Schwerpunkt Musik - „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude" - Yehudi Menuhins Live Music Now e.V.

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Veranstaltung von Live Music Now Oberrhein e.V., © Foto: Yehudi Menuhin Live Music Now Oberrhein e.V

Yehudi Menuhin zählt zu den großen Geigern des 20. Jahrhunderts. 1916 in New York als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer geboren, wurde er schon als Kind mit größter Anteilnahme des Elternhauses gefördert, erkannte aber auch, dass das Glück, Musik zu erleben, ein elitärer Genuss ist, der den meisten Menschen vorenthalten bleibt.

Dies ließ ihn früh den üblichen Konzertrahmen sprengen: Während des Weltkriegs spielte er in Lazaretten, nach Kriegsende vor Überlebenden der Konzentrationslager und später in Südafrika vor Hörern, die wegen ihrer Hautfarbe von Konzerten ausgeschlossen blieben. Humanität und ein großes Engagement für alle Benachteiligten ließen in ihm eine Idee reifen, die 1977 mit der Gründung des ersten Vereins Live Music Now in London umgesetzt wurde. Unter dem Motto „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude" beglückt der Verein Menschen, die Konzerte nicht besuchen können oder nie dazu animiert wurden, sich mit Musik zu beschäftigen - einem Medium, zu dem, sofern es gut vermittelt wird, jeder einen Zugang findet, ob im vertieften Verständnis oder rein emotional. So entstand eine Erfolgsgeschichte, die, von Großbritannien ausgehend, nahezu alle europäischen Länder erreichte. Seit Gründung des Vereins in München im Jahr 1992 sind in Deutschland 15 weitere Einrichtungen entstanden, von ihrem Mentor bis zu seinem Tod im März 1999 und seitdem von seiner Tochter Zamira unterstützt.

Die Garantie des Erfolgs liegt im Gewinn, den sämtliche Beteiligten aus den eintrittfreien Konzerten ziehen. Beginnen wir mit dem Publikum: Senioren bringen die Auftritte Abwechslung, Erinnerungen und Anregungen; im Krankenhaus und Hospiz vermitteln sie Freude, Trost und Entspannung, nicht nur für Patienten, auch für Verwandte, Ärzte und Pfleger; Gefangene genießen dankbar den Kontakt zur Außenwelt; Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen beleben sich, und Jugendliche, oft dem Fernseher oder der Straße überlassen, gewinnen Perspektiven.

Gewinner sind auch die Musikstudenten, die in jährlichen Auswahlspielen vor einer Jury aus aktiven Musikern und Professoren der Musikhochschulen bestehen müssen - anders als bei Wettbewerben wird hier nicht nur hohe musikalische Qualität, sondern auch große Sensibilität verlangt. In die Förderung aufgenommen zu werden, beinhaltet mehr als die aus Spenden finanzierten Stipendien für Auftritte, sie beeinflusst den weiteren Lebensweg als Musiker und Mensch. Wer auf Störungen und Kommentare zu reagieren und mit ungünstigen Räumen oder schlechten Instrumenten umzugehen lernt, den wird später auf dem Konzertpodium nur wenig erschüttern. Zu den Fähigkeiten, die an der Hochschule nicht gelehrt werden, zählt die zielgruppenorientierte Programmgestaltung, die Qualitätsbewusstsein verlangt und die Vielfalt der Stilrichtungen jenseits kategorischer Einteilungen nach E- und U-Musik berücksichtigt sowie ein Gespür für Wirkungen entfalten muss. Bei der Vermittlung von Musikstücken entfalten sich ungeahnte pädagogische Talente und eine soziale Kompetenz, die beim einsamen Üben eher verkümmern. Dabei ist der informierte Musiker, der dem Wunsch des Hörers nach Erläuterungen ihm fremder Musik entspricht und nicht mehr nur Tastenlöwe mit Virtuosengesten, sondern Kommunikator ist und das Inspirationspotential der Musik zu nutzen weiß, der Interpret von morgen. Nicht zuletzt der Blick auf die grauen Köpfe im Konzertsaal macht die Notwendigkeit überdeutlich, über die Institution Konzert mit ihrer weihevollen Stimmung nachzudenken und neue Formen zu entwickeln. So bietet die ungewohnte Kontaktaufnahme zum Publikum mehrfache Zukunftsperspektiven.

Die integrative Fähigkeit der Musik verhindert, dass Alte und Sterbende abgeschoben, Gefangene ausgegrenzt werden. Sie hilft aber auch manchem Musikstudenten, der aus einem anderen Kulturkreis an deutsche Hochschulen kommt: Allein in Karlsruhe studieren junge Menschen aus 50 Nationen. Untereinander durch die gemeinsame Sprache der Musik verbunden, haben sie oft nur wenig Kontakt mit dem Gastland, zumal wenn sie ein Zimmer im Studentenheim bewohnen und die Lehrwelt gänzlich zur Lebenswelt wird. Durch Live Music Now e.V. lernen sie Land und Leute kennen, gewinnen Einblicke auch in die Schattenseiten der Gesellschaft und können nach Rückkehr in ihre Heimatländer als Botschafter zur Verständigung der Völker beitragen.

Dass ich als nicht unterbeschäftigte Leiterin des Max-Reger-Instituts begeistert mitarbeite - der in Karlsruhe ansässige gemeinnützige Verein Live Music Now Oberrhein feiert in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag und bringt es mit Unterstützung der L-Bank Baden-Württemberg inzwischen jährlich auf ca. 90 Konzerte - liegt an der rundherum überzeugenden Idee, ihrer vorzüglichen Umsetzung und der Optimierung der Arbeit. Denn jedes Konzert wird von einem Vereinsmitglied vor Ort betreut, von den Häusern und Musikern kommentiert und vom Team mit Verbesserungsüberlegungen begleitet. Das Glück derartiger musikalischer Geschenke muss jeder empfinden: Wer erlebt hat, wie in einer Brennpunktschule verschleierte Mütter bei einer Arie aus Bachs Weihnachts-oratorium glänzende Augen bekommen und deutsche Kinder einem türkischen Tenor bei Liedern seiner Heimat zujubeln, wer Gefangene nach einem Konzert in ihren Zellen leise summen hört, wer mürrische Alte plötzlich lächeln und mit dem Kopf wippen oder körperbehinderte Kinder tanzen sieht, wird die Arbeit des Vereins gerne unterstützen, sei es aktiv durch Übernahme eines Ehrenamts, sei es durch Spenden.

Susanne Popp


Zur Unterstützung der Arbeit des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now Oberrhein e.V." sind Spenden jederzeit willkommen:
Konto Nr. 0817080 bei der Deutschen Bank Karlsruhe, Bankleitzahl 66070024

 

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