Rom - Marbach: Stipendiatentreffen der Casa di Goethe

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Am Wochenende des 12./13.4.2003 trafen sich die ehemaligen Stipendiaten der Casa di Goethe Rom im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar.

Das interdisziplinär angelegte Stipendienangebot der Casa di Goethe wird seit 1998 von der DaimlerChrysler AG (damals noch Mercedes Benz) unterstützt. Von Beginn an war das Stipendienprogramm fester Bestandteil der Kulturarbeit des 1997 eröffneten und vom AsKI e.V. getragenen römischen Goethe-Museums. Die monatliche Förderung ermöglicht es Künstlern, Wissenschaftlern oder Publizisten eine Zeit lang in Rom zu leben und sich intensiv ihrem Forschungs- oder künstlerischen Vorhaben zu widmen.

 

Gruppenbild vor dem Schillerdenkmal in Marbach, 1. Treppenstufe: 2. v. l.: Astrid Sebb (DaimlerChrysler), 2. Treppenstufe: 2. v. l.: Horst Claussen (BKM), 4. v. r.: Ulrich Ott (Literaturarchiv Marbach), obere Reihe: 1. v. r.: Susanne Popp (AsKI e.V.), © Foto: Casa di Goethe, Rom

Dabei steht der deutsch-italienische Kultur-Dialog im Mittelpunkt. Von Ende 1998 bis Ende 2002 kamen insgesamt 12 in Deutschland lebende Stipendiatinnen und Stipendiaten aus ganz unterschiedlichen Bereichen für einen Arbeitsaufenthalt von ca. 3-6 Monaten in die Ewige Stadt: der bildende Künstler Mimmo Catania, der Fotograf Martin Zeller, die Schriftstellerin Sigrid Damm, der Historiker Joachim Berger, die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff, die Autorin und Buchillustratorin Siglint Kessler, der Redakteur und Autor Jörg-Dieter Kogel, der Schriftsteller Friedrich Christian Delius, die Publizistin Jenny Friedrich-Freksa, der bildende Künstler Franjo Tholen, der Schriftsteller Omar Saavedra Santis und der Architekt und Zeichner Hubert Schelle.

Das große Arbeitszimmer in der Museumsetage mit Blick auf den Corso war bisher das einzige "Bindeglied" der ehemaligen Schützlinge. Da jeweils nur ein Stipendiengewinner in Rom zu Gast sein kann, war ein gegenseitiges persönliches Kennenlernen unmöglich. Im Laufe der Zeit entstand nach dem ersten "vollen Dutzend" daher nicht nur in Rom der Wunsch, einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch zu organisieren und eine gemeinsame Publikation der individuellen Erfahrungsberichte zu präsentieren, um so die von Goethe inspirierte Universalität des Stipendienprogramms vorzustellen.

Alle Beteiligten waren von der Idee sofort angetan: Termingerecht lieferten die Stipendiaten ihre persönlichen, sehr unterschiedlichen und frei gewählten Beiträge an die bekannte römische Adresse. Der inhaltsreiche zweisprachige Band konnte kurz vor dem Marbacher Treffen in Rom erscheinen. Das Stipendiatentreffen und die Präsentation dieser Publikation dann auch mit einer Lesung von Sibylle Lewitscharoff zu verbinden lag auf der Hand: Ihr Anfang des Jahres erschienener und in Rom konzipierter Roman "Montgomery" war in Deutschland bereits auf großes Interesse gestoßen. Der Inhalt des Buches steht außerdem exemplarisch für den interkulturellen Dialog, der das Stipendium auszeichnet: Es geht um die Lebensgeschichte eines deutsch-italienischen Filmproduzenten und seine letzten Tage in Rom.

 

Mit dem AsKI-Mitgliedsinstitut Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv Marbach, das das Projekt sofort mit großem Engagement unterstützte, war schließlich der ideale Ort für ein solches Treffen gefunden (auch wenn so mancher Stipendiat lieber nach Rom zurückgekehrt wäre!) - die Geburtsstadt Schillers war nicht nur wegen der Nähe zu DaimlerChrysler und zu Sibylle Lewitscharoffs Heimatstadt dafür prädestiniert.

