EDITORIAL: Erneuerte Bildungsidee

Zu dem frischen Wind, den die Ergebnisse der Pisa-Studien in viele Debatten gebracht haben, gehört die Frage, ob das "paradigmatische Lernen" nicht de facto zu einer Reduktion des Geschichtsbewusstseins geführt hat. Statt eines auf den verschiedenen Stufen verschieden erlernten Kontinuums steht ein insuläres Wissen, das nicht in der Lage ist, Verbindungslinien zu ziehen, das Beziehungsreiche aus sich selbst zu gewinnen.

Zu den vernachlässigten Epochen gehört das Barock, das es nicht zu der Ehre des paradigmatischen Kernbereichs gebracht hat. Ein jüngstes Beispiel aus einem unserer Häuser, der begehbare Globus in Schleswig, lässt erkennen, was wir erschließend leisten können, um ein Geflecht sichtbar und damit potentiell produktiv zu machen.

Der rekonstruierte Globus zeigt in seinem Inneren die Sternenkarte, wie sie uns durch die Kopernikanische Wende möglich ist, die also die Erde als Planeten der Sonne vorstellt. Als wichtigster Autor hat sie der Hofpoet und Gelehrte Adam Olearius beschrieben, dem wir die Übersetzung "Persianischer Rosenthal" des persischen Dichters Saadi verdanken. Die Qualitäten seiner beschreibenden Teile beruhen auf der konkreten Reiseerfahrung als Gesandter, und eine Ausgabe von 1696 vereinigt die Übersetzung des "Golestan" und die "Moscowitische und Persianische Reisebeschreibung", ausgestattet mit reichem Bildmaterial. Die Rekonstruktion des Globus ist zudem ein Muster dafür, dass Geschichtsbewusstsein sich nicht von der Gegenwart abwenden muss - er ist in einem modernen, bauhausähnlichen Gebäude in einer barocken Gartenterrassenlandschaft untergebracht, die den imposanten Eindruck herstellt.

Volkmar Hansen, Vorsitzender des AsKI

Titel KULTUR lebendig 3/05

 

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 3/2005

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