„Kultur stärkt Demokratie!" AsKI-Fachtagung im Deutschen Hygiene-Museum, Dresden

 

Deutsches Hygiene-Museum in Dresden, Foto: Franz Fechner, Bonn

Schon auf früheren Fachtagungen hat sich der AsKI mit Fragen der Kulturvermittlung beschäftigt, etwa mit der kulturellen Bildung an Ganztagsschulen oder dem Museum und der Kultureinrichtung als „Integrationsort".

 

Angesichts der Tatsache, dass demokratische Werte und Verhaltensweisen zunehmend in Frage gestellt werden, scheint die Kultur mehr als zuvor dazu aufgerufen, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen. Unter dem Motto „Kultur stärkt Demokratie!" hatte der AsKI daher sowohl externe Experten als auch Referenten aus den AsKI-Mitgliedsinstituten zu einer außerordentlichen Fachtagung eingeladen, um über Möglichkeiten und Grenzen „demokratiestärkender" Vermittlungsprojekte zu diskutieren.

Eröffnet wurde die Tagung von einem prominenten Gast: Peter Weibel, Direktor des ZKM / Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, forderte unter dem Titel „Kunst und Demokratie" die Entwicklung des Museums von einer reinen Sammlung von Objekten hin zu einem Versammlungsort von Menschen. Angesichts der Krise der repräsentativen Demokratie müsse das Museum zu einem offenen Experimentalraum für neue Formen des Wissenserwerbs und damit zum Ort einer OpenSourceCommunity werden – ein Konzept, das das ZKM zuletzt besonders konsequent in der vielbeachteten und äußerst erfolgreichen Ausstellung „Open Codes" verfolgte.

Grundlegenden Fragen zum Verhältnis von Kultureller und Politischer Bildung widmeten sich zwei Beiträge, die das Thema durchaus kontrovers auslegten: Während Susanne Keuchel, Direktorin der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW, vor der Gefahr einer politischen Instrumentalisierung warnte und für eine strikte Trennung beider Bereiche plädierte, sprach sich Birgit Mandel, Professorin für Kulturmanagement und Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim, für ein gesellschaftliches Engagement kultureller Einrichtungen aus: Kultureinrichtungen verfügten über große soziale und politische Wirkungspotentiale, durch ihre Mehrdeutigkeit und Widersprüchlichkeit eigneten sich die Künste in besonderer Weise zur Erprobung demokratischer Aushandlungsprozesse.

Wie aber können Kulturinstitute Zugänge zu Kunst und Kultur schaffen, um möglichst allen Gesellschaftsgruppen eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen? Unter diesem Aspekt wurden verschiedene aktuelle Vermittlungsformate betrachtet und auf ihre „demokratiestärkende" Wirkung hin befragt. Einen kritischen Blick auf das Thema „Museum und Partizipation" warf Regina Wonisch vom Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt. Partizipative Beteiligungsmodelle schienen derzeit im Museum Konjunktur zu haben. Das Museum fungiere in diesem Prozess weniger als Bildungsinstitution als vielmehr als Kommunikationsplattform, eine konsequente Umsetzung partizipativer Herangehensweisen müsse daher weitreichende Konsequenzen für die Institution Museum haben. Auch die unter dem Stichwort „Outreach" zusammengefasste „aufsuchende Kulturarbeit" könne, so die Referentin und Outreach-Expertin Ivana Scharf, ohne grundlegende Umdenkprozesse nichts bewirken. Allein zusätzliche Angebote außerhalb der Institution reichten nicht aus, vielmehr müssten interne Veränderungsprozesse angestoßen werden, um mehr Menschen einzubeziehen.

Wie gestalten sich im Museum Prozesse von Aneignung und Wissenstransfer im Zeitalter der Digitalität? Den Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die digitale Vermittlungsformen in diesem Zusammenhang bergen, widmete sich Tine Nowak, Leiterin des Projekts „Leben und Lernen X.0" am Museum für Komunikation Frankfurt.

Best-Practice-Beiträge aus den Reihen der AsKI-Mitgliedsinstitute illustrierten verschiedene Ansätze zur praktischen Umsetzung der vorgestellten Modelle. Beeindruckende historisch-politische Bildungsarbeit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora wurde hier ebenso vorgestellt wie das seit 2016 laufende Gemeinschaftsprojekt der drei Bauhaus-Institutionen in Berlin, Dessau und Weimar, die „Bauhaus-Agenten". Zwei besondere Ausstellungsprojekte – „Du bist frei. Reformation für Jugendliche" (Frankeschen Stiftungen zu Halle) und „Rassismus. Die Erfindung der Menschenrassen" (Deutsches Hygiene-Museum, Dresden) – gaben Anlass, partizipative Ansätze zu diskutieren. Auch zwei sehr unterschiedliche digitale Vermittlungsprojekte wurden präsentiert: Die „Debatten-Dienstage" im Museum für Kommunikation Frankfurt, während derer interessierte Bürgerinnen und Bürger mit Experten zu Themen rund um die Folgen der Digitalisierung ins Gespräch kommen, und das „Max-Reger-Portal" des Max-Reger-Instituts Karlsruhe, das sich mit Informationen, Vermittlungsangeboten und Forschungstools ganz demokratisch gleichermaßen an Fachkollegen, Interpreten, Musikpädagogen wie ein breites Publikum richtet.

Als einziges „auswärtiges" Beispiel stellte sich die inmitten des Berliner Stadtteils Kreuzberg liegende Berlinische Galerie vor. Die Herausforderungen, Fallstricke und Gelingensbedingungen einer im nachbarschaftlichen urbanen Umfeld vernetzten Museumsarbeit erläuterte Christine van Haaren, Leiterin des Bereichs Bildung und Outreach des Museums.

Angeregte Diskussionen der zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie immer gekonnt moderiert von AsKI-Vorstandsmitglied Maximilian Müllner, machten die Aktualität und Dringlichkeit des Themas deutlich. Auch in diesem Jahr kamen die Gäste in den Genuss einer Führung durch das ausrichtende Mitgliedsinstitut. Bei einem exklusiven Rundgang durch die Dauerausstellung machte Museumsdirektor Klaus Vogel dabei immer wieder die Herausforderungen auch einer kontinuierlichen Vermittlungsarbeit zu schwierigen Themen deutlich.

Dr. Jessica Popp
Redaktion und Projekte, AsKI e.V

AsKI KULTUR lebendig 1/2019

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