Museum für Kommunikation Berlin: Hast Du schon gehört ...? - Wechselausstellung beleuchtet das Phänomen „Gerüchte“

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Flüsterwald, Museum für Kommunikation Bern, Foto: dito

Ob im Treppenhaus, auf dem Pausenhof, beim Friseur oder an der Börse – wo Menschen miteinander kommunizieren, taucht es früher oder später auf: das Gerücht. Schlagen wir die Zeitung auf, so können wir sicher sein, in wenigstens einem Artikel auf die Formel „Gerüchten zufolge...“ zu stoßen.

Davon lebt die Presse, von Nachrichten und Meldungen, seien sie auch unverbürgt. Denn: Die heute noch unbestätigte Annahme kann morgen schon grundsolide Gewissheit sein.

Aber was ist eigentlich ein Gerücht? Medium oder Botschaft? Form oder Inhalt? Zunächst herrscht ein Kriterium vor, wenn es begrifflich um Gerüchte geht: Unsicherheit. Ihre Entstehung und Verbreitung hängt von verschiedenen Faktoren ab, vor allem aber vom Mangel an gesichertem Wissen über das betreffende Ereignis, Objekt oder die Person. Ob die daraus entstehenden Deutungen wahr oder unwahr sind, spielt keine Rolle. Was zählt, sind Glaubhaftigkeit und Plausibilität. Denn der unternommene Deutungsversuch ist ja nichts anderes als ein von den daran Beteiligten beschleunigter Kommunikationsprozess, der ein Eigenleben entfaltet. Wichtigstes Ziel dieses Prozesses: Er will sich am Leben erhalten. Und einmal katalysiert, agiert er unabhängig von den Beteiligten.

Um diesen Prozess - das Eigenleben des Gerüchts - zu beenden, wird in der Regel dementiert. Dabei gilt für Dementis dieselbe Maxime wie für Gerüchte: Sie müssen glaubhaft sein. Gerüchte können auch von selbst versiegen, nämlich dann, wenn das Bezugsobjekt kein Interesse mehr erregt. Was jedoch nicht bedeutet, dass sie für immer verstummen. Manche Gerüchte tauchen nach Jahren oder Jahrzehnten in gewandelter Form wieder auf. Auch wenn eine Kontrolle kaum möglich scheint, gibt es gleichwohl Strategien um gegen Gerüchte vorzugehen. Genau dies vermittelt die Ausstellung, in deren Zentrum ein dichter „Gerüchtewald" steht, in dem es ohne Unterlass flüstert, tuschelt und raunt. „Haben Sie schon gehört...?", „Wissen Sie nicht, dass...?" So werden die Besucherinnen und Besucher in der Welt der Gerüchte ständig auf dem Laufenden gehalten. Der Wald beherbergt dreizehn Stationen, die die Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen des Gerüchts abbilden und erklären. Vorurteile werden ebenso thematisiert wie Verschwörungstheorien oder Urban Legends. Politik und Wirtschaft als Orte der Entstehung und Verbreitung von Gerüchten stehen neben Boulevard und Klatsch und Tratsch.

Ein weiterer interessanter Bestandteil des Flüsterwalds ist die Station „Pepper's Ghost": Ein „Miniaturagent", der die Besucherinnen und Besucher aus seiner „Gerüchtezentrale" heraus anspricht und sie in Gespräche verwickelt. Der digital geschrumpfte Spion tritt mit dem Publikum in Kontakt, stellt Fragen, kommentiert Reaktionen, tauscht sich über die Ausstellungsinhalte aus und fachsimpelt über Gerüchte.

Interaktivität wird auch an anderen Punkten der Ausstellung groß geschrieben. So können die Besucherinnen und Besucher am Gerüchte-Generator selbst Gerüchte produzieren. Sie beantworten lediglich einige persönliche Fragen mit „Ja" oder „Nein" - und schon ist es da, das Gerücht. Es kann als fiktive Boulevard-Schlagzeile ausgedruckt und mitgenommen werden. An einer weiteren Station, dem Gerüchte-Test, erweist sich, wie anfällig man selbst für dieses Phänomen ist. Hier gilt es, auf Fragen zu verschiedenen Alltagssituationen zu reagieren. So macht der Gerüchte-Test klar, wie schnell Halbwahrheiten erzählt werden, die zu Gerüchten mutieren können. Am „Rumor Fighter", einer PC-Station am Ende der Ausstellung, absolvieren die Besucherinnen und Besucher schließlich eine Art „Gerüchteabwehrdiplom". Anhand von vier Fällen entwickeln sie Strategien und können dabei testen, ob sie gegen Gerüchte gewappnet sind.

Das Museum für Kommunikation Berlin zeigt die vom Museum für Kommunikation in Bern erarbeitete Wechselausstellung „Gerüchte" vom 1. Oktober 2010 bis zum 27. Februar 2011.

Thomas Jander

AsKI KULTUR lebendig 2/2010

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