Museum der Brotkultur, Ulm: Alles koscher – Das Brot der Juden

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Teller für Sabbatbrote, Silber, 19. Jahrhundert, © Sammlung Museum der Brotkultur

Brot erscheint im religiösen Verständnis allgemein als Symbol des Lebens, das der Mensch Gott verdankt. Im Judentum ist es grundlegender wie hoch geachteter Bestandteil fast jeder Mahlzeit und vor allem an Festtagen von ritueller Bedeutung.

Das essentielle Lebensmittel spielt bereits in den biblischen Erzählungen immer wieder eine zentrale Rolle als Gastgeschenk, Dankopfer und vor allem als sichtbares Zeichen für Gottes Segen. Einige der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Israeliten, wie der Auszug aus Ägypten, sind deshalb mit der Gabe von Brot verknüpft.

In der Kunst werden die alttestamentarischen Motive häufig aus christlicher Sicht aufgegriffen und ausgedeutet. Ihr Blick auf die jüdischen Riten und Bräuche begegnet in der Sonderausstellung Judaica – noch bis 16.08.2009 zu sehen im Museum der Brotkultur Ulm –, die in ihrem ursprünglichen Gebrauchszusammenhang erklärt werden. Die Herkunft einzelner Gebäcke, ihre Herstellung, Verbreitung und ihr ritueller Zusammenhang werden ebenso dargestellt wie deren Beziehungen zur nichtjüdischen Brotwelt. Eine Spurensuche im Alltag zeigt, welche typisch jüdischen Gebäcke längst zum Allgemeingut geworden sind.

Für die Herstellung von Brot und anderen Speisen verlangt der jüdische Glaube die Einhaltung bestimmter Regeln (Kaschrut); werden die Vorschriften befolgt, spricht man von koscherem Essen. Die wichtigsten Speiseregeln, insbesondere diejenigen Bestimmungen, die sich auf die Herstellung und den Verzehr von Brot beziehen, werden erklärt. Und es wird der Frage nachgegangen, wie es sich gegenwärtig bei uns koscher leben lässt.

Die jüdischen Speisegesetze

Das Wort koscher bedeutet „rituell rein, tauglich oder geeignet“ und muss sich nicht nur auf Speisen, sondern kann sich auf jeden Gegenstand beziehen, der entsprechend den Vorschriften hergestellt und für den rituellen Gebrauch verwendet wird. Das Regelwerk wird Kaschrut genannt. Es wurde in der Bibel, im Talmud und im späteren rabbinischen Schrifttum festgelegt. Die einzelnen Regeln schreiben sehr genau vor, was gegessen werden darf, wie es zubereitet werden muss und gehen sogar auf die Einrichtung der Küche und die Handhabung von Koch- und Essgeschirr ein. Die Speiseregeln gelten als wichtiger Bestandteil des Judentums und schaffen ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur jüdischen Gemeinschaft. Durch die Einhaltung der Bestimmungen erhält die Nahrungsaufnahme einen rituellen und religiösen Charakter. Dabei liegt ihnen der Gedanke zugrunde, das Leben zu achten und die Begierden zu zügeln. Hygienische oder gesundheitliche Aspekte lassen sich nicht nachweisen.

Brot im Judentum

Die Bibel erzählt unzählige Geschichten, in denen Brot vorkommt. Angefangen bei Adam und Eva, nach deren Sündenfall die Menschen ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts essen sollen, bis zum Propheten Elias, dem am Bach Kerit auf Geheiß Gottes täglich Raben Brot und Fleisch brachten. Zweierlei wird dadurch deutlich: Brot war in biblischer Zeit Grund- und Hauptnahrungsmittel, so dass das Wort (lechem) oft die Bedeutung von Nahrung ganz allgemein annehmen kann. Es war eine Gabe Gottes an den Menschen, aber auch ein Sinnbild für die Abhängigkeit menschlichen Lebens von der göttlichen Gnade. Nicht zuletzt in diesem Bewusstsein ist Brot im Judentum bis heute Teil jeder Mahlzeit und ein Nahrungsmittel, mit dem besonders sorgsam umgegangen wird. Mit Pessach, einem der jüdischen Hauptfeste, das zum Gedenken an den Auszug der Israeliten aus Ägypten gefeiert wird, ist der Verzehr von Matzot (ungesäuerte Brote) untrennbar verbunden. Höhepunkt der Festtage ist das Sedermahl mit einer Reihe symbolischer Speisen (z.B. Mazzot, Bitterkräuter, ein Stück gebratenes Lamm), die sich auf die Zeit der Knechtschaft beziehen, der Verlesung der Pessach-Haggada und einem Festessen. Zu jedem Sabbat gehören die beiden Zopfbrote (Challot), deren Anzahl an die zweifache Portion Manna erinnert, welche die Israeliten während ihres Zuges durch die Wüste vor dem Feiertag sammeln sollten.Bill Bernbach, You don‘t have to be Jewish to love Levy‘s real Jewish Rye, Werbeplakat, New York, 1967, Sammlung Museum der Brotkultur, © DDB Worldwide Communications Group Inc.

Brot im Alltag

Die Bedeutung, die dem Brot im Judentum zukommt, schlägt sich nicht zuletzt in der Vielfalt der Gebäcke für die verschiedensten Anlässe nieder. Dabei nahmen die Juden, die in ganz Europa und allen Erdteilen lebten, selbstverständlich Anregungen aus ihrer Umgebung auf und trugen sie weiter. Umgekehrt lernten Nichtjuden die typisch jüdischen Gebäcke kennen und schätzen. Mit einer aufsehenerregenden Plakataktion warb in den 1960er Jahren eine New Yorker Bäckerei (Levy’s and Sons) für ihr jüdisches Roggenbrot. Die Textzeile „You Don‘t Have to Be Jewish to Love Levy‘s“ kombiniert mit Fotografien von Menschen ganz unterschiedlicher Ethnien und Kulturen prägte sich ein und wurde schnell legendär.

Marianne Honold


Alles koscher – Das Brot der Juden

Eine Sonderausstellung im Museum der Brotkultur
Ulm 29. März - 16. August 2009

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