Komponisteninstitute im AsKI: Der Bereich "Veranstaltungen" der Stiftung Bach-Archiv Leipzig

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Gohliser Schlösschen, Konzert Bachfest 2000, © Foto: Stiftung Bach-Archiv Leipzig

Der Bereich "Veranstaltungen" der Stiftung Bach-Archiv hat ebenso wie die Bereiche Forschung, Bibliothek und Museum seine Wurzeln im Bachjahr 1950. Unter der Überschrift "Deutsche Bach-Feier" fanden damals nicht nur zahlreiche Konzerte mit hochkarätigen Künstlern aus der ganzen Welt statt,

sondern auch der erste Internationale Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb, für dessen Jury unter anderem Dmitri Schostakowitsch gewonnen wurde.

In den folgenden Jahren fanden im Gohliser Schlösschen, Sitz des Bach-Archivs 1951-85, sporadisch Kammerkonzerte statt, oft gebunden an einen Vortrag. Einen eigenen Arbeitsbereich konnten diese Veranstaltungen freilich kaum beanspruchen. Seit dem Umzug in das am südlichen Thomaskirchhof gelegene Bosehaus finden regelmäßig Konzertabende statt. Der barocke Sommersaal mit seiner ausgewogenen Akustik und dem stilvollen Ambiente bietet nahezu ideale Bedingungen für kleinere Ensembles und solistische Auftritte. Sechzig Besucher finden in ihm Platz. Da der Saal zum Bach-Museum gehört, firmieren die jeden Mittwochabend stattfindenden Konzerte seit Anfang der neunziger Jahre unter der Überschrift "Konzerte im Bach-Museum". Sie bilden gewissermaßen den Kern der im Bach-Archiv stattfindenden Veranstaltungen.

Altes Bach-Denkmal gestiftet 1843 von Felix Mendelssohn-Bartholdy, © Foto: Stiftung Bach-Archiv Leipzig

Und sie erfüllen innerhalb des an Musik reichen Leipziger Kulturlebens eine einzigartige Funktion: Nirgends sonst wird so konsequent Kammermusik zwischen 1600 und 1800 auf historischen Instrumenten gepflegt. Nirgends sonst sind Synergien zwischen Forschung und musikalischer Praxis so hautnah erlebbar wie im Bach-Archiv.

Wie bei einer ambitionierten Programmgestaltung zu erwarten, gastieren häufig international renommierte Interpreten und Ensembles. Aber auch Nachwuchskünstler und Studierende der Fachrichtung "Alte Musik" der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig finden hier ein Podium. Die Reihe "Bachpreisträger musizieren" zum Beispiel bietet Preisträgern des vom Bach-Archiv ausgerichteten Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs regelmäßig die Möglichkeit, ihr Können dem Publikum vorzustellen und auf diese Weise einen Weg ins Konzertleben zu finden.

Fahne, © Foto: fotoblume, Klitzschen

Thematische Reihen wie "Die Musikstile Europas um 1700", "Musik auf historischen Tasteninstrumenten", "Sinfoniekonzert im Sommersaal" (mit seltenen Bearbeitungen sinfonischer Werke für Kammerbesetzungen), Wort-Musikprogramme sowie Konzerte zu Ausstellungseröffnungen oder zu vom Kirchenjahr bestimmten Anlässen wie Ostern, Reformationstag und Advent ergänzen das Gesamtprogramm. Rund ein Dutzend Mal pro Jahr ächzt der hölzerne Treppenaufgang zum Sommersaal in der zweiten Etage unter der munter beweglichen Last mehrerer Schulklassen. An der Konzeption und Durchführung von Schülerkonzerten für unterschiedliche Altersgruppen sind Mitarbeiter des Bach-Archivs maßgeblich beteiligt.

Konzert des Thomaner-Chors anlässlich des Bachfestes Leipzig, ©  Foto: Fotodesign Gert Mothes, Leipzig

Flankiert werden die wöchentlichen Kammerkonzerte von zwei Großveranstaltungen: Bachfest Leipzig und Bach-Wettbewerb. Letzterer war ursprünglich als singuläres Ereignis und Bestandteil des Bachfestes von 1950 konzipiert und wurde in den Fächern Klavier, Orgel, Gesang, Violine und Cembalo ausgerichtet. Zu den Preisträgern gehörten viele junge Künstler, die später international bekannt wurden; darunter die Pianisten Tatjana Nikolajewa und Jörg Demus, die Organisten Karl Richter und Diethard Hellmann und die Geiger Igor Besrodny und Michail Waiman.

