Themenschwerpunkt: Bürgerschaftliches Engagement für AsKI-Institute - Dauerleihgaben und Erwerb von Exponaten durch Mäzenatentum

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Johann Heinrich Füssli (1741-1825), Der Tod der Cordelia, Illustration zu William Shakespeares König Lear (5. Aufzug, 3. Szene) um 1810/20, Öl auf Leinwand, © Foto: Freies Deutsches Hochstift - Frankfurter Goethe-Museum, Frankfurt/Main

In diesen finanziell kargen Zeiten sind Kultureinrichtungen zunehmend auf mäzenatische Hilfe angewiesen.

Um die kulturelle Entwicklung unserer Gesellschaft zu gewährleisten, war und ist die fördernde Initiative Einzelner, privater Einrichtungen oder Unternehmen unverzichtbar. In einem besonderen Maße erfahren viele der im Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institutionen e.V. - AsKI zusammengeschlossenen Institutionen bürgerschaftliches Engagement. Auch die Öffentliche Hand ist sich der „Bedeutung privater Unterstützung für kulturelle Projekte" wohl bewusst, so Kulturstaatsministerin Dr. Christina Weiss in ihrem Grußwort zur Verleihung der achten Maecenas-Ehrung des AsKI an das Ehepaar Waldtraud und Dr. Dr.h.c. Günter Braun.

Beispiele von bürgerschaftlichem Engagement für AsKI-Institute hatten wir bereits in den beiden letzten Ausgaben der „Kulturberichte" vorgestellt:

  • die Gründung von AsKI-Instituten im 20. Jahrhundert auf Initiative Einzelner am Beispiel der Eiselen-Stiftung, des Literaturarchivs Sulzbach-Rosenberg und der Kunsthalle in Emden
  • Sanierungen und Umbaumaßnahmen, realisiert durch wesentliches Engagement von Bürgern am Beispiel des Beethoven-Hauses und der Kunsthalle Bremen.

Im dritten und abschließenden Teil des Themenschwerpunktes möchten wir exemplarisch dokumentieren, welche finanzielle Unterstützung zahlreiche AsKI-Institute bei der Erweiterung ihrer Sammlungen aktuell erfahren. Mit der Nennung an dieser Stelle ist ein ausdrücklicher Dank der Häuser an die Mäzene/Sponsoren verbunden.

Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung

In der Tradition des Bauhaus-Vorkursus hat Werner Schriefers an der Werkkunstschule Wuppertal die Abteilung Grundlehre aufgebaut. Experimentell spielerisches Ausloten der Wechselwirkung von Licht, Bewegung, Zahl und Raum war sein zentrales Thema, um das unterscheidende Sehen, Erfassen und Werten der Studenten zu schulen. Etwa 1.500 bei Werner Schriefers entstandene Studienarbeiten gelangten als Stiftung des Künstler-Lehrers in die Sammlung des Bauhaus-Archivs. Eine Auswahl wurde dort kürzlich erstmals ausgestellt.

Unbekannt, Bewegungsstudie Collage, schwarzes Papier auf dünnem Karton, © Foto: Bauhaus-Archiv, Berlin

Kunsthalle Bremen

1. Max Liebermann: Johann Georg Wolde, 1907 und Adele Wolde, 1910

Die Kunsthalle Bremen stellte am 14. Oktober 2003 offiziell zwei neue Werke Ihrer Sammlung vor, die mit Mitteln der Deutschen Bank erworben werden konnten.

Max Liebermann, Bildnis Frau Adele Wolde, 1910, Kunsthalle Bremen

Es handelt sich um Porträts von Max Liebermann, die der Künstler in den Jahren 1907 und 1910 gemalt hat. Dargestellt sind der Bremer Bankier Johann Georg Wolde und seine Frau Adele, die zu den Stiftern der Kunsthalle gehören. Ihrer Unterstützung verdankt der Kunstverein das „Bildnis des Dichters Zacharie Astruc" von Édouard Manet und das „Gartenfest" von Albert Weisgerber. Das Ehepaar Wolde steht darüber hinaus exemplarisch für deutsche Sammler, die vor dem I. Weltkrieg bedeutende Werke französischer Kunst besaßen. Mit den Porträts von Max Liebermann kann die Kunsthalle nun an ihre Förderer Johann Georg und Adele Wolde erinnern. Gleichzeitig bereichert sie einen ihrer Sammlungsschwerpunkte, zu dem nicht nur Gemälde, Zeichnungen und Grafiken gehören, sondern auch zahlreiche Briefe des Künstlers, welche die Entstehung der neu erworbenen Gemälde genau dokumentieren.

