Der Mann für schönste Bücher

Verabschiedung von Wolfgang Rasch (l.) im Dezember 2000, neben ihm Rainer Groothuis, Foto: Stiftung Buchkunst

Wolfgang Rasch, Geschäftsführer der Stiftung Buchkunst, im Ruhestand

Wer in den Dezembertagen des letzten Jahres die Räume der Stiftung Buchkunst im ersten Stock der Deutschen Bibliothek betrat, erblickte dort auf dem ovalen Konferenztisch viele Neuerscheinungen mit eingelegten Bewertungsbogen: das sichtbare Ergebnis des gerade abgeschlossenen Wettbewerbs "Die schönsten deutschen Bücher. Vorbildlich gestaltet in Satz, Druck, Bild, Einband".

Die Jury hatte im Jahr 2000 aus 760 Titeln von 330 Einsendern 47 Bücher prämiiert und elf "lobende Anerkennungen" ausgesprochen. Moderator in diesem 50. Verfah ren nach dem Krieg war zum letzten Mal der seit 1983 amtierende Geschäftsführer dieser Institution, Wolfgang Rasch. Seine souveräne und versierte, seine höfliche und humorvolle Art wurde gerade auch hier hoch geschätzt.

Wolfgang Rasch stammt aus Halle an der Saale und kam 1954 als Zwanzigjähriger nach Frankfurt. Das in Erfurt begonnene geisteswissenschaftliche Studium führte er an der Goethe-Universität fort, bevor er sich in Anbetracht der äußeren Verhältnisse und seines inneren Antriebs zu einer Ausbildung als Verlagsbuchhändler entschloss. 1960 wechselte er als Hersteller zum S. Fischer Verlag. Dort tauschte er, was ungewöhnlich war, den Hersteller- mit einem Lektorenposten im Taschenbuch Verlag, wo er nach einem kurzen Zwischenspiel beim Deutschen Studien Verlag zum Cheflektor mit Prokura avancierte. Als das Holtzbrincksche Regiment ihm nicht mehr behagte, machte er sich 1978 selbständig: "Wolfgang Rasch Publikationsservice". Daneben unterrichtete er sein Herstellungsfach in der Berufs- und später in der Buchhändlerschule. Im Herbst 1982 ermunterte ihn sein ehemaliger Lehrherr Alfred Metzner, sich um die Geschäftsführerstelle bei der Stiftung Buchkunst zu bewerben. Er setzte sich gegen 46 Konkurrenten durch, was der Vorsitzende seines Vorstands, Dieter Beuermann, als "einen Glücksfall" bezeichnet.

Wolfgang Rasch holte die Stiftung aus ihrer buchkünstlerischen Einseitigkeit und Isolation heraus und machte sie in der Öffentlichkeit zur Lobby für ein sich ständig verbesserndes Gebrauchsbuch. Mit Ausstellungen, Vorträgen und Publikationen, überhaupt mit seinem ganzen geselligen Wesen sorgte er dafür, dass die Ideen der Stiftung in der Branche wachsende Akzeptanz erfuhren. Nach der Vereinigung Deutschlands schaffte er es, auf dem Gebiet der Buchkunst - mit viel Einsatz und Geschick - Frankfurter und Leipziger Aktivitäten zu verbinden und zu harmonisieren. "Die schönsten Bücher aus aller Welt" - 700 vorbildliche Bücher aus 35 Ländern, ausgewählt von ähnlichen Institutionen wie der deutschen Stiftung - behaupten weiterhin auf der Leipziger Frühjahrsmesse einen hervorragenden Platz. Im "Haus des Buches" am Gerichtsweg unterhält die Stiftung seither ein eigenes Büro. In Frankfurt zog man 1997 aus dem alten Quartier an der Sophienstraße in die Deutsche Bibliothek um.

In einer herzlichen Feier in der Deutschen Bibliothek verabschiedeten Freunde und Kollegen Wolfgang Rasch: Sie überreichten ihm die Festschrift "Rasch-Hour", in der neben Büchermachern auch Künstler wie Rotraut Susanne Berner und Hans Peter Willberg oder Verleger wie Klaus Wagenbach und Siegfried Unseld vertreten sind. Man darf gewiss sein, dass einige unter den für ihn bestimmten Präsenten seine eindrucksvolle Kochbuchsammlung (600 Titel) weiter vermehren. Der Terminkalender des Ruheständlers ist gut gefüllt. Unter anderem richtet er eine Ausstellung in Tokio aus, und er nimmt einen Lehrauftrag an der Mainzer Gutenberg-Universität wahr. So wird Wolfgang Rasch sich auf diese Weise langsam von einem offiziellen Förderer zu einem privaten Freund der schönen Bücher verwandeln. Das heißt: Er wird der bleiben, der er ist.

Beitrag aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 16. Dezember 2000

Dr. Adolf Fink
Dozent an der Deutschen
Buchhändlerschule in Frankfurt am Main

AsKI KULTURBERICHTE 1/2001

.

xxnoxx_zaehler