Der Gedanke, einen zyklisch wiederkehrenden Wettbewerb zu etablieren, reifte trotz des überraschenden Erfolges von 1950 erst in den sechziger Jahren heran. Infolgedessen fand der zweite Bach-Wettbewerb, veranstaltet vom Bach-Komitee der DDR, 1964 statt.

Johann Sebastian Bach; Kurtzer, jedoch höchsnöthiger Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music vom 23. August 1730

Der "Internationale Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb" ist seit 1965 Mitglied der WORLD FEDERATION OF INTERNATIONAL MUSIC COMPETITIONS (Genf). Dem 1957 ins Leben gerufenen Dachverband gehören heute weltweit etwa einhundert Musikwettbewerbe an. Gemein sam werden Probleme diskutiert, wie zum Beispiel die Beurteilungskriterien für künstlerische Leistungen, Anzahl und Höhe der Preisgelder und organisatorische Fragen. Die internationale Zusammenarbeit zielt dabei auch auf die über den Wettbewerb hinausgehende Förderung von Preisträgern. Bis 1996 folgte alle vier Jahre eine neue Ausgabe der Leipziger Konkurrenz, wobei sowohl die Anzahl der vergebenen Preise als auch die Bewertungskategorien (ab 1972 im Fach Gesang Einzelwertung Männerstimmen und Frauenstimmen) sich veränderten. Ab 1984 fand der Wettbewerb in der Regie der "Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten Johann Sebastian Bach der DDR" statt. Nach der politischen © Foto: fotoblume, Klitzschen Emil Rovner, Russland Erster Preisträger, Violoncello XI. Internationaler Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb

Emil Rovner, Russland; Erster Preisträger, Violoncello; XI. Internationaler Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb, © Foto: fotoblume, Klitzschen

Öffentlich und im besten Sinne weltoffen ist auch das Bachfest Leipzig, das vom 3.-12. Mai 2002 stattfindet und unter dem Motto "Bach und die französische Musik" steht. Ein junges Festival, dieses 1999 ins Leben gerufene Bachfest, dessen Vorläufer bis in den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zurückreichen. Bereits heute wird das nunmehr vierte "Bachfest Leipzig" auch von der Politik als ein wichtiges Ereignis von internationalem Rang wahrgenommen: Der Präsident der Republik Frankreich, Jacques Chirac, hat für 2002 die Schirmherrschaft übernommen, und die Eröffnungsrede wird Bundespräsident Johannes Rau halten. Zahlreiche thematische Konzerte, aber auch renommierte Gast-Ensembles © Foto: fotoblume, Klitzschen Violoncellistinnen aus Frankreich Internationaler Johann-Sebastian-Bach- Wettbewerb 1998

Violoncellistinnen aus Frankreich, Internationaler Johann-Sebastian-Bach- Wettbewerb 1998, © Foto: fotoblume, Klitzschen

Und wie geht es danach weiter? Künftig wird der Bereich Veranstaltungen sein Leistungsspektrum gezielt ausbauen. Da sind die Konzerte im Sommersaal, die als Saisonkonzerte des Bach-Archivs neue Inhalte und ein neues Gesicht erhalten werden. Da ist der lang erhoffte Einbau eines Fahrstuhls, der endlich auch Behinderten den Zugang zum Museum und zum Sommersaal ermöglicht. Da ist das Kartenbüro, das seinen Service noch stärker an den technischen und organisatorischen Erfordernissen modernen Verkaufsmanagements ausrichten wird. Da sind dramaturgische und konzeptionelle Überlegungen, wie vorhandene Ressourcen noch besser in den täglichen Arbeitsablauf und in Einzelprojekte eingebunden werden können. Und nicht zuletzt: Die beiden Großveranstaltungen Bachfest und Bach-Wettbewerb werden auch in Zukunft eine Herausforderung nicht nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Veranstaltungen sein, sondern für die gesamte Stiftung Bach-Archiv Leipzig.

Jörg Clemen
Pressesprecher der Stiftung Bach-Archiv Leipzig

AsKI KULTURBERICHTE 1/2002

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