Johann Georg Hamann. Eine Ausstellung im Goethe-Museum Düsseldorf

Johann Georg Hamann, Öl auf Leinwand, 18. Jh., unbekannter Künstler, Goethe-Museum Düsseldorf Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Foto: Goethe-Museum Düsseldorf

Die Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung konnte aus bayerischem Privatbesitz eine Sammlung von Manuskripten und ein Ölbild von und zu dem religiösen Schriftsteller Johann Georg Hamann (Königsberg 1730 - Münster/Westfalen 1788) erwerben, die in einer Kabinett-Ausstellung im Goethe-Museum Düsseldorf gezeigt werden (bis 20. Januar 2002).

Dies ist eine national bedeutende Ergänzung der Sammlungsschwerpunkte des Hauses und lässt zugleich ein ungewohntes Licht auf Goethe selbst fallen.

Im 12. Buch von "Dichtung und Wahrheit", 1814 vollendet, widmet Goethe dem "Magus in Norden", wie der religiöse Schriftsteller genannt wird, mehrere Druckseiten, um dessen Bedeutung als "tiefdenkenden gründlichen Mann" für die "aufstrebende Jugend" des Sturm-und-Drang darzustellen. Sowohl durch die pietistischen Kreise in Frankfurt am Main und Darmstadt als auch durch Herder, der mit Hamann in ständigem Briefkontakt steht, ist Goethe über dessen Schriften informiert, sammelt sie und verfolgt den schließlich nicht ausgeführten Plan, sie zu edieren. Welche Bedeutung Hamann als prophetische Leitgestalt eines Schöpfungs- und Offenbarungsglaubens für Goethe hat, lässt sich zudem an seinen wiederholten "Lektüreschüben" nach Hamanns Tod ablesen: 1806 die "Tag- und Jahreshefte" ("Hamanns Schriften wurden von Zeit zu Zeit aus dem mystischen Gewölbe wo sie ruhten, hervorgezogen. Der durch die sonderbare Sprachhülle hindurch wirkende rein kräftige Geist zog immer die Bildungslustigen wieder an."), 1818-1820 die "Tagebücher", 1823/24 die ersten Bände der von Friedrich Roth herausgegebenen "Sämtlichen Werke" (Berlin 1821-1843). Goethe beschäftigt sich 1819 mit dem veröffentlichten Briefwechsel zwischen Hamann und Friedrich Heinrich Jacobi. Spuren reichen bis in tiefste philosophische Überlegungen Goethes. Hamanns Anspruch, immer aus einer geistig-seelischen Ganzheit heraus zu schreiben, gehört ebenso zu Goethes Bild von ihm wie dessen Verlässlichkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht ein einzigartiges Porträt Hamanns, das bislang nur aus Schwarzweiß-Reproduktionen bekannt war. Das Ölbild von unbekannter Hand bringt in der Spannung aus legerem Äußeren und überlegenlistigem Blick den intellektuellen Habitus, der sich in seinen Schriften ausspricht, überzeugend zur Anschauung. Seine zentrale Erfahrung des Durchbruchs zu religiöser Selbstgewissheit während seines Aufenthalts in London (1756-1759) spiegelt sich in dem von ihm selbst gebundenen Werkmanuskript "Gedanken über meinen Lebenslauf". Der Briefwechsel zwischen Friedrich Roth, dem Herausgeber der Werke, und dem Philosophen und Schriftsteller Friedrich Heinrich Jacobi, den Hamann 1787 in (Düsseldorf-) Pempelfort aufgesucht hat, lässt Nähe und Abstand der Kritik des Vernunftsbegriffes im Zeitalter der Aufklärung erkennen. Thematische Schwerpunkte der von einem Katalog begleiteten Ausstellung sind Hamanns Sokrates-Bild, in dem sich Christlichkeit und Genie-Verständnis verbinden, die politische Distanz zum Absolutismus Friedrichs II., schließlich die Sprachkritik. Ein Schriftsteller, dessen Werk noch vor wenigen Jahrzehnten lebendiger Bildungsbesitz war, soll wieder sichtbar gemacht werden.

Prof. Dr. Dr.h.c. mult. Volkmar Hansen,
Vorstand und Direktor des Goethe-Museums /
Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Düsseldorf

Katalog: Johann Georg Hamann 1730-1788, hrsg. v. Volkmar Hansen, Düsseldorf 2001, 72 S., ca. 10 Abb., 20 DM/10 EUR, ISBN: 3-9805383-3-8

AsKI KULTURBERICHTE 3/2001

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