Museum für Sepulkralkultur, Kassel: Rauchen kann tödlich sein!

Tabakspfeife, Zedernholz, Horn, Elfenbein, Porzellan, Silber, Textil, um 1800, Foto: Museum für Sepulkralkultur, Kassel

Mein Lieblingsobjekt: Eine Tabakspfeife als Vanitasobjekt
Die Kenntnis von der gesundheitsschädlichen Wirkung des Rauchens hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Vielzahl teils gesetzlich verankerter Maßnahmen geführt, um den Einstieg in die Tabaksucht zu erschweren bzw. die Abhängigkeit vom Rauchen zu minimieren.

Wer jedoch glaubt, die Warnungen vor den Folgen des Rauchens seien erst eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts aufgrund umfangreicheren medizinischen Wissens, der irrt. So gab es beispielsweise Rauchutensilien mit warnenden „Informationen" schon bald nach Einführung von Tabakwaren in die europäische Kultur Mitte des 17. Jahrhunderts. Zugegebenermaßen aber sind jene Warnungen nicht exakt auf heutige Verhältnisse und Haltungen zum Rauchen zu übertragen.

Dereinst herrschte ein anderer Zeitgeist, innerhalb dessen eine bewusstere Beachtung von Leben und Lebensende bestimmend war. Anders als heute spielten hierbei vor allem religiöse respektive christliche Glaubenssätze und Aspekte der Frömmigkeit eine Rolle, die wiederum eng mit der Hoffnung auf Erlangung des Seelenheils verknüpft waren. Deutlich sichtbaren Niederschlag hat die Auseinandersetzung mit der irdischen Endlichkeit in der damaligen Kunst gefunden. Beispielhaft sei auf die Gattung der Vanités (lat. vanitas: Vergänglichkeit, Eitelkeit, Nichtigkeit) mit ihrer mahnenden Botschaft des „Memento mori" (Gedenke des Todes!) verwiesen, die ebenso auf manche Alltags- und Gebrauchsgegenstände übertragen wurde.

Tabakspfeife, Zedernholz, Horn, Elfenbein, Porzellan, Silber, Textil, um 1800, Foto: Museum für Sepulkralkultur, Kassel

Ein Beispiel dafür ist die hier vorgestellte Tabakspfeife aus der Zeit um 1800, die mich vor allem wegen ihrer reichhaltigen Ikonografie begeistert: Sie setzt sich aus den Motiven ‚Totenschädel' (plastisch als unterer Bereich des Pfeifenkopfs), ‚Stundenglas' und ‚Sense' (als Intarsien im oberen Bereich des Pfeifenkopfes plus Inschrift „Memento Mori") sowie ‚Schlange' (um Pfeifenkopf gewunden) zusammen. Hinzu kommen die Vergänglichkeitssymbole auf dem silbernen Pfeifenkopfdeckel, die aus einem Sarkophag mit darauf platzierten Totenschädeln und einem Ouroboros-Motiv (sich in den Schwanz beißende Schlange) bestehen. Der Sarkophag trägt zusätzlich die Inschrift „WER WAR KÖNIG, WER BETTLER", so dass hier sogar auch das mittelalterliche Totentanz-Thema gestreift wird.

Doch auch ungeachtet einer solch reichhaltigen Ikonografie wurde der Gebrauchsgegenstand ‚Tabakspfeife' dereinst zu einem Vanitas-Motiv stilisiert. So wurde die Pfeife des Öfteren in entsprechende Stillleben integriert, wo sie für flüchtigen Genuss, Rauch und Geruch als Analogie zur Flüchtigkeit und Vergänglichkeit des Lebens stand. Darüber hinaus diente sie als ein Sinnbild von Unmäßigkeit oder Eitelkeit, also Eigenschaften, die als irdische Laster und somit als Gefahr für das Seelenheil galten.

Tabakspfeife, Zedernholz, Horn, Elfenbein, Porzellan, Silber, Textil, um 1800, Foto: Museum für Sepulkralkultur, Kassel

Auch wenn es bei solch ikonografisch einschlägigen Tabakspfeifen somit nicht darum ging, vor den gesundheitlichen Gefahren des Rauchens zu warnen, scheint für uns heutige Betrachter ihre Botschaft doch eindeutig zu lauten: Rauchen kann tödlich sein!

 

Dr. Ulrike Neurath | Kustodin
Museum für Sepulkralkultur, Kassel

AsKI kultur leben 1/2022

 

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