AsKI-Gemeinschaftsausstellung 2009/2010 - Begegnung mit dem Fremden. Frühe Orientbilder im 17. - 19. Jahrhundert

AsKI-Logo klein

Begegnung mit dem Fremden, Katalog zur Ausstellung, Foto: AsKI e.V.

Die Gemeinschaftsausstellung des AsKI „Begegnung mit dem Fremden. Frühe Orientbilder im 17.-19. Jahrhundert" ist bisher auf zwei Stationen gezeigt worden: Ende 2009 im Goethe-Museum Düsseldorf und von Januar bis März 2010 im Winckelmann-Museum, Stendal.

Winckelmann-Museum, Stendal: Schwerpunkt „Archäologie"

An jedem Ort haben die Exponate ihre ganz eigene Ausstrahlung. Dies hängt nicht nur mit den verschiedenen Schwerpunkten zusammen, sondern auch mit den jeweiligen Ausstellungsorten und der Jahreszeit: Konnte die Eröffnung im Düsseldorfer Schloß Jägerhof noch bei fast mediterranen, spätsommerlichen Temperaturen stattfinden, so empfing den Besucher der Vernissage in Stendal eine winterlich verschneite Stadt. Während der Fokus im Goethe-Museum auf die Literatur gerichtet war, auf die Inspirationen, die Dichter wie Goethe und Novalis durch die Begegnung mit dem Orient für ihr Werk erhielten, stand im Winckelmann-Museum natürlich die Archäologie im Vordergrund.Katzensarg mit Mumienrest (Detail), Spätzeit, 6. – 4. Jh. v. Chr., Holz mit Stuck überzogen, Reste von farbiger Bemalung und Vergoldung, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Schlossmuseum, © Foto: Winckelmann-Museum, StendalIn den wie für die Ausstellung geschaffenen Räumen von Winckelmanns Geburtshaus konnten im Ausstellungsbereich Begegnungen, zu dem neben der Archäologie auch Reisebeschreibungen und der Dialog der Religionen gehören, zusätzlich wertvolle Ägyptiaca als Leihgaben der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Schlossmuseum, sowie der Skulpturensammlung, Dresden, präsentiert werden. Den Bereich Orient-Mode ergänzte das Winckelmann-Museum ebenfalls um zahlreiche anschauliche Exponate größtenteils aus der eigenen Sammlung: Delfter und japanische Fayencen mit orientalischen Motiven; Stiche zur Veranschaulichung orientalischer Kleidung (Privatsammlung) und am Ende der Ausstellung zwei große chinesische Tänzerfiguren, die den Besucher verabschiedeten. Fast alle zusätzlichen Exponate sind auch in Gottorf zu sehen.

Eingeleitet wurde die Vernissage in Stendal durch einen stimmungsvollen Liederabend. Unter dem Titel „Gesänge des Orients" interpretierten die Sopranistin Silvia Weiss und die Pianistin Karola Theill vorwiegend Vertonungen von Gedichten aus dem „West-Östlichen Divan" (Goethe / Willemer), u.a. von Robert Schumann, Franz Schubert, Johannes Brahms, aber auch von Alexander Zemlinsky nach Gedichten von Kalidasa. Die Konzertgäste in der Katharinenkirche dankten den Künstlerinnen mit lang anhaltendem Beifall und Bravo-Rufen. Dr. Stephanie-Gerrit Bruer, Direktorin des Winckelmann-Museums, führte im Anschluss kenntnisreich durch die sehr gelungene Präsentation der Ausstellung.

Das Rahmenprogramm während der Ausstellung bot mehrere Vorträge an, u.a. auch des AsKI-Vorsitzenden Volkmar Hansen, sowie zur Finissage eine Veranstaltung mit orientalischen Märchen und passender Verköstigung.

Gabriele Weidle

Schloß Gottorf, Schleswig: Schwerpunkt „Reisebeschreibungen"

„Man kann von fremden Völkern immer,
wenn man nur will, etwas Gutes lernen."

