Mäzenatische Zeichen setzen - Verleihung der Maecenas-Ehrung 2005 des AsKI an Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach

Maecenas-Ehrung 2005 im Bundesrat (1. Reihe v.l.n.r.): Prof. Dr. Walter Bauer-Wabnegg, Staatssekretär im Thüringischen Kultusministerium; Prof. Dr. Volkmar Hansen; Dagmar Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach; Leonie Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach; Michael Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach; Ministerpräsident a.D. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf; Prof. Dr. Herwig Guratzsch © Foto: Ekko von Schwichow, Berlin

In zweijährigem Rhythmus verleiht der AsKI diese undotierte Auszeichnung an Persönlichkeiten für ihr herausragendes Engagement für Kunst und Kultur. Der AsKI will damit der privaten Kulturförderung Rechnung tragen, der ein Großteil der AsKI-Mitgliedsinstitute ihre Entstehung verdanken.

Mit der Ehrung ist die Übergabe des Bronzeabgusses einer eigens zu diesem Anlass 2003 geschaffenen, die Siegesgöttin Nike symbolisierenden Skulptur des Rendsburger Bildhauers Manfred Sihle-Wissel verbunden.

2005 nun wurde der mit seiner Frau, Prinzessin Dagmar, und der gemeinsamen Tochter, Prinzessin Leonie, in Mannheim lebende Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach ausgezeichnet. Man würdigte damit seine "Rücknahme aller Anträge auf Rückübertragung des Eigentums seiner minderjährigen Tochter, das sich heute im Besitz der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen" - u. a. auch aus der berühmten Mitgift der Prinzessin Maria Pawlowna - "sowie der Wartburg befindet." Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach (rechts), Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Volkmar Hansen mit der Maecenas-Skulptur des Bildhauers Manfred Sihle-Wissel, © Foto: Ekko von Schwichow, Berlin

Bedeutende Teile der ehemaligen Kunstsammlungen zu Weimar und der Herzogin Anna Amalia-Bibliothek, Bestände des Thüringischen Hauptstaatsarchivs, der Graphischen Sammlung, des Wittumspalais', von Schloß Tiefurt, des Liszt-Hauses und der Wartburg waren der Familie nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz zurückzuerstatten. Aus mäzenatischer Tradition und Verpflichtung heraus hat Prinz Michael für eine vergleichsweise geringe Summe auf die Restitutionsansprüche, deren gerichtliche Anerkennung nur eine Formsache war, verzichtet. Auf diese Weise konnten Kunstgegenstände von unschätzbarem Wert der Forschung und der Allgemeinheit bleibend zugänglich gemacht werden.

Die Familie hat auf ihren Wunsch hin einen Platz im Stiftungsrat der Klassik Stiftung Weimar erhalten, den Prinz Michael engagiert einnimmt. "Dies wird als Ausdruck eines Wunsches nach dauerhafter Verantwortlichkeit verstanden. Mit dem Verzicht im Namen seiner Familie setzt Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach ein weithin wirkendes mäzenatisches Zeichen, von dem zum einen eine Signalwirkung auf andere Fürstenhäuser ausgehen, zum anderen eine stärkere Verankerung des Stiftungsgedankens - insbesondere in den neuen Bundesländern - erwartet werden kann", so die Begründung der Maecenas-Jury des AsKI.

Neben AsKI-Mitgliedern wie dem Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Volkmar Hansen, Direktor des Goethe-Museums Düsseldorf; Dr. Peter-Paul Schneider, ständiger Vertreter des Vorstands des Deutschen Rundfunkarchivs Potsdam/Babelsberg und Herwig Guratzsch, Direktor der Stiftung von Schloß Gottorf, Schleswig gehörten der Jury in diesem Jahre an: Dr. Ina Busch, Direktorin des Hessischen Landesmuseums, Darmstadt; Dr. Horst Claussen, bei der BKM, Bonn/Berlin; Eske Nannen, Kunsthalle Emden; Dr. Manfred Osten, vormals Humboldt-Stiftung Bonn; und Professor Thomas Wagner, FAZ, Frankfurt/M.

Die unabhängige Jury war sich bewusst, dass diese Auszeichnung nicht nur positive (Presse-)Reaktionen hervorrufen würde, dass die Auszeichnung von einigen wenigen als nicht unumstritten gesehen werden würde. Dies wurde in der dem Festakt am 20. September 2005 im Bundesrat vorgeschalteten Pressekonferenz nochmals deutlich. Die Kritik an der Zahlung von 15,5 Mio. Euro an Prinz Michael wurde in aller Offenheit diskutiert und im Vergleich zu dem Verzicht auf enorme Restitutionsansprüche des Fürstenhauses erläutert. Im Gespräch waren damals unermessliche Summen.

