Akademie der Künste, Berlin : Es geht ums Ganze - Wagner 2013. Künstlerpositionen

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Linda Watson als Brünnhilde und John Treleaven als Titelheld in Achim Freyers Inszenierung von Wagners Siegfried, Los Angeles 2009, Foto © Monika Rittershaus

Das musikdramatische Werk von Richard Wagner (1813-1883) ist heute ungebrochen populär. Es reizt auf der Macherseite Intendanten wie Regiestudenten, Konservative wie Avantgarde-Performer. Und das Publikum strömt – sei es auf den Bayreuther Hügel, in die Los Angeles Opera oder in die Neuköllner Oper.

Das Bühnenwerk des Ex-Revolutionärs, der sich in Bayreuth mit Hilfe Ludwig II. sein eigenes künstlerisches Walhall schuf, ist seinen Interpreten dabei nie nur Material für die Erfüllung eines Premierenplans. Der Fliegende Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, der vierteilige Ring des Nibelungen, Tristan und Isolde, Die Meistersinger und Parsifal – jene Opern, die zum Bayreuther Kanon gehören – fordern in ihren Themen und in der Komplexität und Suggestivität der Kompositionen die Künstler im Ganzen heraus: handwerklich sowie in ihren Kunst- und Weltanschauungen. Geht es um Wagner, so geht es, scheint es, stets um den Kern. Und neben dem Bekenntnis zu – so das Lob – der Universalität der Geschichten und der zwingenden Schönheit der Musik gibt es entsprechend auch entschiedenen Widerstand gegen – so die Vorwürfe – die musikalische Überwältigung und thematische Geiselnahme in die Welt einer deutschen Depression und des deutschen Antisemitismus. Sicher ist: Im 200. Jahr seines Geburtstages vermag Richard Wagner noch immer zu polarisieren. Gleichzeitig ist sein Werk im kulturellen Leben auch außerhalb Bayreuths und der Bühnen dieser Welt präsent. In der Literatur, der Forschung, der Bildenden Kunst oder im Film.

Die Akademie der Künste, der Richard Wagner ab 1869 angehörte, hat zahlreiche Mitglieder und andere Künstler eingeladen, ihr Verhältnis zu Wagners Werk in Form eines Ausstellungsbeitrages oder einer Veranstaltung zu thematisieren. Sei es durch den Verweis auf bereits Geschaffenes oder durch eine neue Arbeit: eine Installation, einen Text, ein Bild. Daraus entsteht in den drei Hallen des Akademiegebäudes am Hanseatenweg ein Panorama zeitgenössischer Arbeitsweisen und persönlicher Lesarten des Werks, das durch wichtige Archivpositionen ergänzt und durch ein in der Ausstellung stattfindendes Veranstaltungsprogramm fortgeschrieben und kommentiert wird. An der Ausstellung beteiligt sind Akademie-Mitglieder wie Friedrich Dieckmann, Jürgen Flimm, Achim Freyer, Andreas Homoki, Alexander Kluge, Peter Konwitschny, Barrie Kosky, Hans Neuenfels, Helmut Oehring, Anna Viebrock und Robert Wilson. Sebastian Baumgarten, Christian Boltanski, Romeo Castellucci sind dabei, die jungen australischen Performance- und Foto-Künstlerinnen Hold Your Horses (Thea Costantino, Pilar Mata Dupont und Tarryn Gill), Jonathan Meese und Hans-Jürgen Syberberg.

Ihre Beiträge variieren so stark wie ihr Ansätze. Das Spektrum der ausgestellten Arbeiten reicht von der Dokumentation exemplarischer Wagner-Inszenierungen bis zu neuen Arbeiten und Installationen, die eigens für die Ausstellung entstehen. Mit Filmbeiträgen, Originalentwürfen, Texten und Fotos zeigen die beteiligten Künstler bildnerische Umsetzungen ihres spezifischen Ansatzes der Beschäftigung mit Wagner. Teil jeder Position ist auch ein aktuell entstandenes Videogespräch über Wagner. Aus den Archiven wird Material von Ruth Berghaus, Joachim Herz, Heiner Müller und Einar Schleef präsentiert.

Die Veranstaltungen, die im Ausstellungszeitraum sonntags um 17 Uhr stattfinden, vertiefen die Positionen – wie im Fall von Jürgen Flimm, der am 9. Dezember mit Dieter Borchmeyer u.a. über seinen Bayreuther Ring des Jahres 2000 spricht, oder von Einar Schleef, aus dessen Buch Droge Faust Parsifal Jutta Hoffmann am 16. Dezember liest. Mit Diskussionsrunden etwa zur Parsifal-Inszenierung von Christoph Schlingensief mit dem ehemaligen Team (am 17. Februar 2013) oder einem Gespräch zu Alain Platels Inszenierung C(H)OEURS (mit Alain Platel und Gerard Mortier am 6. Januar 2013) wird das Spektrum verbreitert – oder analytisch unterfüttert, wenn etwa Peter Sloterdijk und Manfred Osten über Friedrich Nietzsches Wagner-Verständnis sprechen („Erlösung vom Erlöser?“, 20. Januar 2013). Auch diskutieren zeitgenössische Komponisten über die Bedeutung von Richard Wagner und stellen aktuelle Ansätze vor, mit seinen Werken kompositorisch umzugehen.

Ein Höhepunkt wird die öffentliche Probe von Szenen aus dem Fliegenden Holländer, die Peter Konwitschny mit Manuela Uhl und Dietrich Henschel abhalten wird (3. Februar 2013). Und vom 24. bis zum 27. Januar 2013 bespielen Studierende der Bühnenbildklasse der Universität der Künste und der Regieklasse der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ mit rund 45 jungen Sängern und Musikern das gesamte Akademiegebäude mit Performances zu den Ring-Opern. Das Heer. Vier Operationen an Wagner nennen die jungen Künstler ihr Projekt, in dem sie speziell die Frauenfiguren des Ring aus ihrer eigenen Perspektive betrachten wollen.

Petra Kohse


Wagner 2013. Künstlerpositionen Ausstellung und Veranstaltungen, 7.12.12.- 17.2.13
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin.
Weitere Informationen und Programm: www.adk.de

 

AsKI KULTUR lebendig 2/2012

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