerz fünf Menschen, die diesen Dingen sehr nahe gekommen sind, von ihrer Begegnung mit ihnen erzählen. Sie gibt exemplarisch einem Sprechen Raum, das von der materiellen Präsenz der Geschichte in den Objekten ebenso angestoßen wird wie von der uneinholbaren Abwesenheit, dem unwiederbringlichen Verlust, der diese Dinge umgibt. Paradigmatisch lotet sie aus, was Erinnerung nach der Erinnerung sein könnte.

Esther Shalev-Gerz, geboren in Vilnius, Litauen, und in Israel aufgewachsen, lebt und arbeitet seit 1984 in Paris. Ihre im internationalen Kunstkontext anerkannten Arbeiten thematisieren aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Formen Geschichte im Spiegel ihrer gegenwärtigen Wahrnehmung und Darstellung. Der Betrachter wird darin immer wieder dialogisch in die Form integriert und zur Teilnahme aufgefordert. Damit rücken gelebte Geschichte(n) und aktive Erinnerungsprozesse in den Vordergrund.

Politische Implikationen und soziale Repräsentationen werden in ihrer Einschreibung in persönliche und kollektive Erinnerung erfasst, sowohl in ihren Arbeiten im öffentlichen Raum - z.B. das Mahnmal gegen Faschismus in Hamburg-Harburg gemeinsam mit Jochen Gerz (1986), "Die Portraits der Geschichte", Marseille, Aubervilliers und Skoghall, Schweden (1998/2000), "Daedal(us)", Dublin (2002/03) - als auch in ihren Installationen, fotografischen und filmischen Werken - z.B. "Geht Dein Bild mich an?", Sprengel Museum (2002), "Unzertrennliche Engel. Das imaginäre Haus für Walter Benjamin", Bauhaus Weimar (2002), "Zwischen Hören und Aussprechen: Letzte Zeugen", Hôtel de Ville Paris (2005), "MenschenDinge", Buchenwald (2004/06).

Seit 2003 ist Esther Shalev-Gerz Professorin an der Kunsthochschule von Göteborg (Schweden).


Die Ausstellung ist noch bis zum 12. November 2006 in der Gedenkstätte Buchenwald, ehemaliges Kammergebäude (2. OG), zu sehen.

 

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 3/2006

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