Neue Mitglieder im AsKI: Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

Das Lagertor von Buchenwald mit der Inschrift ‘Jedem das Seine‘, Foto: Jürgen Maria Pietzsch, Spröda

Zweck der Stiftung ist es, die Gedenkstätten als Orte der Trauer und der Erinnerung an die dort begangenen Verbrechen zu bewahren, wissenschaftlich begründet zu gestalten und sie in geeigneter Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sowie die Erforschung und Vermittlung damit verbundener historischer Vorgänge zu fördern.

Dabei ist in der Gedenkstätte Buchenwald die Geschichte des nationalsozialistischen Konzentrationslagers mit Vorrang zu behandeln. Die Geschichte des sowjetischen Internierungslagers ist in angemessener Form in die wissenschaftliche und museale Arbeit einzubeziehen. In der Gedenkstätte Mittelbau-Dora ist die besondere Problematik des Mißbrauchs von Häftlingen für die Herstellung von Vernichtungswaffen zu berücksichtigen. Ferner ist die Geschichte der politischen Instrumentalisierung der Gedenkstätten zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik darzustellen.

Zu den Aufgaben der Stiftung gehört insbesondere die Organisation und Durchführung von Dauer- und Wechselausstellungen, von wissenschaftlichen Kolloquien und kulturellen Veranstaltungen auf nationaler und internationaler Ebene, die Besucherbetreuung und die Jugendarbeit sowie auf die Gedenkstättenarbeit bezogene wissenschaftliche Dokumentation, Forschung und Publikation.
(§ 2 des Erlasses über die Errichtung einer unselbständigen Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, 1994)

Im September 1958 wurde die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar gegründet. Sie unterstand dem Kulturministerium der DDR. In ihrer Funktion diente sie weniger der Erinnerung an die Opfer des Konzentrationslagers als vielmehr der Selbstlegitimation der DDR als des Teils von Deutschland, in dem das Vermächtnis der antifaschistischen Widerstandskämpfer erfüllt worden sei.

Der letzten, demokratisch gewählten Regierung der DDR ist es zu verdanken, dass Buchenwald als Kultureinrichtung von gesamtnationaler Bedeutung eingestuft und als erste Gedenkstätte in die Bundesförderung aufgenommen wurde. 1991 berief der Thüringer Minister für Wissenschaft und Kunst eine Historikerkommission, die Empfehlungen zur Neukonzeption der Gedenkstätte gab.

1994 errichtete der Thüringer Minister für Wissenschaft und Kunst die unselbständige Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und der Vorstand. Vorstand ist der Stiftungsdirektor, der zugleich Direktor der Gedenkstätte Buchenwald ist. Ein wissenschaftliches Kuratorium berät den Stiftungsrat und den Vorstand bei allen wichtigen Maßnahmen.

Um die Erfahrung der Opfer einzubeziehen, wurden drei Beiräte gebildet:

  • ein Beirat aus ehemaligen Häftlingen des KZ Buchenwald
  • ein Beirat aus ehemaligen Häftlingen des KZ Mittelbau-Dora
  • ein Beirat aus ehemaligen Häftlingen des sowjetischen Speziallagers Nr. 2

Während die Gedenkstätte Buchenwald zu gleichen Teilen vom Bund und Land Thüringen finanziert wird, kam die Gedenkstätte Mittelbau-Dora in Trägerschaft des Landkreises Nordhausen und wird hauptsächlich aus Mitteln des Landes Thüringen finanziert. Die Zusammenführung der beiden Gedenkstätten in einer selbständigen Stiftung ist in Vorbereitung. Sie wird dadurch möglich, dass der Bund im Rahmen der Bundesgedenkstättenkonzeption die endgültige Neugestaltung der Gedenkstätte Mittelbau-Dora als Projekt fördert. Erst ab diesem Zeitpunkt wird die Stiftung auch vollgültiges Mitglied des AsKI sein.

Gedenkstätte Buchenwald

In der Gedenkstätte Buchenwald konnte die Neukonzeption 1999 abgeschlossen werden. Weite Teile von in der DDR-Zeit vernachlässigten Arealen sind wieder zugänglich gemacht worden. Neue Denkmale erinnern an Opfergruppen, die zuvor nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben: ein jüdisches Mahnmal, ein Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma, ein Gedenkzeichen auf dem Appellplatz, das allen Opfern des KZ Buchenwald gewidmet ist. Eine internationale Jugendbegegnungsstätte und vier große Dauerausstellungen wurden eröffnet.

Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald

Die Ausstellung in zwei Etagen der ehemaligen Effektenkammer ist mit 1600 qm die größte auf dem Gedenkstättengelände und wurde 1995 eröffnet. Ihre Gestaltung ist von der ursprünglichen Funktion des Gebäudes als Magazin bestimmt. Schrankartige Stahlregale öffnen sich zu Vitrinen, in denen die Zeugnisse der NS-Verbre chen ausgestellt sind und Einblick in die Welt eines Lagers geben, das inmitten des deutschen Volkes bestehen konnte. Gezeigt werden Relikte, Bilder, Dokumente, Biographien von Opfern und Tätern.

