LiMoLab: Wortträume zum Anfassen. Das Literaturvermittlungsprogramm im Deutschen Literaturarchiv Marbach

Literaturmuseum der Moderne (LiMo) : LiMoLab

Mit der Eröffnung der Dauerausstellung im neuen Literaturmuseum der Moderne (LiMo) wird das Deutsche Literaturarchiv Marbach zu einem einzigartigen Labor: "LiMoLab"

Mit u.a. folgenden "Forschungsthemen":

  • Wie sehen Ideen aus?
  • Wie werden Stimmungen erzeugt und unvergessliche Geschichten erschaffen?
  • Wie arbeiten Schriftsteller?
  • Was geschieht beim und nach dem Lesen in den Köpfen?
  • Was ist sichtbar an der Literatur?
  • Was bleibt von einem Jahrhundert wie dem 20. im Archiv übrig?

Das LiMoLab ist das Experimentierfeld für neue Formen der musealen Vermittlung von Literatur. Kinder und Jugendliche lernen hier, Literatur auf strukturelle Art zu lesen, sie als Text-Kunstwerk zu verstehen. Die museale Flachware Literatur erhält hier neue Seiten: laute und leise, bunte und bewegte, ruhige und springlebendige Kinder erleben Sprache im LiMoLab als spielerisch zu gestaltendes Material. Gemeinsam werden die kreativen Möglichkeiten literarischer Texte erforscht und für handlungsorientierte Umsetzungen in eigene Texte, Bilder und Szenen genutzt. Ausgangspunkt ist dabei immer die kindliche Lebens- und Leseerfahrung. Jugendliche können im LiMoLab ihre meist inhaltlich orientierte Lektüre um formorientierte Lesarten erweitern. Was verändert sich, wenn man Franz Kafkas "Proceß" nicht im Buch, sondern im Originalmanuskript liest? Was sieht und begreift man dabei? Zur Anwendung kommen kreative Verfahren, die auch andere Kunstformen und gegebenenfalls weitere Medien einbeziehen.

Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten erfahren die Marbacher Ausstellungen als außerschulische Lernorte, die idealerweise vielfältige Ergänzungen zum schulischen Literaturunterricht bieten. Das LiMoLab bietet jeweils einstündige Ausstellungsrundgänge für die Klassen 3-13 an und im Kombi-Angebot dazu Seminare für die Klassen 10-13. So können sich die Jüngsten (Klasse 3-5) auf dem Rundgang "Wortdetektive" auf die Suche nach Wörtern begeben. Sie spüren schöne, traurige, schwierige, leise, laute, kurze, verbotene, unheimliche, lustige, unverständliche und merkwürdige Wörter auf. Auch zur Fahndung ausgeschrieben: geheime Zeichen aller Art. Das entdeckte Wortmaterial wird dann nach einfachen Vorlagen weiterverarbeitet. Schüler der Klasse 5-7 widmen sich der Aufgabe "Poesie aufräumen".

Da Poesie ein aus der Ordnung gebrachtes Alphabet ist, wird es anhand von Beispielen aus dem LiMo probeweise wieder aufgeräumt. Ist das Ergebnis immer noch Poesie? Und was passiert, wenn alles wieder durchgemischt wird? Im Anschluss werden die Ergebnisse mit den Originalen in der Ausstellung verglichen. Mit "Liebesbriefen" beschäftigen sich Jugendliche der Klassen 7-9. Schriftsteller schreiben Romane, Gedichte, Erzählungen, Tragödien und Komödien - und manchmal auch Liebesbriefe. Im LiMo sind viele Beispiele ausgestellt:

  • Womit und worauf sind diese Liebesbriefe geschrieben?
  • Wo wurden sie geschrieben?
  • Welche Worte wurden gefunden?
  • Wie schreiben Dichter an ihre Lieben?
  • Und wie schreiben Jugendliche heute ihre Liebesbriefe?

Die fast schon erwachsenen Schüler der Klasse 10-13 können zwischen einem Ausstellungsrundgang zum Thema "Kafka" oder "Celan" und zusätzlich jeweils begleitenden Seminaren wählen. Zu Lebzeiten war z.B. Kafka der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt - heute gilt er als Schlüsselfigur der Moderne. Die Kafka-Exponate werden im Rundgang erzähldramaturgisch zueinander in Bezug gesetzt und mit umliegenden Objekten der Ausstellung verknüpft. Das Seminar "Der ,Proceß` - die Handschrift redet" beschäftigt sich mit dem kostbarsten Manuskript der Ausstellung, einem der großen Texte des 20. Jahrhunderts. Seine Aussagekraft ist so einzigartig wie seine Geschichte. Der Blick der Schüler wird in diesem Seminar wie durch ein Vergrößerungsglas auf die Dichterhandschrift gelenkt. Das authentische Textzeugnis mit seiner Aura ist Ausgangspunkt, um tiefere Textzusammenhänge aufzuschließen.

Lehrern aller Schularten wird auf einem speziellen Ausstellungsrundgang das Museumskonzept erläutert. Sie erhalten zugleich Bezugspunkte zum schulischen Unterricht - als Vorbereitung eines LiMo-Besuches mit Schülern in Eigenregie. Mit diesem umfangreichen Vermittlungsprogramm eröffnet das Deutsche Literaturarchiv Marbach Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen verschiedene Wege in das Reich der Literatur. Im Umgang mit den Archivalien wird die Lesekompetenz auf eine spezifische Weise gefördert. An den Manuskripten und Büchern, den Schreib- und Lesespuren bekannter Schriftstellerinnen und Schriftsteller lässt sich die Kunst des literarischen Lesens auf ganz handfeste Weise neu lernen.

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 3/2006

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