Als Chef des vormals regierenden Großherzoglichen Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach, 1946 in Bamberg geboren, war Prinz Michael in leitender Position im internationalen Bankwesen tätig, bevor er die Geschäftsführung der Großherzoglichen Schatullverwaltung GbR übernahm, deren Aktivitäten sich auf die familieneigenen Forst- und Landwirtschaftsbetriebe, die Verwaltung von Immobilienbesitz, u. a. die Verwaltung von Beteiligungen, konzentrierten. Daneben nimmt Prinz Michael Beirats- und Beratungsmandate wahr, ist u. a. im Stiftungsrat der Wartburgstiftung, der Klassik Stiftung Weimar, der Stiftung Luthers Schule. Beratend ist er in der Automobil-Zulieferungsindustrie sowie Touristik- und Finanzdienstleistung tätig. Zudem ist er Mitglied verschiedener kultureller Vereinigungen, u.a. des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder, der deutschen Shakespearegesellschaft, der Stiftung Weimarer Mal- und Zeichenschule und schließlich auch Präsident des Großherzoglichen Automobilclubs, ebenfalls in Weimar.

Einmal mehr wählte der AsKI den Bundesrat als Veranstaltungsort, um den föderalen Charakter bürgerschaftlichen Engagements in ganz Deutschland zu unterstreichen und damit besonders den föderalen Charakter des AsKI als eines mit 37 Instituten bundesweit vertretenen Verbundes deutlich zu machen. Hierauf wies Prof. Volkmar Hansen in seiner Begrüßung hin. Er benannte die bisher Ausgezeichneten, die er unter den Gästen begrüßen konnte: wie die Ausgezeichneten des Jahres 2003, das Ehepaar Braun, wie den Geehrten aus 2001, Udo van Meeteren, wie einen Vertreter der Familie von Arnim, wie Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg - Menschen, die dem AsKI verbunden sind und ihn ihrer Unterstützung wert halten. Sein Dank galt allen Mitwirkenden, insbesondere der Jury wie auch dem Hausherrn des Bundesrats, Direktor Dirk Brouër.

Er charakterisierte den Ahnen des Prinzen, Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, der als 18-Jähriger 1775 die Herrschaft antrat als Reformer, der, seiner Mutter Anna Amalia folgend, Größen wie Goethe, Schiller, Herder, Fichte, Schelling und Hegel ins Land und an die Universitäten, Sternwarten, Bibliotheken und Schulen holte. Die Symbiose aus adeliger und bürgerlicher Leistungsorientiertheit habe u.a. dazu geführt, dass die Schiller- und Goethe-Nachlässe, wissenschaftlichen Schriften, Tagebücher und Briefe ihm von den Erben übergeben wurden.

Das Grußwort der BKM (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien), Staatsministerin Dr. Christina Weiss, verlas der damit beauftragte Ministerialrat Dr. Horst Claussen. Von Seiten der BKM sei man daran interessiert, diese Auszeichnung noch oft erfolgen zu lassen, denn an auszeichnungswürdigem Gebaren Einzelner mangele es in Deutschland wahrlich nicht. Claussen verwies darauf, dass der diesjährige Preisträger ein Ur-Ur-Ur-Urenkel Karl Augusts ist.

Als erster Laudator würdigte der frühere sächsische Ministerpräsident Prof. Dr. Kurt Biedenkopf kenntnisreich das vorbildliche Verhalten Prinz Michaels, der damit einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der kulturellen Identität der Region wie des ganzen Landes geleistet habe. Biedenkopf rief in Erinnerung, dass, wenn auch finanzielle Mittel versiegen, das, was die Kultur geschaffen habe, bestehen bleibe. Dazu habe Prinz Michael Erhebliches beigetragen.