Die Abteilungen der Ausstellung:

  • "...mitten im deutschen Volke"
  • Die Organisation des Verbrechens
  • Der Alltag des Verbrechens
  • Das Lager im "totalen Krieg"
  • Tod und Überleben
  • "Wir Auferstandenen ..."

Das Konzentrationslager Buchenwald bestand von 1937 bis 1945. Zunächst war es für politische Gegner des Naziregimes, so genannte Kriminelle und Asoziale bestimmt, diente aber schon ab 1938 auch der Ausgrenzung von rassisch Verfolgten: Juden, Sinti und Roma, außerdem Geisteskranken, Homosexuellen. Seit 1943 wurde Buchenwald zum Zentrum eines Systems von über 130 Außenlagern, in denen Arbeitskräfte aus allen von Deutschland besetzten Ländern in der Rüstungsindustrie ausgebeutet wurden - darunter seit Herbst 1944 auch Frauen. Obwohl das KZ Buchenwald kein Ort des planmäßigen Völkermords war, fanden Massentötungen von Kriegsgefangenen statt, kamen viele Häftlinge bei medizinischen Versuchen und durch die Will kür der SS ums Leben. Durch Aussonderung von Häftlingen in die Vernichtungslager war Buchenwald in den Vernichtungsapparat des Nationalsozialismus integriert. Von insgesamt über 250.000 Inhaftierten starben etwa 56.000.

Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr. 2

In einem neuen, gegenüber dem Gräberfeld des Speziallagers errichteten Gebäude wurde die Ausstellung 1997 eröffnet. Sie zeigt auf einer Fläche von 300 qm Dokumente, Bilder und Erinnerungsberichte aus der Zeit des Lagers und seines politischen Umfelds.

Die Abteilungen der Ausstellung:

  • Einrichtung der Speziallager in der sowjetischen Besatzungszone
  • Strukturen und Funktion des Speziallagers Nr. 2
  • Die Lebensbedingungen im Speziallager Nr. 2
  • Das Ende der Speziallager

Von 1945 bis 1950 richtete der sowjetische Geheimdienst auf einem Teil des ehemaligen Konzentrationslagers ein Internierungslager (Speziallager Nr. 2) ein. Inhaftiert waren vor allem Personen, die dem nationalsozialistischen Regime in einer Funktion gedient hatten, wirkliche oder vermeintliche Schuldige, aber auch will kürlich Verhaftete. Von etwa 28.500 Lagerinsassen starben 7.100 an den Folgen von Vernachlässigung und Unterernährung, die Toten wurden nördlich des Lagers verscharrt. An das sowjetische Speziallager wurde in der DDR-Zeit nicht erinnert, erst 1989 wurden die Gräber in der Öffentlichkeit bekannt.

Ständige Kunstausstellung

Im restaurierten ehemaligen Desinfektionsgebäude wurde 1998 die Kunstausstellung "Überlebensmittel - Zeugnis - Kunstwerk - Bildgedächtnis" eröffnet. Sie zeigt künstlerische Arbeiten aus dem Konzentrationslager Buchenwald und solche, die bis 1995 von Überlebenden oder Nachgeborenen zu dem Thema geschaffen wurden.

Der Ausstellungsort wurde bewusst gewählt. Kunst ist hier der einstigen Nutzung des Gebäudes als Ort tiefster Demütigung entgegengesetzt. Kunst, präsentiert in den Räumen, die dazu gedient haben, Menschen zu erniedrigen und ihnen die Identität zu nehmen, wird so zum Ausdruck von Würdigung.

Die Abteilungen der Ausstellung:

  • Kunst aus Konzentrationslagern
  • Nach der Befreiung
  • Reminiszenzen (Józef Szajna)
  • Zeitgenössische Versuche

Im Keller befindet sich ein Raum für Sonderausstellungen. Dort wurden u.a. 1999 Goethezeichnungen aus dem Bestand der Stiftung Weimarer Klassik gezeigt.

Geschichte der Gedenkstätte Buchenwald

Ein aus den siebziger Jahren stammendes, dem Mahnmal zugeordnetes Gebäude wurde für die Ausstellung umgebaut und erweitert. Dokumente, Bilder, Gegenstände und Modelle lassen deutlich werden, wie die Bildung von Erinnerung an das nationalsozialistische Konzentrationslager Buchenwald seit 1945 erfolgte. Der 1999 eröffneten Ausstellung liegt vor allem Material aus Archiven der ehemaligen DDR zugrunde.

Dauerausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald, Foto: Jürgen Maria Pietzsch, Spröda

Die Abteilungen der Ausstellung:

  • Nach der Befreiung
  • Vom Denkmal in Weimar zum Ehrenhain auf dem Ettersberg
  • Vom Denkmal des Buchenwald-Komitees zum Nationaldenkmal der DDR
  • Die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald in der DDR
  • Die Neukonzeption
  • Erinnerung in Westdeutschland

Gedenkstättenpädagogik
Ungefähr 600.000 Besucher kommen jährlich in die Gedenkstätte Buchenwald. Sie finden vier große Ausstellungen und ein Freigelände von fast 200 ha vor. Bei der Orientierung helfen ihnen Faltblätter mit Plan, inzwischen in zehn Sprachen, und natürlich auch die Besucherinformation. In der Buchhandlung sind ausführlichere Rundgangsbeschreibungen, Kataloge zu den Ausstellungen, alle lieferbaren Veröffentlichungen der Gedenkstätte sowie ein großes Sortiment an deutsch- und fremdsprachigen Publikationen erhältlich.

