Museum der Brotkultur, Ulm - Schlagwort Brot. Politische Plakate des 20. Jahrhunderts

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Plakat Vergeude kein Brot, Ministery of Food, Grossbritannien, 1917, © Museum der Brotkultur Ulm

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war von immensem, technischem Fortschritt, aber auch von tiefen, weltweiten Katastrophen gekennzeichnet.

Wirtschaftliche Not und Hunger als Folge zweier Weltkriege und schwerster innenpolitischer Auseinandersetzungen bedrohten große Teile der Bevölkerung unmittelbar in ihrer Existenz. Die Vokabeln „Arbeit", „Freiheit", „Brot", die geradezu leitmotivisch auf vielen Plakaten wiederkehren, brachten in den Krisenzeiten auf den Punkt, was für die Menschen auf dem Spiel stand. Die Plakate zeigen aber auch, wie gerade das Grundnahrungsmittel Brot schnell zum leeren Schlagwort im Streit der politischen Gegner werden kann.

Plakat, Werbedienst der deutschen Republik, Max Pechstein, 1919, © Museum der Brotkultur Ulm

Weimarer Republik

Ohne die Zensurbestimmungen der Kaiserzeit entwickelte sich seit dem Ende des Krieges eine lebhafte Plakatkultur in Deutschland. Zudem machten technische Neuerungen die massenhafte Produktion von mehrfarbigen Plakaten erschwinglich. Im Vordergrund standen nach den Wirren der Revolution im November zunächst die Aufrufe zur verfassungsgebenden Nationalversammlung - nicht ohne Mahnungen, zur lebensnotwendigen Ordnung zurückzukehren. Die Plakate spiegeln die extreme Labilität der Verhältnisse. Putsche von rechts und links, Reparationsforderungen und die Hyperinflation von 1923 hatten jeweils unmittelbar schwere wirtschaftliche Folgen für den Einzelnen. Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit führten ab 1930 zu einer Radikalisierung der Lager und zur Schwächung des Parlaments. Die Forderung nach der Sicherung des täglichen Brotes wurde von Parteien quer durch das politische Spektrum erhoben.

Plakat, Deutsche Plakatagentur (DPA), unbekannt, 1940-41, © Museum der Brotkultur Ulm

Drittes Reich

Im Dritten Reich traten nach der „Gleichschaltung" der Presse zum Zweck nationalsozialistischer Massenpropaganda auch in Plakaten zwei Aspekte des Brotes besonders hervor. Es hieß, die Revanche für den „Schandvertrag" des Friedens von Versailles erfordere einen weiteren Krieg; das „Volk ohne Raum" brauche neue Territorien in Osten, weil es sonst verhungern müsse. Das Recht auf Brot diente so als Rechtfertigung für Eroberungskriege.

Der von vornherein ins Auge gefasste Krieg erforderte die Unabhängigkeit des Reiches von äußeren Hilfsmitteln (Autarkie). Plakate appellierten gezielt an die Sparsamkeit und Opferbereitschaft der Bevölkerung. Und es wurden solche Getreidearten als gesund propagiert, die im Reichsgebiet besonders gut wuchsen, um Getreideimporte zu minimieren (Roggenbrotkampagne).

Plakat Pomogi/Hilf!, Moor (Dmitrij Stachiewitsch Orloff), Reprint nach einer Farblithographie, Schweiz 1966 (Original: Russland, 1921), © Museum der Brotkultur Ulm

Internationale Plakate 1914-45

Da im betrachteten Zeitraum alle europäischen Länder von den gleichen Kriegen und Wirtschaftskrisen betroffen waren, finden sich ähnliche Themen. Das zeigen Beispiele aus Russland, der Schweiz, Österreich, Frankreich und der Ukraine. Wichtige Themen sind die Blockadepolitik der Alliierten im ersten Weltkrieg, die Hungerkrise von 1921 in Russland und die Folgen des Zweiten Weltkriegs in den verschiedenen Ländern.

Plakat, Aktion Brot für die Welt, Evangelische Kirche Deutschland, Rudi H. Wagner, 1959, © Museum der Brotkultur Ulm

Deutschsprachige Plakate nach 1945

In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts war die große Zeit des Plakats vorüber - andere Medien wurden wichtiger. Nach der Bewältigung der unmittelbaren Kriegsfolgen, im Westen vor allem mit Hilfe des amerikanischen „Marshallplans", tritt auch das Thema Brot in den politischen Plakaten in den Hintergund. Neu hingegen sind karitative Plakate zur Bekämpfung der Armut in anderen Weltgegenden mit Hilfsaufrufen von Nichtregierungsorganisationen, wie „Brot für die Welt" der evangelischen Kirche oder „Misereor" der katholischen Kirche.


Die Ausstellung „Schlagwort Brot. Politische Plakate des 20. Jahrhunderts" ist noch bis zum 30. Mai 2010 im Museum der Brotkultur, Ulm, zu sehen.

 

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