Prof. Dr. Herwig Guratzsch würdigte als zweiter Laudator ebenso kenntnisreich - da mit einer seit 1970 eigenen Ost-West-Biographie - Person und Wirken Prinz Michaels wie auch die historische Dimension der Entwicklung des Hauses Wettin mit seinen im Wesentlichen drei Blütezeiten: Reformationszeit, Goethe- und Schiller-Zeit sowie Bauhauszeit. Er charakterisierte Prinz Michael als jemanden, der unternehmerisch motivierte Anschübe gibt, die er als in der Vergangenheit international tätiger ,Banker' unermüdlich in die Diskussionen einbringe und von der Museumsszene einfordere. "Für Resignation gibt es keinerlei Grund. Allerdings ist auch in den Museen nunmehr unternehmerisches Denken und Handeln gefordert. Das Museum von morgen ist denn ein zielgruppenorientierter Dienstleistungsbetrieb mit Erlebnisverantwortung und -erwartung." Er zeichnete den Prinzen als einen dynamischen, pragmatischen, aber auch risikofreudigen Menschen, "utilitaristisch um der Sache Willen".
Guratzsch verwies auf die "Emotionen, Verletzungen und die weit verbreitete Oberflächlichkeit mit erschreckenden Fehleinschätzungen in Bezug auf die Nachfahren der ehemaligen Landesfürsten" (nicht nur der Wettiner): "Als die Einigung Deutschlands wie ein Wunder die Menschen erreichte, lag es auf der Hand, dass jene, die besonders tiefgreifend und nachhaltig von den sowjetischen Besatzern und später von der DDR geschädigt, drangsaliert und diffamiert worden waren, mit hohen Erwartungen in die neue deutsche Zukunft hineingegangen sind." Guratzsch skizzierte die anschließenden langwierigen Prozesse der Annäherung, des Ausgleichs. Im Besonderen würdigte er die "verdienstvolle und konstruktive Arbeit, die der damalige Staatssekretär Dr. Jürgen Aretz erst im Herbst 2001 von thüringischer Landesseite aufnehmen konnte. (...) Damalige Schätzungen beliefen sich auf fünfhundert Millionen bis eine Milliarde Euro, auf die Prinz Michael, für seine Tochter handelnd, verzichtet hat".
Von der Abschaffung der Monarchie 1918 bis heute wirke das "deformierte Geschichtsbild, das auf der einen Seite Deutschlands kontinuierlich gewachsen war (...) und sich nicht auf Knopfdruck nach der Einigung in Luft auflösen ließ. Wir erleben bis in die jüngsten Tage, bis in die gegenwärtige Interpretation auch dieses Preises, dass die Klischees und Zerrbilder in den Medien fortleben." Guratzsch plädierte dafür, diesbezüglich auch weiterhin für eine Diskussion offen zu sein.
Auszüge aus Goethes römischen Briefen an seinen Dienstherrn Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach machten deutlich, wie eng und freundschaftlich ihr Umgang miteinander war. "Kein Wunder", so Guratzsch, "dass das Testament des letzten Goethe-Enkels 1885 den Großherzog Karl Alexander und die Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar und Eisenach (...) zu Erben des Gesamtbesitzes von Goethes Familie erklärte - von Sophie ist der Satz überliefert: `Ich habe geerbt und Deutschland und die Welt soll mit mir erben.' (1885)."
Schließlich bezog Guratzsch die Erbin Prinzessin Leonie ein, verwies auf ihre bedeutenden Vorgängerinnen - die Frauen der Wettiner, Anna Amalia, Maria Pawlowna und Sophie - und gab der Hoffnung Ausdruck, die Siegesgöttin Nike, die der Ehrengabe als Symbolfigur diene, möge sie positiv beflügeln.

Prinz Michael zeigte sich bewegt und ,unendlich dankbar' für die Ehrung. Abschließend sprach er den Wunsch aus, dass damit auch ,Impulse für den Kulturstandort Weimar` ausgehen mögen.

Die musikalische Umrahmung bot das 1979 von Studenten der Hochschule der Künste Berlin gegründete Saxophonquartett 'clair-obscur' mit Jan Schulte-Bunert (Sopransaxophon), Maike Krullmann (Altsaxophon), Meriel Price (Tenorsaxophon) und Kathrin Wagner (Baritonsaxophon). 'clair-obscur' ist u. a. Preisträger des Alice Samter Wettbewerbs 2003 und wurde von Yehudi Menuhins Live Music Now gefördert. Das Quartett lieferte Varianten zu Bach und Reger - ein sinniger Bezug zu den herausragenden AsKI-Musik-Instituten Bach-Archiv Leipzig und Max-Reger-Institut Karlsruhe, dessen Direktorin, Prof. Dr. Susanne Popp, die Initiative und Federführung zu diesem Programmpunkt übernommen hatte.

Weit über 100 Gäste aus Wissenschaft und Kunst aus ganz Deutschland waren der Einladung zum Festakt gefolgt, darunter zahlreiche adelige Gäste aus dem Freundeskreis der Familie des Prinzen. Medien und Presse lieferten erfreulicherweise ausführliche Vor- und Nachberichte.

Sabine Jung

Ehrengabe Maecenas-Ehrung, Manfred Sihle-Wissel, Bronze, Nike, 2003, Foto: Lubricht, Worpswede

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AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 3/2005

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