2. Bill Viola, Locked Garden, 1999/2000, Video-Skulptur

Mit der Erwerbung der Videoskulptur „Locked Garden" von Bill Viola schreibt die Kunsthalle Bremen ihre kontinuierliche Sammlungsgeschichte zur Videokunst fort, die von Nam June Paik, Peter Campus, Otto Piene und Klaus vom Bruch bis hin zu Diana Thater und Bjørn Melhus bereits mehrere Generationen umfasst.

Bill Viola: Locked Garden, 1999/2000, Video-Skulptur, © Foto: Kunsthalle Bremen

In der Arbeit „Locked Garden" werden ein Mann und eine Frau auf zwei nebeneinander montierten, und mit einem Scharnier verbundenen LCD-Bildschirmen gezeigt. Die Assoziation zu einem Laptop - selbstverständliches „Gepäck" mobiler Menschen - ist bewusst gewählt: Der Klappmechanismus des Computers erinnert an die kleinen Reisealtärchen des Mittelalters, die in jener Zeit unerlässliches Utensil waren. Diese kleinformatige Video-Skulptur auf einem Sockel fügt sich ideal in den Mittelalter-Saal der Kunsthalle zwischen Madonnen-Darstellungen, den Bildern der Leidenden und lachenden Heiligen und den kleinformatigen Reisealtärchen ein. „Locked Garden" gehört zu einer Edition von fünf Auflagenwerken, die zu den ersten Zeitlupen-Arbeiten von Bill Viola gehören. Bill Viola (geb. 1951 in New York, lebt in Los Angeles) gehört zu den führenden Künstlern der ersten Generation, die nicht nur mit dem Fernsehen aufwuchs, sondern sich ausschließlich dem neuen Medium Video zuwandten. In dieser Generation nach Nam June Paik gehört Bill Viola - wie sonst nur noch Gary Hill - zu den weltweit bedeutendsten, einflussreichsten und erfolgreichsten Videokünstlern. Nur dank der finanziellen Unterstützung von Metall Unterweser, dem Verband der Metall- und Elektro-Industrie, war es der Kunsthalle möglich, das Werk „Locked Garden" von Bill Viola in ihre Sammlung aufzunehmen. Der Verband Metall Unterweser engagiert sich seit Jahren für die Kunst- und Kulturszene Bremens.

Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung

Zum 50-jährigen Jubiläum der Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung konnte der Freundeskreis für das Goethe-Museum in Düsseldorf eine Kostbarkeit erwerben: das Schauspiel „Die Geschwister" von der Hand Philipp Seidels, des Sekretärs von Goethe.

Johann Wolfgang Goethe, Die Geschwister, Werkmanuskript nach Goethes Diktat von der Hand seines Dieners Philipp Seidel (1755-1820), Weimar, 29.-31. Oktober 1776, © Foto: Walter Klein, Düsseldorf

Das 36-seitige Manuskript, im Oktober 1776 geschrieben, stellt die erste erhaltene Werksstufe des Gesamtmanuskripts dar. In dem Stück ist vermutlich die einzige Partie eines Briefs von Charlotte v. Stein in der Lesung Wilhelms wiedergegeben: „Es war in den ersten Tagen unserer Bekanntschaft. Die Welt wird mir wieder lieb, schreibt sie, ich hatte mich so los von ihr gemacht, wieder lieb durch Sie. Mein Herz macht mir Vorwürfe, ich fühle, dass ich ihnen und mir Qualen zubereite. Vor einem halben Jahr war ich so bereit zu sterben und bin's nicht mehr."

Kunsthalle in Emden

„Eine Sammlung muss wachsen, um lebendig zu bleiben." Dr. Achim Sommer, wissenschaftlicher Leiter der Kunsthalle in Emden, umreißt damit das Motto, unter dem die „Freunde der Kunsthalle" die Bestände des Museums regelmäßig bereichern. Es ist eine der vornehmlichsten Aufgaben dieses Fördervereines, die Kunsthalle beim Ankauf neuer Werke zu unterstützen und damit das Profil der Sammlung zu schärfen und zu erweitern. Bei den diesjährigen Erwerbungen der Freunde handelt es sich um drei erstklassige Zeichnungen von K.R.H. Sonderborg und ein opulentes Ölgemälde von Bernd Schwarting.