Adam Olearius

Auf Schloß Gottorf erhält die Ausstellung im ersten Bereich Begegnungen einen zusätzlichen Schwerpunkt mit „Reisebeschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts". Neben der aus kulturgeschichtlicher Sicht folgenreichen Reise der holsteinischen Gesandtschaft (1633-1639) - von Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf geplant -, die über Moskau in die persische Hauptstadt Isfahan führte und die Möglichkeiten erkunden sollte, den Seidenhandel mit Persien aufzunehmen, wird auch die vom dänischen König Christian V. finanzierte Expedition in den Jemen (1761-1767) ausführlich dargestellt, die allgemein als „Arabische Reise" bezeichnet wird.

Adam Olearius, Voyages Très-curieux  & très renommez faits en Moscovie, Tartarie et Perse, Par le Sr.  Adam Olearius, Bibliothecaire du Duc de Holstein, & Mathematicien de  sa Cour, Bd. 1 und 2 (Amsterdam, 1727), © Foto: Stiftung  Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß GottorfDie Reise der holsteinischen Gesandtschaft - unter der Leitung des Hamburger Kaufmanns Otto Brüggemann und des Juristen Philipp Crusius - begleitete als Sekretär Adam Olearius, der nach Abschluss der Expedition ausführlich über den Reiseverlauf, die bereisten Länder und die fremden Sitten berichtete. Dies tat er mit so großem Interesse an den fremden Kulturen, dass er aus der wirtschaftlich wirkungslosen Reise einen kulturhistorischen Erfolg machte. Acht Jahre nach seiner Rückkehr, 1647, erschien die erste Auflage seiner Reisebeschreibung „Offt begehrte Beschreibung der Newen Orientalischen Rejse". Dieses Werk zeigt ein auf Objektivität gerichtetes Bild der Länder und Menschen, die bis dahin in Europa eher fremd und mit Vorurteilen belegt waren. 1656 legte Olearius eine noch ausführlichere Ausgabe vor mit dem Titel „Moscowitische und Persische Reise. Die holsteinische Gesandt-schaft beim Schah", in der er den Wolgalauf präzise kartierte und die geographische Position des Kaspischen Meeres neu bestimmte. Diese Ausgabe, mehrfach nachgedruckt und ins Englische, Französische und Niederländische übersetzt, blieb bis ins 19. Jahrhundert hinein das Standardwerk für Persien- und Russlandreisende.

Adam Olearius, 1649 zum Bibliothekar von Schloß Gottorf ernannt, konstruierte 1654 mit den auf der Reise erlangten Kenntnissen den drehbaren Gottorfer Riesenglobus, in dem 10 Personen Platz nehmen konnten und der letztlich als erstes begehbares Planetarium begriffen werden darf. In den letzten Jahren seines Lebens - Olearius starb 1671 - widmete er sich besonders dem Verlegen von Reisebeschreibungen anderer, so z.B. der „Morgenländische(n) Reyse-Beschreibung" von Johann Albrecht von Mandelsloh sowie der „Orientalische(n) Reisebeschreibung" von Jürgen Andersen und Volquard Iversen.

Carsten Niebuhr (1733-1815), Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Ländern, Bd. I, Titelblatt (Kopenhagen, 1774), © Foto: Franckesche Stiftungen, Halle

Während die gottorf'sche Gesandtschaftsreise noch in erster Linie der Erschließung von neuen Handelswegen galt, ist die vom dänischen König finanzierte Expedition in den Jemen das erste bedeutende Beispiel für eine aus rein wissenschaftlichen Gründen durchgeführte Forschungsreise. Ein vorher von Johann David Michaelis zusammengestellter und gedruckter Fragebogen für die Mitreisenden zeigt, dass das Unternehmen der gesamten europäischen Forschung und nicht nur der dänischen zugute kommen sollte. Die fünfköpfige Expeditionsmannschaft bestand u.a. aus dem Theologen F. C. von Haven, dem Botaniker Petrus Forsskål (einem Schüler von Carl von Linné) und dem als Kartograph und Verwalter der Expeditionskasse mitreisenden Carsten Niebuhr.

