AsKI-Fachtagung "Rechte und Lizenzen" oder "Aussatz und Hölle"

Fachtagung Rechte und Lizenzen

Zu berichten ist über eine anregende und gelungene Veranstaltung, die sich im November 2002 dem weiten Feld des Urheberrechts und der sogenannten gewerblichen Schutzrechte widmete.

Diese Rechtsgebiete bieten den AsKI-Mitgliedsinstituten sowie ihren Mitarbeitern sicherlich den häufigsten Anlass zu Grübeleien und Kopfschütteln, wenn sie nicht sogar schon zu einigem "Lehrgeld" in Form von Beratungs- und Verfahrenskosten geführt haben. Möglicherweise ist für den juristischen Laien (und selbst für den juristisch ausgebildeten Verwaltungspraktiker) nur noch das Arbeitsrecht ähnlich herausfordernd. Für diese Annahmen spricht jedenfalls nicht zuletzt die rege Diskussion und die zahlreich vorgetragenen Praxisfälle aus dem Kreis der über 50 Teilnehmer.

Unter der kundigen Führung von Georg Schmidt-von Rhein (Landgerichtspräsident a.D.) wurden die Rechtsgebiete in acht Referaten beleuchtet. An einen jeweils ca. halbstündigen Vortrag knüpfte sich eine nochmals gleichlange Diskussions- und Fragerunde an. Um das Fazit vorweg zu nehmen: Es lohnte sich stets, den Referenten und Teilnehmern beider Tage zuzuhören. Die Mischung von rechtswissenschaftlicher Wissensvermittlung und praktischer Diskussion war gelungen, auch wenn an der einen oder anderen Stelle vielleicht eine kürzere oder pointiertere Darstellung vorzuziehen gewesen wäre. Auch wünschten sich einige Teilnehmer eine vollständige Skriptensammlung.

Den ersten Themenblock gestalteten Dr. Gangolf Hess, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesgerichtshof beim I. Zivilsenat, Karlsruhe, und Marcus Nothhelfer, Rechtsanwalt (Kanzlei Ashurst Morris Crisp), die aufgrund ihrer Erfahrungen aus richterlicher und rechtsanwaltlicher Sicht die wesentlichen Aspekte des Urheberrechts einschließlich der jüngsten Gesetzesentwicklung sowie der zukünftig zu erwartenden Gesetzesänderungen referierten. Tatsächlich ist ja nicht jede Idee oder jede menschliche Äußerung ge setzlich geschützt, sondern nur das "Werk" im Sinne von § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG), welches als persönliche, geistige Schöpfung aus dem Alltäglichen herausragen muss und sich in einer konkreten Erscheinungsform manifestiert. Die Rechtsprechung stellt jedoch nicht zu hohe Anforderungen, so dass selbst eine (aus künstlerischer Sicht vielleicht etwas banale) Gebrauchsanweisung, ein Register oder ein Computerprogramm in besonderen Fällen schutzfähig sein kann. Liegt ein solches Werk vor, stehen dem Schöpfer die gesetzlichen Nutzungsrechte (§§ 31ff. UrhG) zu; außerdem kann er das so genannte Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12ff. UrhG) beanspruchen, also bestimmen, ob, wie, wann und in welcher Form sein Werk in die Öffentlichkeit gelangt. Diese Rechte erlöschen nach deutschem Recht erst 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers. Die von den beiden ersten Referenten vermittelte solide Basis versetzte die Teilnehmer nicht nur in die Lage, erste Entscheidungskriterien für kritische Fälle kennen zu lernen, sondern auch die (trotz aller Zweifel im handwerklichen Detail bestehenden) Vorteile der modernen Gesetzgebung im Vergleich zu den mittelalterlichen Bücherflüchen - wie den im Titel dieses Tagungsberichts zitierten, von Herrn Nothhelfer übernommenen Fluch "Aussatz oder Hölle", der die Plagiateure im Vorwort zum Sachsenspiegel von 1235 abschrecken sollte - zu schätzen. Anders als ein solcher Bücherfluch führt nämlich eine Urheberrechtsverletzung im strafrechtlichen Extremfall "nur" zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren und im zivilrechtlichen Normalfall zu (finanziell ärgerlichen und kostspieligen) Unterlassungs-, Vernichtungs- und Schadensersatzansprüchen. Ausgesprochen praxisrelevant waren für die Teilnehmer insbesondere die Erläuterungen zum Zitatrecht sowie zu den Grenzen einer fremden Werknutzung im Falle einer Entstellung oder Beeinträchtigung (vgl. den "Weimarer Bilderstreit" von 1999 aus Anlass der Ausstellung "Aufstieg und Fall der Moderne").