K.R.H. Sonderborg, Ohne Titel, 1977, Tusche auf Papier, © Foto: Kunsthalle in Emden

Die drei filigranen Arbeiten von K.R.H. Sonderborg konnten nach der in diesem Jahr gezeigten Retrospektive des Künstlers erworben werden. Die Tuschzeichnungen von 1977 entstanden in einer für Sonderborg typischen Weise, angeregt durch Stromleitungen, deren Isolatoren, Masten und Drähte er rhythmisch wiederholt und daraus ein feines Gespinst aus schlanken Bögen und Geraden zaubert. Durch die Loslösung aus dem optischen Zusammenhang „verabstrahiert" Sonderborg das ursprüngliche Motiv und schafft so eine ebenso präzise wie dynamische Komposition. Bernd Schwartings 200 x 260 cm großes Gemälde aus der Serie „Seelenfresser" von 2003 ist dagegen eine großformatige „Farbschlacht", deren malerische Vitalität den Betrachter geradezu überfällt. Schwarting malt naturhaft wuchernde Organismen von flammender Intensität und leuchtender Buntheit: Seine floralen Elemente erinnern an trockene Blüten, Pilze und Früchte. Das neue Werk ist ein Gemälde, dessen leuchtende Farbkraft aufs Schönste mit zwei Publikumslieblingen der Kunsthalle harmonieren: den beiden großen Werken von Gunter Damisch, „Bauch" und „Seele". Ganz im Sinne Henri Nannens sorgen die Freunde der Kunsthalle durch diese Ankäufe dafür, dass sein Museum nicht zum Mausoleum wird. Und die Emder können sich über den Zuwachs in „ihrem" Museum freuen.

Freies Deutsches Hochstift - Frankfurter Goethe-Museum

Zu Goethes Geburtstag am 28. August 2003 wartete die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege mit einem spektakulären Präsent auf: Das Freie Deutsche Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum erhält als Dauerleihgabe ein großformatiges Gemälde von Johann Heinrich Füssli (1741-1825), den Goethe in der Zeit des Sturm und Drang wegen seiner Kraft und Originalität uneingeschränkt bewunderte. „Der Tod der Cordelia" nach Shakespeares „König Lear" (5. Aufzug, 3. Szene) ist ein Spätwerk des Künstlers, der aus Zürich stammt, in Rom einen unverwechselbaren Stil ausbildete und in London seine Wahlheimat fand. In seinen späteren Jahren hatte er eine Professur an der Royal Academy inne. Der exzentrische Maler, bekannt als „The wild swiss", widmete sich mit Vorliebe literarischen Themen, die er mit theatralischer Gebärde und eigenwilliger Phantasie ins Bild setzte.

Füssli hat Shakespeares Tragödie mehrfach interpretiert; eine Darstellung der Eingangsszene „König Lear verstößt seine Tochter Cordelia", die schon den spezifischen Typus der Figuren vorgibt, gehört dem Goethe-Museum. Hier fand 1938, anlässlich einer gemeinsamen Tagung des Hochstifts mit der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, die erste Füssli-Ausstellung in Deutschland statt. Organisiert wurde sie von Ernst Beutler, dem kunstbegeisterten damaligen Direktor des Hochstifts, dem es zwischen 1953 und 1959 gelang, im Frankfurter Goethe-Museum die größte deutsche Füssli-Sammlung zusammenzutragen. Unter den sechs Gemälden ist auch der berühmte „Nachtmahr", der auf Füsslis Zeitgenossen wie ein Schock wirkte. Der Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung ist es nun zu danken, dass dieses ohnehin schon bemerkenswerte Ensemble nach langer Zeit erweitert werden kann: durch die Komposition „Tod der Cordelia", die dem Füssli-Raum ein ganz neues Spannungsgefüge verleiht.

Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie

Der Städelsche Museums-Verein e. V., Frankfurt am Main, ist mit seinen 4.000 Mitgliedern einer der bedeutendsten Mäzene des Städel und des Liebieghauses - Museum alter Plastik. Kunsterhalt und Kunsterwerb zählen zu den zentralen Aufgaben des 1899 gegründeten Vereins.

Hubert Robert (1733-1808), Zeichner in den Ruinen des Palatins, Rötelzeichnung, Städelsches Kunstinstitut Frankfurt am Main, © Foto: Ursula Edelmann, Frankfurt/Main

Durch Mitgliedsbeiträge und Spenden konnte bis heute eine Vielzahl wichtiger Kunstwerke erworben werden. Mit Mitteln der Marga und Kurt Möllgard-Stiftung finanzierte der Städelsche Museums-Verein 2002 den Ankauf zweier französischer Zeichnungen des 18. Jahrhunderts aus dem Kunsthandel:

  • Jean-Honoré Fragonard (1732-1806), Der Erzengel Michael und das Schweigen vor der Höhle des Schlafes, Kreide, laviert, 385 x 258 mm und
  • Hubert Robert (1733-1808), Zeichner in den Ruinen des Palatins, Rötel, 385 x 497 mm.

Beide Neuerwerbungen erfolgten zu Ehren von Frau Professor Dr. Margret Stuffmann, der ehemaligen Leiterin der Graphischen Sammlung, und ihrer langjährigen Tätigkeit für das Städelsche Kunstinstitut.

AsKI KULTURBERICHTE 3/2003

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