Reg Butler - decent sculpture - Ausstellung im Gerhard-Marcks-Haus

Reg Butler (1913-1981) war eine der zentralen Gestalten der europäischen Bildhauerkunst nach 1945. In seinem Werk findet sich der damalige Diskurs über die Gattung reflektiert, aber sein Hang zur Figur trennt es von den abstrakten Strömungen, welche die heutige Wahrnehmung dieser Zeit dominieren. Butler ging den umgekehrten Weg seiner Kollegen. Er fing bei einer weitgehend abstrahierten menschlichen Form an und näherte sich in den sechziger Jahren immer mehr dem Naturvorbild. Der Künstler war der Meinung, dass abstrakte Formen nicht in der Lage sind, die eigentlichen Themen des modernen Menschen, Angst, Sexualität und Verletzlichkeit, zu symbolisieren.

Reg Butler, vorne: Girl, 1954-1956, Bronze hinten: The Bride, 1954-1961, Bronze rechts: Figure in Space, 1956, Bronze, © Gerhard-Marcks-Haus, Bremen

1963 zog sich der Bildhauer aus der Öffentlichkeit zurück und schuf im Verborgenen bemalte lebensgroße Bronzen, die zu den eigenartigsten Werken in der Geschichte der Bildhauerkunst im 20. Jahrhundert gehören. Er benutzte für diese Bronzen echtes Haar und Augen aus Kunstharz wodurch diese Plastiken eine besondere Präsenz bekommen. Während die Malerei bereits im sechzehnten Jahrhundert Möglichkeiten entwickelt hatte, um Sexualität und Verletzlichkeit darzustellen (Butler dachte dabei vor allem an Lucas Cranach), hatte die Menschendarstellung in der Bildhauerkunst immer etwas Heroisches. Künstler die sich davon abkehrten, suchten die Lösung meistens in einer betont "unschönen" Thematik, aber Butler versuchte es mit den reinen Mitteln der modernen Bildhauerkunst: Volumen, Raum, Linie und Oberfläche - und definierte dies letzte Element als Farbe.

Im Hintergrund der Kunst von Reg Butler steht eine bestimmte Auffassung von Kommunikation, die sehr typisch für seine Künstlergeneration ist: Kunst soll Betrachter unmittelbar berühren. Er definierte große Kunst als diejenige, welche die größtmögliche emotionale Erfahrung für die größtmögliche Anzahl von Menschen über die längste Zeitspanne schafft. Die Idee einer Avantgarde war ihm fremd, und umgekehrt überrascht es auch nicht, dass ein auf avantgardistische Haltungen fokussierter Kunstbetrieb seit den späten sechziger Jahren diesen Bildhauer negierte. Dass darum bestimmte Formen von bemalten und verzerrten Menschendarstellungen in den neunziger Jahren als kunsthistorische Neuheit präsentiert werden konnten, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Butler ist einer der wenigen Künstler aus der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, die innerhalb der figürlichen Bildhauerkunst neue Strategien entwickelt haben. Seine Werke sind über drei Kontinente verteilt. Für diese Ausstellung hat das Gerhard-Marcks-Haus die Hauptwerke aus den wichtigsten Sammlungen zusammengebracht.

Gleichzeitig mit "Reg Butler - decent sculpture" erscheint in England das Werkverzeichnis dieses Bildhauers. Die Ausstellung wird anschließend im Museum Beelden aan Zee in Scheveningen gezeigt. Es erscheint ein zweisprachiger Katalog (deutsch-niederländisch).

Arie Hartog


Die Ausstellung wird noch bis zum 18.2.2007 gezeigt.

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 4/2006

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