Ein weiterer Bereich, der sicherlich jedem Verantwortlichen eines AsKI-Mitgliedsinstituts bereits zu schaffen gemacht hat, ist die (kommerzielle) Vermarktung und Verwertung von Ausstellungen und Projekten. Hierzu erläuterte Rechtsanwalt Dr. Christofer Eggers (Kanzlei Mayer Brown Rowe & Maw Gaedertz, Frankfurt/M.) die unterschiedlichen Möglichkeiten eines Rechtsschutzes von Ausstellungstiteln, Projektnamen und Schlagwörtern. Zu nennen ist insbesondere die Eintragung als Wort- und/oder Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (Formulare und Informationen bei www.dpma.de). Auf diese Weise wird eine wesentlich größere Rechtssicherheit und -Verbindlichkeit geschaffen, als wenn man sich nur auf ein (oft nicht vorhandenes oder schwer beweisbares) Urheberrecht beruft. In diesem Zusammenhang wurde auch der gerade aktuelle Rechtsstreit zwischen den beiden Museen für angewandte Kultur in Wien und Frankfurt um die Kurzbezeichnung "MAK" diskutiert.

Prof. Dr. Tomas Brinkmann schloss die Vortragsreihe des ersten Tages mit fundierten Ausführungen zum Urheberschutz und -recht insbesondere von Ton- und Wortdokumenten ab. Hierzu konnte er aus seinem reichen Erfahrungsschatz schöpfen als Leiter der Abt. Urheberrecht im Hessischen Rundfunk (hr) und Geschäftsführer der hr Media-Lizenz- und Verlagsgesellschaft.

Das sich anschließende Angebot einer Führung durch Sammlung und Sonderausstellung des Museums für Kommunikation Frankfurt durch den gastgebenden Direktor Dr. Helmut Gold und seinen Stellvertreter Dr. Klaus Beyrer stieß auf reges Interesse. Auf diese Weise konnte die Beschäftigung mit der bei aller gedanklichen Strenge manchmal doch etwas willkürlich erscheinenden Rechtswissenschaft zugunsten der angenehm präzisen und eindeutigen Technik vertauscht werden. Auch der weitere Abend war von gelungener Kommunikation rund um ein kaltes Buffet und wohl temperierte Jazz-Musik geprägt. Sicherlich wurde die aus der russischen Föderation stammende Retro-Jazz-Band auch deshalb engagiert, um den Gedanken zu vertiefen, dass ausführende Künstler leider grundsätzlich kein Urheberrecht an den von ihnen vorgetragenen Stücken beanspruchen können.

Am nächsten Morgen begann das Vortragsprogramm mit einem Referat von Dr. Tilo Gerlach, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL), Hamburg. Die von ihm beschriebenen Leistungsschutzrechte setzen generell eine etwas geringere kreative Leistung voraus; ihr Schutz wird jedoch wegen der damit verbundenen künstlerischen oder wissenschaftlichen Arbeit oder des organisatorischen Aufwands befürwortet. Als Beispiele mögen der Schutz von Datenbanken (§ 87a UrhG), von wissenschaftlichen Ausgaben (§ 70 UrhG) und der Darbietung von urheberrechtlich geschützten Werken seitens der ausführenden Künstler (§ 73 UrhG) dienen. Zur Wahrung dieser Rechte sind die deutschen Verwertungsgesellschaften eingerichtet worden, u. a. die oben genannte GVL (www.gvl.de) für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller und ihre "große Schwester" GEMA - Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, München.