Carsten Niebuhr war der Einzige, der lebend von der Reise zurückkehrte und die gesammelten Daten und Unterlagen der Expedition veröffentlichen konnte. Die ersten beiden Bände von „Carsten Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Ländern" erschienen in den Jahren 1774 und 1778, der 3. Band wurde erst nach seinem Tod 1837 herausgegeben. Die Werke beinhalten u.a. astronomische und kartographische Beobachtungen sowie Karten, Grundrisse, Ansichten von Städten, Landschaften und Küstenlinien, Darstellungen von Menschen und ihrer Kleidung, ebenso Münzen und Maschinen. Niebuhrs sehr gründliche Beobachtungen und Abmessungen waren die Grundlage für die erste verlässliche Kartenskizze des Roten Meeres. Dank dieser Karte änderten die Briten ihre Postroute nach Indien: Nun wurde die Post nicht mehr um Afrika herum transportiert, sondern über Sues. Auch fertigte Niebuhr auf dieser Reise die erste exakte Karte vom Jemen an, die über 200 Jahre Bestand hatte. Seine sorgfältigen Kopien der Inschriften in den Ruinen von Persepolis ermöglichten später die Entzifferung der altpersischen Keilschrift.

Aber auch andere Reisende erkundeten damals fremde Länder und werden in der Ausstellung vorgestellt: so z.B. Philippus Baldaeus, der die südindische Malabaren-Küste bereiste sowie der französische Botaniker Joseph Pitton de Tournefort, der im Auftrag von König Ludwig XIV. die Levante erforschte.

Zu den Exponaten dieses Ausstellungsbereiches „Reisebeschreibungen" gehören neben einem Portrait von Adam Olearius sowie Landkarten und der originalen Instruktion von Friedrich V. zur dänischen Arabien-Expedition 1761-67 - einer der Leihgaben für diese Station des Niebuhr-Nachfahren und ehemaligen AsKI-Vorsitzenden Barthold C. Witte - zahlreiche bibliophile Ausgaben von Reisebeschreibungen jener Zeit, ergänzt um u.a. ein Astrolabium sowie die Reiseuhr und ein portables Teekästchen von Carsten Niebuhr.

Noch bis zum 30. Mai 2010 ist die Ausstellung auf Schloß Gottorf zu sehen.

Pia Hollweg

Jürgen Andersen, Volquard Iversen, Orientalische Reise-Beschreibung (Hamburg, 1696) Herausgegeben von Adam Olearius, © Foto: Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf


Begegnung mit dem Fremden. Frühe Orientbilder im 17.-19. Jahrhundert

Eine Gemeinschaftsausstellung des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute e.V. - AsKI, in Kooperation mit folgenden Mitgliedsinstituten:

Forschungsstätte für Frühromantik und Novalis-Museum, Schloss Oberwiederstedt, Wiederstedt; Franckesche Stiftungen zu Halle; Goethe-Museum/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Düsseldorf; Museum der Brotkultur/Vater und Sohn Eiselen-Stiftung, Ulm; Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf, Schleswig; Winckelmann-Gesellschaft mit Winckelmann-Museum, Stendal
und mit Beteiligung der AsKI-Institute Freies Deutsches Hochstift, Frankfurter Goethe-Museum/Goethe-Haus, Frankfurt am Main; Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg; Klassik Stiftung Weimar/ Goethe-und-Schiller-Archiv sowie der Stiftung Schloss Friedenstein, Gotha.

www.begegnung-mit-dem-fremden.de

Die Ausstellung wird gefördert aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Katalog
Der umfangreiche Katalog „Begegnung mit dem Fremden. Frühe Orientbilder im 17.-19. Jahrhundert", gefördert durch die Stiftung van Meeteren, Düsseldorf, (110 S., mehr als 100 farbige Abb.) ist für 15,- € in der Ausstellung und für 15,- € zuzüglich Versandkosten über die AsKI- Geschäftsstelle (www.askishop.de) erhältlich (ISBN-13-978-3-930370-21-4).

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 1/2010

.

xxnoxx_zaehler