EDITORIAL: Museumsschreiber

Im Rahmen des auf fünf Jahre ausgerichteten Programms „Toleranz und Integration" möchte ich den Lesern dieses Heftes, die der Struktur des AsKI entsprechend über das ganze Bundesgebiet verteilt sind, an einem Projekt eine der Möglichkeiten vorführen, konkret hohe Zielsetzungen in die Alltagswirklichkeit umzusetzen, oder, um die Sprache von Produktplanern zu gebrauchen, „herunterzubrechen".

Bewährt haben sich ergänzende Führungen in Fremdsprachen, nicht nur bei Sonderausstellungen; dies gilt besonders für den so lange abgeschnittenen osteuropäischen Raum. Im Jahre 2006 hat das Literaturbüro von Nordrhein-Westfalen erfolgreich als Projekt die Buchreihe Museumsschreiber auf den Weg gebracht, in der von schon bekannten Autoren Gedichte, kurze Geschichten oder Essays veröffentlicht werden, die aus der persönlichen Erfahrung mit einem der Düsseldorfer Museen entstanden sind. Verbunden mit den preiswerten Bändchen, für die es nicht schwierig ist, Sponsoren zu finden, besteht die Möglichkeit einer Autoren-Lesung - als selbständiger Vortrag oder Teil einer Museumsnacht.

Speziell ausgewählte Museumsschreiber könnten auch eine Bereicherung für Fachtagungen sein, die sich inhaltlich mit dem Thema „Kulturelle Vielfalt und Integration" befassen, wie z.B. 2006 die AsKI-Fachtagung „Toleranz und Integration im aktuellen Verlagsprofil".

Feridun Zaimoglu, © Foto: Britta Rating

Mit Feridun Zaimoglu, der 1964 im anatolischen Bolu geboren wurde, aber seit mehr als 35 Jahren in Deutschland lebt, konnte das Goethe-Museum einen solchen Autor gewinnen. Zaimoglu schreibt in deutscher Sprache Drehbücher und überregional Journal-Artikel, hat zuletzt den Roman Hinterland veröffentlicht, dessen Spielraum sich zwischen der Nordseeinsel Föhr und Ankara erstreckt und westöstliche Erfahrungshorizonte in die Episoden um das Liebespaar Ferda und Aneschka integriert. Der Adelbert-von-Chamisso-Preis wurde ihm 2004 verliehen, und aus dem Jahresstipendium 2005 für die Villa Massimo ist das Taschenbuch Rom intensiv. Mein Jahr in der ewigen Stadt hervorgegangen. Feridun Zaimoglu erhielt kürzlich den mit 10.000 Euro dotierten Jakob-Wassermann-Literaturpreis der Stadt Fürth, „in Anerkennung seines vielgestaltigen literarischen Werkes und für seine Rolle als engagierter kultureller Mittler im deutsch-türkischen Dialog". Als Museumsschreiber setzt er diesen emotional-geistig schwierigen Prozess der Aneignung durch Einbindung überzeugend fort.

Volkmar Hansen
Vorsitzender des AsKI

Titelbild KULTUR lebendig 1/10 : Franz von Lenbach, Der rote Schirm,um 1860, Hamburger Kunsthalle

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 1/2010

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