Christian Kröber, Leiter des Geschäftsbereichs Lizenzen und Inkasso I der GEMA, konnte un mittelbar an die Ausführungen seines Vorredners anknüpfen und die Aufgaben und Arbeitsweisen der GEMA schildern (www.gema.de). Hierbei erfuhren die Teilnehmer der Fachtagung mit Erleichterung und Schmunzeln, dass das weit verbreitete Vorurteil, die GEMA würde die vereinnahmten Gelder entweder horten oder ihren Mitarbeitern fürstliche Saläre zahlen, nicht der Wahrheit entspreche - mit freundlicher Ironie bestand Herr Kröber darauf, dass die Einnahmen vor allem den Musikschaffenden zugute kämen. Zudem sei die GEMA mit der Dokumentation der mehr als 5,1 Millionen Werke betraut. Die über 100 unterschiedlichen Einzeltarife, von denen jeweils einer beim Abspielen der Werke zur Anwendung kommt, unterstreichen, so Kröber, das Bemühen der GEMA, die Interessen der Musikverlage, Komponisten und Texter einerseits mit den Interessen der Musiknutzer andererseits in angemessener Weise in Einklang zu bringen. Das wesentliche Kriterium bei der Festsetzung ist die Intensität einer wirtschaftlichen Nutzung, gemessen z. B. an der Höhe des Eintrittsgeldes für eine Veranstaltung.

Einen gelungenen Kontrapunkt zu dem "Allvertretungsanspruch" der Verwertungsgesellschaften setzte Dr. Klaus Graf anschließend mit seinen "Gedanken zum Fotorecht aus alternativer Sicht". Dr. Graf beschäftigt sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 541 "Identitäten und Alteritäten" an der Universität Freiburg im Breisgau u. a. mit Rechtsfragen von kulturgutverwahrenden Institutionen. Im vorliegenden Zusammenhang plädierte er engagiert für die kostenfreie Öffnung und Nutzung der Archivbestände, deren Material nach gängiger Praxis bislang nur nach Zahlung von mehr oder weniger hohen Gebühren verfügbar gemacht wird. Mit seinen pointiert vorgetragenen Thesen entfachte er eine lebhafte Diskussion; als Gegenposition gaben etliche Diskutanten zu bedenken, dass viele Archive und Literaturhäuser ihre chronisch unterfinanzierte Arbeit nicht fortsetzen könnten, wenn nicht auch die Nutzer einen Teil der Kostenlast trügen.

Die Rechtsanwältin Birgit Menche vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V., Frankfurt/M., konnte im Abschlussreferat zum Thema "Die Öffentlichkeitsarbeit der AsKI-Institute und die damit verbundenen urheberrechtlichen Probleme" wesentliche Aspekte nochmals vertiefen, zudem beantwortete sie weitere zahlreiche Fragen der Teilnehmer aus der Praxis. Positiv hervorzuheben ist, dass auch sie dafür plädierte, nach Möglichkeit den Verhandlungsweg zu beschreiten und nicht jeden Rechtsstreit bis zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung eskalieren zu lassen.

Dr. Sabine Jung und Herr Schmidt-von Rhein rundeten die beiden Tage im gastfreundlichen Museum für Kommunikation Frankfurt mit ihren Schlussworten ab, bevor die Teilnehmer endlich wieder in den Dschungel des urheberrechtlichen Alltags zurückkehren konnten.

Dr. Hermann Falk,
Rechtsanwalt in der Sozietät
Woedtke Reszel & Partner (Düsseldorf und Dresden)

 

AsKI KULTURBERICHTE 1/2003

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