Das Marbacher Treffen begann am Samstagnachmittag mit einer Führung durch das Literaturarchiv auf der Schillerhöhe. Für viele der Teilnehmer war es der erste Besuch in Marbach und für alle ein ganz besonderer Genuss, nicht nur den Besucher- und Bibliotheksteil zu erkunden, sondern sich als Höhepunkt vom "Hausherrn" und Institutsleiter Ulrich Ott im Kellerarchiv eine Auswahl der dort aufbewahrten Schätze (wie Handschriften von Hölderlin, Thomas Mann und Friedrich Schiller) zeigen zu lassen. An der Führung und am gemeinsamen Abendessen nahmen außer den Stipendiaten auch Vertreter des AsKI (Vorstand und Geschäftsstelle) und der Casa di Goethe teil, sie ließen in lockerer Runde die "Geschichte" dieses Stipendiums Revue passieren. Bei Spätzle und Maultaschen zog man Bilanz, erinnerte sich an gemeinsame freud- und leidvolle Erfahrungen (wie z. B. an die zuweilen recht intensive Geräuschkulisse auf der Via del Corso), knüpfte Kontakte, tauschte Telefonnummern und E-Mail-Adressen und stieß auf erste Ideen für gemeinsame Projekte.

DaimlerChrysler Stipendium der Casa di Goethe, AsKI-Artikel-Nr.: 2003-3

Am Sonntagmorgen hatte das Literaturarchiv zur Matinéeveranstaltung geladen. Ulrich Ott konnte im Vortragssaal ein zahlreich erschienenes Publikum begrüßen, darunter nicht nur das Marbacher Stammpublikum und Medienvertreter, sondern auch einige in Deutschland lebende Freunde der Casa di Goethe. Als Juryvorsitzende des DaimlerChrysler-Stipendiums der Casa di Goethe und stellvertretende AsKI-Vorsitzende dankte Susanne Popp allen Mitwirkenden und insbesondere dem Sponsor, der schon bei der Errichtung der Casa di Goethe eine tragende Rolle gespielt hatte, und unterstrich die Universalität und Interdisziplinarität der AsKI-Mitgliedsinstitute, Charakteristika, die sich auch bei den Stipendiaten widerspiegeln.

Im Namen des Sponsors betonte Astrid Sebb (Stuttgart) anschließend, dass die DaimlerChrys ler AG auf dieses Förderprogramm besonders stolz sei und den interkulturellen Dialog auch in Zukunft unterstützen werde, weil Kunst und Wissenschaft stets Freiräume benötigen.

Ursula Bongaerts, Leiterin der Casa di Goethe, stellte als letzte Rednerin die Stipendiaten, ihre Projekte sowie die Gemeinschaftspublikation vor und schlug so eine Brücke zu der in Marbach mit besonderer Spannung erwarteten Lesung von Sibylle Lewitscharoff.
Die Autorin, 1954 in Stuttgart geboren, lebt in Berlin. Sie hat neben Radiofeatures, Hörspielen, literarischen Essays und Erzählungen bisher drei Bücher veröffentlicht, darunter "Der höfliche Harald" (1999). Für ihren ersten Roman "Pong" erhielt Sibylle Lewitscharoff 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Während ihres Romaufenthalts entstand das Konzept des im Februar erschienenen Romans "Montgomery". Bei der Textauswahl für die Marbacher Lesung ließ Sibylle Lewitscharoff die Degerlocher Heimat ihres Protagonisten Montgomery nicht zu kurz kommen.

Beim anschließenden Empfang und Büchertisch gab es Gelegenheit zum persönlichen Gespräch. Auch das strahlende Frühlingswetter trug zu einer gelungenen Veranstaltung bei. Ganz sicher wird sie nicht die letzte dieser Art gewesen sein, denn inzwischen haben weitere Stipendiaten im römischen Arbeitszimmer Platz genommen.

 

Dorothee Hock

Mitarbeiterin der Casa di Goethe, Rom

 

 

Publikation
Borsa di Studio DaimlerChrysler della Casa di Goethe Roma 1998-2002 / DaimlerChrysler Stipendium der Casa di Goethe 1998-2002
Herausgegeben von Ursula Bongaerts, Casa di Goethe Rom, 2003, 128 S., mit zahlreichen Abbildungen, 5,00 €
(zu beziehen über den AsKI-Shop oder die Casa di Goethe, zzgl. Versandkosten)

 

 

 

AsKI KULTURBERICHTE 2/2003

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