Novalis-Museum, Wiederstedt: "Wo gehn wir denn hin? - Immer nach Hause". 14 Gemälde aus der Familie Friedrich von Hardenbergs (Novalis) kehren nach Oberwiederstedt zurück

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Schloss Oberwiederstedt, Foto: Christoph Sandig

Es ist ein überaus tiefsinniger poetischer Gedanke aus Novalis‘ Roman Heinrich von Ofterdingen, den man seit 200 Jahren vor allem wegen der rätselhaften „Blauen Blume" kennt, die zum Symbol für romantisches Dichten und für Romantik überhaupt wurde.

Am 4. März 2010 zitierte Detmar Freiherr von Hardenberg die Novalis-Worte, tief bewegt von den Ereignissen dieses Vormittags. Für ihn wie für das Novalis-Museum und die Forschungsstätte für Frühromantik in Schloss Oberwiederstedt, für die 100 Gäste aus Politik, Kultur und Wirtschaft war dies ein denkwürdiger Tag: nach 65 Jahren des „Exils" kehrten 14 Gemälde der ehemaligen Familiengalerie nach Oberwiederstedt in das Schloss der Freiherren von Hardenberg und Geburtshaus des Dichters Novalis zurück, die 1946 von dort entfernt worden waren. Heute zählt der Ort für das Land Sachsen-Anhalt und den Bund zu den „Kulturellen Gedächtnisorten von nationaler Bedeutung".

Saal im Schloss Oberwiederstedt, 1920er Jahre, Foto: Novalis-Museum, Wiederstedt

Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung hat gemeinsam mit der Sparkasse Mansfeld Südharz die Gemälde im Rahmen der Restitutionsverhandlungen des Landes erworben und sie nach dem Willen von Detmar Freiherr von Hardenberg und Mechthild Freifrau von Hardenberg-Lambeck (Kanada) als Dauerleihgabe in die Obhut der Novalis-Stiftung in Oberwiederstedt übergeben. So sind die Bilder wieder dauerhaft und für die Zukunft für die Öffentlichkeit zugänglich. Zur Zeit beginnen mit Unterstützung der Sparkassenstiftung und der Sparkasse die dringenden Restaurierungsarbeiten, denn das Schicksal des Kunstgutes, dem sich der Vortrag der Direktorin der Stiftung Moritzburg, Dr. Katja Schneider, widmete, hat erschütternde Spuren sichtbar auf den Bildern hinterlassen.

Daniel Ferdinand Caffe, Doppelbildnis Caroline und Hanns von Hardenberg, 1829, Leihgabe der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Mansfeld Südharz, Foto: Ostdeutsche Sparkassenstiftung/Sparkasse Mansfeld Südharz

Alles begann am 2. Oktober 1945, als der damals 14 Jahre alte Detmar von Hardenberg mit seinen Geschwistern und den Eltern in wenigen Stunden das Haus räumen musste und man gerade das Nötigste auf einem von Pferden gezogenen Ackerkarren verstaute, mit dem sie Richtung Westen fuhren. Durch diese glückliche Eingebung entgingen sie wenigstens der Internierung in einem Sammellager. Die zurückgebliebenen Gemälde wurden im Zuge der Bodenreform nach Halle in die heutige Stiftung Moritzburg Landeskunstmuseum Sachsen-Anhalt verbracht, wo sie damals unter abenteuerlichen Umständen, bis auf vier Bilder auch alle aus ihren Rahmen herausgetrennt, an unterschiedlichen Orten eingelagert wurden. In den 90er Jahren entdeckte man in Dachgauben des Talamtsgebäudes der Moritzburg über 1000 Bilder, darunter einen „Rest", der von noch feststellbaren 21 Gemälden und Pastellzeichnungen übrig war, die dem Gut Oberwiederstedt zugeordnet werden konnten.

Das bekannte einzig überlieferte originale Ölgemälde von Georg Philipp Friedrich von Hardenberg (Novalis) war im Umkreis Oberwiederstedt - Hettstedt - Weißenfels in einer nicht weniger abenteuerlichen Odyssee unterwegs und trotz vieler Beschädigungen und Veränderungen bewahrt worden. Es hängt seit 1992 wieder im Novalis Museum im Schloss Oberwiederstedt. Die Porträts des Vaters Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg und des Bruders Georg Anton, der auch der erste Landrat des Mansfelder Gebirgskreises war, konnten als Leihgaben bereits 2001 in die Ausstellung des Museums übernommen werden, weil sie von allen erhaltenen Gemälden den besten Zustand aufwiesen. Nun endlich ist Novalis‘ engerer Familienkreis nahezu geschlossen anwesend: mit der Rückkehr des einzigen großen Gemäldes von Maria Alberti (um 1805), das Novalis‘ Mutter Bernardine Auguste von Hardenberg mit dem Enkelsohn Erasmus zeigt, mit den Bildnissen der Großeltern und dem faszinierenden Doppelbildnis der Kinder seines Bruders Georg Anton - Caroline und Hanns von Hardenberg (1829) und weiteren Bildnissen.

Im Archiv der Forschungsstätte befand sich ein Foto aus den 1920er Jahren, das den heutigen großen Festsaal als Wohnhalle mit Kamin und einigen der Gemälde zeigt. So war es möglich, das Doppelbildnis der Kinder wieder über dem Kamin zu hängen, dort, wo es sich bis 1946 befunden hatte und es Detmar von Hardenberg mit seinen Geschwistern betrachten konnte.

„Unter den Blicken dieser Personen die Rückkehr der Galerie zu feiern, war ein großes und anrührendes Ereignis". (Christian Eger, Mitteldeutsche Zeitung) Denn mit diesen Gemälden ist in das 1988 als leere Hülle gerettete Geburtshaus von Novalis, das bislang museales Gut war, weiterer kostbarer, auch für die Forschung interessanter authentischer Bestand eingezogen.

Gabriele Rommel

AsKI KULTUR lebendig 2/2010

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