Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin: Hans Helmut Prinzler bleibt auch im Ruhestand seiner Liebe zum Kino treu

Hans Helmut Prinzler, © Foto: Filmmuseum Berlin - Stiftung Deutsche Kinemathek

Allsonntäglich befragt der Berliner "Tagesspiegel" unter den Rubriken "Was ich mag / Was ich nicht mag" Personen von öffentlichem Interesse nach ihren Vorlieben und Abneigungen.

Die kurzen Antworten charakterisieren den Befragten häufig in verblüffender Weise selbst. Auch Hans Helmut Prinzler - bis vor kurzem Direktor des Filmmuseums Berlin und Vorstand der Stiftung Deutsche Kinemathek - zählt zu diesen Personen. Im Oktober 2002 gibt er auf der Negativseite u.a. folgende Auskunft: "Beim Telefonieren - Gesprächspartner, die nicht auf den Punkt kommen" und auf der Positivseite "Bei der Arbeit - positive Ausstrahlung derer, mit denen ich zu tun habe".

In einem sehr persönlichen, würdigenden Portrait in der "Süddeutschen Zeitung" (15.2.2006) beschreibt der Film- und Medienwissenschaftler Norbert Grob unter der Überschrift "Der gelassene Enthusiast" seinerseits Prinzler als "engagiert und kompetent in der Sache, souverän bei den Entscheidungen, und, vielleicht noch wichtiger: Hat er seine Entscheidung einmal gefällt, hält er daran fest und bleibt solidarisch. [...] Eine seiner wichtigsten Eigenschaften war und ist die Fähigkeit zuzuhören." Die Selbstauskunft Prinzlers und seine Darstellung durch befreundete Dritte ergeben ein in sich stimmiges Gesamtbild.

Hans Helmut Prinzler, geboren 1938 in Berlin, studierte Publizistik, Theaterwissenschaft und Germanistik in München und Berlin. Nach beruflichen Anfängen am Institut für Publizistik der Freien Universität Berlin und an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin wechselte er 1979 zur Stiftung Deutsche Kinemathek. Fast drei Jahrzehnte blieb er diesem Haus, gegründet 1963 und seit 1994 Mitglied im AsKI, verbunden: zunächst als Referent für Veranstaltungen und Publikationen, ab 1990 als Vorstand der Stiftung und ab 2000 als Direktor des Filmmuseums Berlin.

In dieser Zeit wurde er auch als Autor und (Mit-)Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen bekannt, zu denen Standardwerke wie "Film in der Bundesrepublik Deutschland" (1979, zus. mit Hans Günther Pflaum) und "Chronik des deutschen Films. 1895-1994" (1995, seit 2005 auch online verfügbar) gehören, aber auch Publikationen zu einzelnen Künstlern, wie z.B. Ernst Lubitsch (1984, Hrsg. zus. mit Enno Patalas), Steven Spielberg (1985, zus. mit seiner Frau Antje Goldau), Helmut Käutner (1992, Hrsg. zus. mit Wolfgang Jacobsen), Friedrich Wilhelm Murnau (2003, Hrsg.) sowie die filmhistorische Zeitschrift "FilmGeschichte" (seit 1991, Hrsg.).

Prinzler ist jahrelanges Mitglied zahlreicher Kommissionen und Beiräte (Goethe-Institut, Kinemathekverbund, BMI, Kuratorium junger deutscher Film, Rundfunkrat des SFB und RBB). Seit 1996 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg, Abteilung Film- und Medienkunst, seit 2000 Direktor dieser Abteilung.

Seit 1980 war Prinzler im Rahmen der Berlinale Leiter der filmhistorischen "Retrospektive", die seit 1977 von der Stiftung Deutsche Kinemathek, jetzt Filmmuseum Berlin - Deutsche Kinemathek, organisiert und durchgeführt wird. Begonnen hatte die Retrospektive 1977-79 mit den Film-Ikonen Marlene Dietrich und Rudolph Valentino - die letzte von Prinzler verantwortlich gezeichnete Retrospektive 2006 war den "Traumfrauen. Stars im Film der fünfziger Jahre" gewidmet. Für seinen "unermüdlichen Einsatz für das filmische Erbe", so Berlinale-Direktor Dieter Kosslick, wurde Prinzler im Februar dieses Jahres mit der "Berlinale Kamera" ausgezeichnet, die Laudatio hielt Senta Berger. Mit dieser seit 1986 vergebenen Ehrung sieht sich Hans Helmut Prinzler in einer Reihe mit berühmten Regisseuren/Drehbuchautoren/Schauspielern, wie u.a. Fred Zinnemann, Bernhard Wicki, Francis Ford Coppola, Curt Siodmak, Klaus Maria Brandauer, Jodie Foster, Lauren Bacall, Meryl Streep, Armin Müller-Stahl.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann verabschiedete Ende März 2006 Hans Helmut Prinzler in einem persönlichen Gespräch. Die von Prinzler verantwortete Retrospektive auf der Berlinale sei zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Festival-Programms geworden, der die Besucher die Geschichte des Films erfahren lasse, so der Kulturstaatsminister. Seit 2004 wird die Stiftung Deutsche Kinemathek vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert.

Die Nachfolger von Prinzler sind seit April 2006 als Künstlerischer Direktor Dr. Rainer Rother und als Verwaltungsdirektor Dr. Paul Klimpel (s. Bericht im AsKI-Newsletter 1/2006, S. 10).

Seiner Liebe zum Kino bleibt Hans Helmut Prinzler auch weiterhin treu. Als Nächstes geht er gemeinsam (Drehbuch und Regie) mit dem Filmkritiker Michael Althen auf Entdeckungsreise durch 100 Jahre Film in Deutschland mit dem Dokumentarfilm "K wie Kino. Wer hat Angst vorm Deutschen Film?". Finanziell gefördert wird das Projekt u.a. von BKM, Filmstiftung Nordrhein-Westfalen, FFF-FilmFernsehfonds Bayern, WDR und Goethe-Institut. Ab 2007 ist der Dokumentarfilm dann in den Kinos zu sehen.

"Er hat eine unbändige Neugierde auf jeden Film, jedes Buch, jede Kritik, die er nicht kennt. [...] Sein Interesse am Kino ist unerhört", so Norbert Grob über Prinzler in seinem Beitrag. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, ihn erneut zufällig, aber doch nicht allzu überraschend als direkten Nachbar-Zuschauer im Kino zu treffen. So geschehen am Rande des Filmfestes in München, wo man den "ganz wunderbaren Film" (Zitat Prinzler) "Va savoir" von Jacques Rivette gemeinsam sehen konnte.

Gabriele Weidle

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 2/2006

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