Neues Mitglied im AsKI: Richard Wagner Museum, Haus Wahnfried, Bayreuth

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Haus Wahnfried, Foto: Richard Wagner Museum Bayreuth

Richard Wagner bewohnte sein Bayreuther Haus „Wahnfried“ von 1874 bis zu seinem Tod 1883. Hier vollendete er mit der „Götterdämmerung" den „Ring des Nibelungen", von hier aus leitete er den Bau des Festspielhauses und die ersten Festspiele mit der „Ring"-Uraufführung 1876, hier komponierte er große Teile des ‚Bühnenweihfestspiels „Parsifal"', das 1882 im Festspielhaus uraufgeführt wurde.

Nach Wagners Tod machte seine Witwe Cosima mit dem „Bayreuther Kreis“ Festspielhaus und Wahnfried zum Zentrum einer kultischen Wagner-Verehrung, setzte aber auch die Institutionalisierung der Bayreuther Festspiele durch. Seit den Zwanziger Jahren war Wahnfried aber auch Ort der freundschaftlichen persönlichen Begegnungen Winifred Wagners mit Adolf Hitler, die zusätzlich zur propagandistischen Indienstnahme Wagners und der Festspiele als schwere Bürde auf dem Erbe Richard Wagners und der Stadt Bayreuth lasten.

Haus Wahnfried, Rückseite nach der Zerstörung durch Fliegerbomben vom 5. April 1945 (1974–76 wieder aufgebaut), Foto: unbekannt, ca. 1946

Symbolträchtig am 5. April 1945 durch einen Bombentreffer stark zerstört, diente das notdürftig für Wohnzwecke wiederhergestellte Wahnfried dem Enkel Wieland Wagner und dessen Familie nach dem Krieg als Wohnhaus und war damit auch Zentrum „Neu-Bayreuths“, mit dem Wieland und sein Bruder Wolfgang Wagner das während des Dritten Reichs sehr diskreditierte Werk ihres Großvaters und die Festspiele rehabilitierten.

Nach Wieland Wagners allzu frühem Tod 1966 und der Gründung der Richard-Wagner-Stiftung 1973 ging das von 1974–1976 originalgetreu wieder aufgebaute Haus Wahnfried als Schenkung in das Eigentum der Stadt Bayreuth über, die es der Stiftung zusammen mit der bereits bestehenden Sammlung ihrer Richard-Wagner-Gedenkstätte als Dauerleihgabe für Museumszwecke überließ. Das Richard Wagner Museum im Haus Wahnfried wurde zum 100-jährigen Jubiläum der Festspiele 1976 eröffnet und zog mit seiner Dauerausstellung zu Leben und Werk Richard Wagners und zur Geschichte der Bayreuther Festspiele, mit Sonder- und Wechselausstellungen sowie Konzertveranstaltungen im Schnitt 35.000 Besucher an. Insbesondere während der Festspielzeit im Sommer gehört ein Besuch für die meisten Festspielgäste zum festen Programmbestandteil ihres Aufenthalts. Im Nationalarchiv der Richard-Wagner-Stiftung werden vor allem die handschriftlichen Briefe, Manuskripte und Partituren Richard Wagners sowie der Nachlass Cosima Wagners und ihrer Nachkommen aufbewahrt.

Wahnfried-Halle, Bayreuth

Die Forschungsstätte ist Hauptanlaufstelle für Wissenschaftler und Publizisten aus aller Welt, die zum Thema arbeiten und veröffentlichen. Neben seinen bedeutenden Autographen-Sammlungen unterhält das Museum ein umfangreiches Bild- und Schallarchiv, das Archiv der Festspielverwaltung von 1876–1945 sowie eine umfassende Fach- und Spezialbibliothek und wird fortlaufend durch Neuerwerbungen und Zustiftungen erweitert. Es ist also gewiss nicht übertrieben, Bayreuth mit seinen Festspielen und dem Haus Wahnfried als das Epizentrum einer weltweiten Wagner-Begeisterung zu bezeichnen. Ebenso wie auch das Festspielhaus ist Wahnfried mit seiner so bedeutenden wie wechselvollen Geschichte ein besonderer deutscher Kulturort, an dem nicht nur die Aura des „genius loci“, eines der größten deutschen Künstler, auf besondere, authentische Weise spürbar wird, sondern es ist zugleich ein beredtes Symbol deutscher Geistes- und Kulturgeschichte der letzten 150 Jahre mit allen Höhen und Tiefen.

Nach 35 Jahren Museumsbetrieb bedarf das Haus Wahnfried nunmehr jedoch dringend einer baulichen und technischen Sanierung. Außerdem erwies sich die Dauerausstellung des Museums in den vergangenen Jahren zunehmend als nicht mehr zeitgemäß und bedarf daher der grundlegenden Erneuerung und Erweiterung, vor allem in inhaltlicher, didaktischer und konservatorischer Hinsicht. Hierbei muss erstmals auch die Ideologiegeschichte Wagners, insbesondere im Hinblick auf das Dritte Reich und die Bedeutung der Festspiele und der Familie Wagner für Adolf Hitler, in angemessener Weise dokumentiert werden.

Um schließlich seiner Bedeutung gemäß als Museum von europäischem Rang fungieren zu können, ist auch die Erweiterung des Serviceangebots für die Besucher unabdingbar. Hierzu zählen ein Museumsshop und ein gastronomisches Angebot. Aus diesem Grund wurde von der Stadt Bayreuth und der Richard-Wagner-Stiftung die Errichtung eines Erweiterungsbaus beschlossen, für den nach einem internationalen und hochkarätig besetzten Wettbewerb im Jahr 2010 das renommierte und insbesondere im Museumsbau erfahrene Büro Volker Staab, Berlin, beauftragt werden konnte. Mit der Museumsgestaltung wurde das nicht minder ausgewiesene, international tätige Büro hg merz, Stuttgart, betraut. Das Volumen des Projekts beträgt rund 15 Mio. Euro, die für die Stadt Bayreuth als Maßnahmenträgerin und Bauherrin maßgeblich von der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern, der Bayerischen Landesstiftung und der Oberfrankenstiftung bezuschusst werden. Mit der vollständigen Fertigstellung und Neueröffnung kann nach derzeitigem Planungsstand 2014 gerechnet werden.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist die Aufnahme von Richard Wagner-Museum und -Nationalarchiv in den AsKI ein so erfreuliches und ermutigendes Signal der Wertschätzung, zumal bereits heute schon erfolgsträchtige Verbindungen und Kooperationen mit anderen Mitgliedsinstitutionen bestehen. So beispielsweise mit dem Buddenbrookhaus in Lübeck, dessen Ausstellung über Thomas Manns Wagner-Rezeption mit dem Titel „Liebe ohne Glauben“ wir hier in Bayreuth während der Festspiele im Wagner-Jubiläumsjahr 2013 zeigen werden. Thematisch bietet sich künftig auch die Zusammenarbeit beispielsweise mit dem Beethoven-Archiv oder dem Max-Reger-Institut an.

Sven Friedrich

 

AsKI KULTUR lebendig 1/2012

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