Ein Film zur KZ-Geschichte gibt eine Einführung - auch zum Speziallager liegt ein Film vor, der auf Wunsch gezeigt wird. Film, Einführungsvortrag zur Geschichte und Führungen gehören zum Programm der Besuchergruppen, die nach Voranmeldung die Gedenkstätte besuchen. Aber obwohl die pädagogische Abteilung in den letzten Jahren erheblich erweitert wurde, können nicht alle Besucher an einer Führung teilnehmen. Die pädagogische Abteilung bietet Führungen vor allem für Schulklassen (ab Klasse 9), Jugendgruppen und junge Erwachsene an, die im Rahmen der Schule oder ihrer Ausbildung in die Gedenkstätte kommen. Damit Lehrer und Multiplikatoren ihre Gruppen vorbereiten und auch selbst betreuen können, veranstaltet die Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen Weiterbildungsseminare und stellt Arbeitsmaterialien zur Verfügung.

Neben den Überblicksführungen, die nur einen kleinen Einblick in die Geschichte des Ortes geben können, entwickelte die pädagogische Abteilung Tagesprojekte, die eine intensivere Beschäftigung ermöglichen.

Seit 1990 ist der Gedenkstätte eine Jugendbegegnungsstätte angegliedert, die 1999 um ein zweites Haus erweitert wurde. Hier können Gruppen auch an mehrtägigen Veranstaltungen und Workshops teilnehmen. Sie steht für Seminare und Projektarbeit zur Verfügung, kann aber auch für Tagungen und Konferenzen genutzt werden. In Zusammenarbeit mit anderen Institutionen aus historischen und kulturwissenschaftlichen Bereichen veranstaltet die Gedenkstätte Buchenwald regelmäßig Vorträge und wissenschaftliche Konferenzen, bei denen es um Erinnern an Staats- und Menschheitsverbrechen geht.

Sammlung - Archiv - Bibliothek

Die Gedenkstätte Buchenwald besitzt eine umfangreiche archivische und museale Sammlung zum Konzentrationslager, zum Speziallager und zur Geschichte der Gedenkstätte. Im Rahmen der Möglichkeiten erteilt das Archiv Auskunft über das Schicksal ehemaliger Häftlinge, betreut Forschungsprojekte und unterstützt mit der Bibliothek die pädagogische Arbeit der Gedenkstätte. Die Bibliothek verfügt über einen Bestand von ca. 25.000 Bänden zur Geschichte des KZ-Systems, zum Nationalsozialismus und zur Geschichte der Internierungslager. Archiv und Bibliothek sind der Forschung und der Öffentlichkeit jederzeit nach Absprache zugänglich.

KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
1964 wurde die Mahn- und Gedenkstätte Mittelbau-Dora auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers gegründet. 1991 begann die Umgestaltung der Gedenkstätte und des Museums. Zu den Stollenanlagen wurde ein Zugang geschaffen, sodass ein Teilabschnitt besichtigt werden kann. In einer rekonstruierten Unterkunftsbaracke ist seit 1995 eine neue Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers eingerichtet. Der Bau eines neuen Ausstellungsgebäudes und die Neugestaltung des vernachlässigten KZ-Geländes sind in Vorbereitung.

KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Krematorium mit Denkmal, Foto: Jürgen Maria Pietzsch, Spröda

Das Lager "Dora" im Kohnstein bei Nordhausen entstand 1943 als Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Häftlinge und Zwangsarbeiter mussten unterirdische Hallen für die Raketenproduktion ausbauen, die von Peenemünde in ein bombengeschütztes Areal verlegt werden sollte. Bevor ein Barackenlager errichtet wurde, waren die Arbeiter unter mörderischen Bedingungen im Berg untergebracht. Im Oktober 1944 wurde das Werk Mittelbau selbständiges Konzentrationslager mit Außenlagern in der gesamten Region. Die meisten Häftlinge waren beim Bau von neuen Produktionsanlagen beschäftigt, nur etwa ein Zehntel aller Lagerinsassen wurde zum Raketenbau im Stollen eingesetzt. Von insgesamt 60.000 Häftlingen starben 20.000.

Gedenkstättenpädagogik

Die Gedenkstätte veranstaltet Führungen im Lagergelände und im Stollen. Thematische Führungen, Vorträge, Projektwochen und Seminare sind nach Absprache möglich. In der ehemaligen Feuerwache werden Sonderausstellungen gezeigt. Die Dokumentationsstelle und die Bibliothek sind nach Absprache zugänglich.

Ursula Härtl
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

AsKI KULTURBERICHTE 1/2001

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