Frieden durch Recht. Das Reichskammergericht 1495 bis 1806 : AsKI-Jahresausstellung

AsKI-Logo klein

Jacob Andreas Fridrich di. (1714-1779), Audienz des Reichskammergerichts, 1754, Kupferstich (Titelvignette), aus: Friedrich Wilhelm Tafinger, Institviiones Iwispvdentiae Cameralis, Tübingen 1754, Pfälzische Landesbibliothek Speyer 4.8092, Foto: Frank Mihm, Kassel

Aus Anlaß des 500. Gründungsjubiläums des Reichskammergerichts zeigt die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung in Wetzlar zusammen mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Bundesarchiv Koblenz als diesjährige AsKI-Jahresausstellung einen Überblick über die mehr als 300jährige Geschichte des ehemals höchsten Gerichts im Alten Reich.

Aus der Reichsreformdiskussion des 15. Jahrhunderts hervorgegangen, wurde das Gericht 1495 auf dem Reichstag zu Worms begründet und - und darin zeigt sich eine der wesentlichen Neuerungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Zeit - unabhängig vom kaiserlichen Hof in der Reichsstadt Frankfurt angesiedelt. Recht sollten nicht mehr allein die adligen Berater des Königs sprechen, sondern vor allem auch ausgebildete Juristen, bewandert im römischen Recht, auf das sie sich neben den angestammten territorialen Rechten als Grundlage ihrer Rechtsprechung stützten. Das Gericht zog nun nicht mehr mit dem König durch die Länder, war nicht mehr an die Präsenz des Reichsoberhaupts und seines Rates gebunden, sondern wurde stetig, tagte an einem festen Ort, zu festen Zeiten und stand als Berufungsinstanz nicht allein den oberen Ständen des Reiches offen. Von Beginn an legten die Reichskammergerichtsordnungen eine geregelte anwaltliche Vertretung auch für Arme fest.

Daß Rechtsgeschichte zugleich auch in hohem Maße Sozial-und Kulturgeschichte beinhaltet, kann die Ausstellung an Hand der Prozeßtätigkeit des Gerichts mittels herausragender Leihgaben dokumentieren. Die Probleme und gesellschaftlichen Veränderungen der frühen Neuzeit finden sich in Form von Konflikten zwischen Privatpersonen oder Ständen vor den Speyerer resp. Wetzlarer Richtern wieder: Landfriedensbruch, Bauernunruhen, Grenzverletzungen, Vorwürfe wegen Zauberei oder Hexerei, Diskriminierungen von Juden, Auseinandersetzungen im Rahmen der Reformation. Diese inhaltliche Bandbreite des Themas erhellen die Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler: Holzschnitte von Dürer, Burgkmair und Cranach d. Ä. sowie Gemälde von Strigel, Schwendtner, Tischbein u. a. dokumentieren neben wertvollen Handschriften, frühen Drucken und Urkunden das reichhaltige kulturgeschichtliche Erbe des Bemühens um eine Sicherung des gesellschaftlichen "fridens" durch die Etablierung einer anerkannten Rechtsordnung.

Insgesamt erfolgt die Betrachtung der Prozeßtätigkeit des Gerichts und seiner institutionellen Entwicklung in dem breiten Zusammenhang der Darstellung höchster Rechtsprechung in den europäischen Nachbarländern Frankreich, Italien, Niederlande, England, Schweden und Polen. Alle Themen der Ausstellung werden durch z. T. einzigartige Leihgaben aus dem In- und Ausland repräsentiert sein, die einen Bogen vom Sachsenspiegel bis zum Code Napoldon umspannen.

Eine chronologische Struktur der Ausstellung liefert eine Folge von Gerechtigkeitsbildern und Justitia-Darstellungen, die als zeitgenössische Rechtsideale der Rechtswirklichkeit am Reichskammergericht kommentierend gegenübergestellt werden

Dr. Ingrid Scheurmann
Leiterin der Forschungsstelle zum
Reichskammergericht in Wetzlar


Zur Ausstellung erscheint im Verlag Philipp von Zabern ein umfangreicher Katalog.

Stationen der Ausstellung:
  • Wissenschaftszentrum Bonn, 8.12.1994 - 22.1. 1995
  • Historisches Museum Frankfurt, 25.2. - 30.4.1995.

 

AsKI KULTURBERICHTE 2/1994

.

xxnoxx_zaehler